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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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mentes Glied des Nahkampfes, dieses alleinherrschenden Schlachtprinzips der
Dorier.*)

Eine noch geringere Rolle als jene Leichtbewaffneten spielte die Reiterei.
Diese Truppengattung ist zwar überhaupt bei den Griechen, mit Ausnahme
der Thessaler, schon der Beschaffenheit des Landes wegen, immer nur von
untergeordneter Bedeutung gewesen; die Spartaner aber scheinen sie ganz be¬
sonders vernachlässigt zu haben. Wie im Laufe des 9. Jahrhunderts der
Hvplitenkampf die alte Schwarmfechtart verdrängt hatte, so war ein Jahrhundert
später der Ritterdienst an die Stelle der Streitwagen getreten. In Sparta
wurden nun aus der Zahl der junge" Männer 300 der tüchtigsten und wohl¬
habendsten ausgelesen, welche als Hippeis zu Roß in's Feld zogen und
denen die Könige 3 Hippagreten als Führer ernannten. Diese Einrichtung scheint
jedoch sehr früh in Verfall gekommen zu sein. Zu Xenophons Zeit waren
Haltung und Ausrüstung der Rosse den Reichen als eine Liturgie auferlegt,
d, h. als eine jener Leistungen, die dem Staate zwar nichts einbrachten, ihm
aber eine Ausgabe ersparten. Zum Reiterdienste nahm man die schwächsten Leute,
welche im Kriegsfall auf jene, ihnen nicht gehörenden, fremden Pferde gesetzt wur¬
den , ohne daß man von irgend einer Vorübung hört. Die 300 Hippeis stiegen
unter solchen Umständen natürlich nicht mehr zu Pferde; der Rittername war ein
leerer Titel geworden; die Reiter bestanden vielmehr fast durchweg aus Periöken
und uur ihr Befehlshaber, der Hipparmostes, war unter solchen Umständen
Spartiat. -- Zu jeder Mora der Hopliten gehörte auch eine Reiterabtheilung;
indessen weiß man weder etwas von ihrer Stärke noch von ihrer taktischen
Verwendung.^)

Bei der ausgezeichneten Ausbildung der Spartiaten trugen ihre Waffen
unter einigermaßen gleichen Umständen meist den Sieg davon, und das
erfüllte sie mit großer Zuversicht. Uebrigens galt ihnen ein durch Klug¬
heit gewonnener Sieg dankenswerter als ein mit vielem Blut erkaufter; für
jenen opferten sie dem Ares ein Rind, für diesen nur einen Hahn. -- Nach
dem gewonnenen Sieg den Feind weit zu verfolgen, verbot das Gesetz, weniger
wohl aus Großmuth als aus Klugheit. Man meinte, der Feind werde sich
eher entschließen, das Feld zu räumen, wenn er wisse, daß er nicht hart ver¬
folgt würde. ^) Ueberdies lag die Stärke der Spartiaten in ihrer Geschlossen¬
heit; diese war nach dem Handgemenge dahin, und leicht konnte eine zu lange
Fortführung des Gefechts den Spieß umdrehen.

Die Lager der Spartaner wurden im Gegensatz zu denen der übrigen





*) Rüstow und Köchly: Geschichte des griechischen Kriegswesens.
**) Schoemann: Griechische Alterthümer.
*") Plutarch: Lykurgos c. 22.

mentes Glied des Nahkampfes, dieses alleinherrschenden Schlachtprinzips der
Dorier.*)

Eine noch geringere Rolle als jene Leichtbewaffneten spielte die Reiterei.
Diese Truppengattung ist zwar überhaupt bei den Griechen, mit Ausnahme
der Thessaler, schon der Beschaffenheit des Landes wegen, immer nur von
untergeordneter Bedeutung gewesen; die Spartaner aber scheinen sie ganz be¬
sonders vernachlässigt zu haben. Wie im Laufe des 9. Jahrhunderts der
Hvplitenkampf die alte Schwarmfechtart verdrängt hatte, so war ein Jahrhundert
später der Ritterdienst an die Stelle der Streitwagen getreten. In Sparta
wurden nun aus der Zahl der junge« Männer 300 der tüchtigsten und wohl¬
habendsten ausgelesen, welche als Hippeis zu Roß in's Feld zogen und
denen die Könige 3 Hippagreten als Führer ernannten. Diese Einrichtung scheint
jedoch sehr früh in Verfall gekommen zu sein. Zu Xenophons Zeit waren
Haltung und Ausrüstung der Rosse den Reichen als eine Liturgie auferlegt,
d, h. als eine jener Leistungen, die dem Staate zwar nichts einbrachten, ihm
aber eine Ausgabe ersparten. Zum Reiterdienste nahm man die schwächsten Leute,
welche im Kriegsfall auf jene, ihnen nicht gehörenden, fremden Pferde gesetzt wur¬
den , ohne daß man von irgend einer Vorübung hört. Die 300 Hippeis stiegen
unter solchen Umständen natürlich nicht mehr zu Pferde; der Rittername war ein
leerer Titel geworden; die Reiter bestanden vielmehr fast durchweg aus Periöken
und uur ihr Befehlshaber, der Hipparmostes, war unter solchen Umständen
Spartiat. — Zu jeder Mora der Hopliten gehörte auch eine Reiterabtheilung;
indessen weiß man weder etwas von ihrer Stärke noch von ihrer taktischen
Verwendung.^)

