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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Kupfer schmücken zu sollen, auf denen einige unmotivirte Ritter und Knappen
in ebenso unmotivirtem Bühnenkostüm zu sehen waren. Die Vergangenheit
wird am besten durch ihre eigenen treu wiedergegebenen Dokumente illustrirt.
Diese Dokumente gehören nicht allein auf den Gelehrtentisch, sondern auch,
wenn sich's machen läßt, in den größeren Kreis aller, welche sich für den
Gegenstand interessiren. So bietet das Buch von König eine höchst ansprechend
geschriebene und für den Kreis aller Gebildeten bestimmte Literaturgeschichte,
die mit den Dokumenten der Zeit, d. h. Proben von Manuskripten aus dem Ooävx
ar^c-ntsris, dem Münchener Heliand, der Evangelienharmonie Otfrieds u. a.
sowie Miniaturen und Bildnissen geschmückt ist. Die späteren Theile sollen,
wie wir hören, Proben berühmter Ausgaben und Portraits bringen. Das
vollendete Werk wird das ganze Gebiet deutscher Literatur umfassen. F. A.

Aus dem Leben einer Verstorbenen. Karoline Bauer in ihren Briefen.
1. Band. Herausgegeben von Arnold Wettiner. Berlin, Louis Gerschel's Verlag.

"Schon seit Monaten war in der Presse von Karoline Bauer's (!) hinter¬
lassenen pikanten Selbstbekenntnissen die Rede," versichert uns einer jener Wasch¬
zettel, welche nach löblicher Gewohnheit der Mehrzahl der deutschen Verleger
für den Gebrauch der ebenso großen Mehrzahl gedankenloser und fauler Li'te-
raturreeensenten den Rezensionsexemplaren für die Presse beigefügt werden.
Wir haben von der ganzen Presse, in der seit Monaten von den "pikanten"
Selbstbekenntnissen der Karoline Bauer die Rede war, zufällig nicht ein ein¬
ziges Blatt zu Gesicht bekommen. Und wir wünschten, diese Selbstbekenntnisse
wären unveröffentlicht geblieben. Was gehen die Welt "die bisher der Welt
verborgenen Schatten in dem Leben unserer (!) Verstorbenen" an? Wenn
dabei noch irgend Wichtiges zu Tage gefördert würde! Wenn die "rückhalt-,
ja rücksichtslose Wahrheit, mit der sie über sich selbst als Frau (!) und Künst¬
lerin, über ihre früheren Collegen, über ihre Verhältnisse (!) zum Grafen
Ladislaus Brosi-Plater und zum Prinzen Leopold von Koburg spricht," nur
irgend einen Anspruch auf allgemeines Interesse machen könnten. Aber das
ist keineswegs der Fall. Das Ganze ist Klatsch und Skandal, und leider ist
auch die Ursache und der Zweck der Veröffentlichung kein andrer, als der,
diese Sorte von Literatur um ein wenig rühmliches Werk zu bereichern. Es
ist dabei völlig gleichgültig, ob die Verfasserin dieser Briefe, wie der Heraus¬
geber behauptet, und ihr überlebender Gatte entschieden verneint, die Veröffent¬
lichung dieser Briefe und ihrer vielleicht noch "pikanteren" "Geheimen Memoiren",
mit deren Veröffentlichung "in diesem Herbste" gedroht wird, gewünscht hat oder
nicht. Schon der fromme Grundsatz Ah raorwis M nisi dsQ6 und die Rück¬
sicht auf den Widerspruch des Gatten wie auf die Geschmacksrichtung der
bessern Gesellschaft hätten eine so rücksichtslose Ausnutzung vertraulicher Briefe
verhindern sollen.




Verantwortlicher Redakteur: Dr. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von K. L. Herbig in Leipzig. -- Druck von Hüthcl ä- Herrmann in Leipzig.

Kupfer schmücken zu sollen, auf denen einige unmotivirte Ritter und Knappen
in ebenso unmotivirtem Bühnenkostüm zu sehen waren. Die Vergangenheit
wird am besten durch ihre eigenen treu wiedergegebenen Dokumente illustrirt.
Diese Dokumente gehören nicht allein auf den Gelehrtentisch, sondern auch,
wenn sich's machen läßt, in den größeren Kreis aller, welche sich für den
Gegenstand interessiren. So bietet das Buch von König eine höchst ansprechend
geschriebene und für den Kreis aller Gebildeten bestimmte Literaturgeschichte,
die mit den Dokumenten der Zeit, d. h. Proben von Manuskripten aus dem Ooävx
ar^c-ntsris, dem Münchener Heliand, der Evangelienharmonie Otfrieds u. a.
sowie Miniaturen und Bildnissen geschmückt ist. Die späteren Theile sollen,
wie wir hören, Proben berühmter Ausgaben und Portraits bringen. Das
vollendete Werk wird das ganze Gebiet deutscher Literatur umfassen. F. A.

Aus dem Leben einer Verstorbenen. Karoline Bauer in ihren Briefen.
1. Band. Herausgegeben von Arnold Wettiner. Berlin, Louis Gerschel's Verlag.