Bei der ausgezeichneten Ausbildung der Spartiaten trugen ihre Waffen
unter einigermaßen gleichen Umständen meist den Sieg davon, und das
erfüllte sie mit großer Zuversicht. Uebrigens galt ihnen ein durch Klug¬
heit gewonnener Sieg dankenswerter als ein mit vielem Blut erkaufter; für
jenen opferten sie dem Ares ein Rind, für diesen nur einen Hahn. — Nach
dem gewonnenen Sieg den Feind weit zu verfolgen, verbot das Gesetz, weniger
wohl aus Großmuth als aus Klugheit. Man meinte, der Feind werde sich
eher entschließen, das Feld zu räumen, wenn er wisse, daß er nicht hart ver¬
folgt würde. ^) Ueberdies lag die Stärke der Spartiaten in ihrer Geschlossen¬
heit; diese war nach dem Handgemenge dahin, und leicht konnte eine zu lange
Fortführung des Gefechts den Spieß umdrehen.

Die Lager der Spartaner wurden im Gegensatz zu denen der übrigen





*) Rüstow und Köchly: Geschichte des griechischen Kriegswesens.
**) Schoemann: Griechische Alterthümer.
*") Plutarch: Lykurgos c. 22.
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[0062] mentes Glied des Nahkampfes, dieses alleinherrschenden Schlachtprinzips der Dorier.*) Eine noch geringere Rolle als jene Leichtbewaffneten spielte die Reiterei. Diese Truppengattung ist zwar überhaupt bei den Griechen, mit Ausnahme der Thessaler, schon der Beschaffenheit des Landes wegen, immer nur von untergeordneter Bedeutung gewesen; die Spartaner aber scheinen sie ganz be¬ sonders vernachlässigt zu haben. Wie im Laufe des 9. Jahrhunderts der Hvplitenkampf die alte Schwarmfechtart verdrängt hatte, so war ein Jahrhundert später der Ritterdienst an die Stelle der Streitwagen getreten. In Sparta wurden nun aus der Zahl der junge« Männer 300 der tüchtigsten und wohl¬ habendsten ausgelesen, welche als Hippeis zu Roß in's Feld zogen und denen die Könige 3 Hippagreten als Führer ernannten. Diese Einrichtung scheint jedoch sehr früh in Verfall gekommen zu sein. Zu Xenophons Zeit waren Haltung und Ausrüstung der Rosse den Reichen als eine Liturgie auferlegt, d, h. als eine jener Leistungen, die dem Staate zwar nichts einbrachten, ihm aber eine Ausgabe ersparten. Zum Reiterdienste nahm man die schwächsten Leute, welche im Kriegsfall auf jene, ihnen nicht gehörenden, fremden Pferde gesetzt wur¬ den , ohne daß man von irgend einer Vorübung hört. Die 300 Hippeis stiegen unter solchen Umständen natürlich nicht mehr zu Pferde; der Rittername war ein leerer Titel geworden; die Reiter bestanden vielmehr fast durchweg aus Periöken und uur ihr Befehlshaber, der Hipparmostes, war unter solchen Umständen Spartiat. — Zu jeder Mora der Hopliten gehörte auch eine Reiterabtheilung; indessen weiß man weder etwas von ihrer Stärke noch von ihrer taktischen Verwendung.^) Bei der ausgezeichneten Ausbildung der Spartiaten trugen ihre Waffen unter einigermaßen gleichen Umständen meist den Sieg davon, und das erfüllte sie mit großer Zuversicht. Uebrigens galt ihnen ein durch Klug¬ heit gewonnener Sieg dankenswerter als ein mit vielem Blut erkaufter; für jenen opferten sie dem Ares ein Rind, für diesen nur einen Hahn. — Nach dem gewonnenen Sieg den Feind weit zu verfolgen, verbot das Gesetz, weniger wohl aus Großmuth als aus Klugheit. Man meinte, der Feind werde sich eher entschließen, das Feld zu räumen, wenn er wisse, daß er nicht hart ver¬ folgt würde. ^) Ueberdies lag die Stärke der Spartiaten in ihrer Geschlossen¬ heit; diese war nach dem Handgemenge dahin, und leicht konnte eine zu lange Fortführung des Gefechts den Spieß umdrehen. Die Lager der Spartaner wurden im Gegensatz zu denen der übrigen *) Rüstow und Köchly: Geschichte des griechischen Kriegswesens. **) Schoemann: Griechische Alterthümer. *") Plutarch: Lykurgos c. 22.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/62>, abgerufen am 18.01.2025.