„Schon seit Monaten war in der Presse von Karoline Bauer's (!) hinter¬
lassenen pikanten Selbstbekenntnissen die Rede," versichert uns einer jener Wasch¬
zettel, welche nach löblicher Gewohnheit der Mehrzahl der deutschen Verleger
für den Gebrauch der ebenso großen Mehrzahl gedankenloser und fauler Li'te-
raturreeensenten den Rezensionsexemplaren für die Presse beigefügt werden.
Wir haben von der ganzen Presse, in der seit Monaten von den „pikanten"
Selbstbekenntnissen der Karoline Bauer die Rede war, zufällig nicht ein ein¬
ziges Blatt zu Gesicht bekommen. Und wir wünschten, diese Selbstbekenntnisse
wären unveröffentlicht geblieben. Was gehen die Welt „die bisher der Welt
verborgenen Schatten in dem Leben unserer (!) Verstorbenen" an? Wenn
dabei noch irgend Wichtiges zu Tage gefördert würde! Wenn die „rückhalt-,
ja rücksichtslose Wahrheit, mit der sie über sich selbst als Frau (!) und Künst¬
lerin, über ihre früheren Collegen, über ihre Verhältnisse (!) zum Grafen
Ladislaus Brosi-Plater und zum Prinzen Leopold von Koburg spricht," nur
irgend einen Anspruch auf allgemeines Interesse machen könnten. Aber das
ist keineswegs der Fall. Das Ganze ist Klatsch und Skandal, und leider ist
auch die Ursache und der Zweck der Veröffentlichung kein andrer, als der,
diese Sorte von Literatur um ein wenig rühmliches Werk zu bereichern. Es
ist dabei völlig gleichgültig, ob die Verfasserin dieser Briefe, wie der Heraus¬
geber behauptet, und ihr überlebender Gatte entschieden verneint, die Veröffent¬
lichung dieser Briefe und ihrer vielleicht noch „pikanteren" „Geheimen Memoiren",
mit deren Veröffentlichung „in diesem Herbste" gedroht wird, gewünscht hat oder
nicht. Schon der fromme Grundsatz Ah raorwis M nisi dsQ6 und die Rück¬
sicht auf den Widerspruch des Gatten wie auf die Geschmacksrichtung der
bessern Gesellschaft hätten eine so rücksichtslose Ausnutzung vertraulicher Briefe
verhindern sollen.




Verantwortlicher Redakteur: Dr. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von K. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hüthcl ä- Herrmann in Leipzig.
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[0124] Kupfer schmücken zu sollen, auf denen einige unmotivirte Ritter und Knappen in ebenso unmotivirtem Bühnenkostüm zu sehen waren. Die Vergangenheit wird am besten durch ihre eigenen treu wiedergegebenen Dokumente illustrirt. Diese Dokumente gehören nicht allein auf den Gelehrtentisch, sondern auch, wenn sich's machen läßt, in den größeren Kreis aller, welche sich für den Gegenstand interessiren. So bietet das Buch von König eine höchst ansprechend geschriebene und für den Kreis aller Gebildeten bestimmte Literaturgeschichte, die mit den Dokumenten der Zeit, d. h. Proben von Manuskripten aus dem Ooävx ar^c-ntsris, dem Münchener Heliand, der Evangelienharmonie Otfrieds u. a. sowie Miniaturen und Bildnissen geschmückt ist. Die späteren Theile sollen, wie wir hören, Proben berühmter Ausgaben und Portraits bringen. Das vollendete Werk wird das ganze Gebiet deutscher Literatur umfassen. F. A. Aus dem Leben einer Verstorbenen. Karoline Bauer in ihren Briefen. 1. Band. Herausgegeben von Arnold Wettiner. Berlin, Louis Gerschel's Verlag. „Schon seit Monaten war in der Presse von Karoline Bauer's (!) hinter¬ lassenen pikanten Selbstbekenntnissen die Rede," versichert uns einer jener Wasch¬ zettel, welche nach löblicher Gewohnheit der Mehrzahl der deutschen Verleger für den Gebrauch der ebenso großen Mehrzahl gedankenloser und fauler Li'te- raturreeensenten den Rezensionsexemplaren für die Presse beigefügt werden. Wir haben von der ganzen Presse, in der seit Monaten von den „pikanten" Selbstbekenntnissen der Karoline Bauer die Rede war, zufällig nicht ein ein¬ ziges Blatt zu Gesicht bekommen. Und wir wünschten, diese Selbstbekenntnisse wären unveröffentlicht geblieben. Was gehen die Welt „die bisher der Welt verborgenen Schatten in dem Leben unserer (!) Verstorbenen" an? Wenn dabei noch irgend Wichtiges zu Tage gefördert würde! Wenn die „rückhalt-, ja rücksichtslose Wahrheit, mit der sie über sich selbst als Frau (!) und Künst¬ lerin, über ihre früheren Collegen, über ihre Verhältnisse (!) zum Grafen Ladislaus Brosi-Plater und zum Prinzen Leopold von Koburg spricht," nur irgend einen Anspruch auf allgemeines Interesse machen könnten. Aber das ist keineswegs der Fall. Das Ganze ist Klatsch und Skandal, und leider ist auch die Ursache und der Zweck der Veröffentlichung kein andrer, als der, diese Sorte von Literatur um ein wenig rühmliches Werk zu bereichern. Es ist dabei völlig gleichgültig, ob die Verfasserin dieser Briefe, wie der Heraus¬ geber behauptet, und ihr überlebender Gatte entschieden verneint, die Veröffent¬ lichung dieser Briefe und ihrer vielleicht noch „pikanteren" „Geheimen Memoiren", mit deren Veröffentlichung „in diesem Herbste" gedroht wird, gewünscht hat oder nicht. Schon der fromme Grundsatz Ah raorwis M nisi dsQ6 und die Rück¬ sicht auf den Widerspruch des Gatten wie auf die Geschmacksrichtung der bessern Gesellschaft hätten eine so rücksichtslose Ausnutzung vertraulicher Briefe verhindern sollen. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Haus Blum in Leipzig. Verlag von K. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hüthcl ä- Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/124>, abgerufen am 29.12.2024.