Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.derte einige recht feine Reden zu Tage, und es wird so ziemlich Alles darge¬ Die zweite Jnterpellation hatte die seitdem nun schon viel erörterte Frage Grenzboten I. 1378. 05
derte einige recht feine Reden zu Tage, und es wird so ziemlich Alles darge¬ Die zweite Jnterpellation hatte die seitdem nun schon viel erörterte Frage Grenzboten I. 1378. 05
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0521" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139814"/> <p xml:id="ID_1667" prev="#ID_1666"> derte einige recht feine Reden zu Tage, und es wird so ziemlich Alles darge¬<lb/> legt oder wenigstens berührt worden sein, was sich bezüglich des gegenwärtigen<lb/> wirthschaftlichen Nothstandes vom konservativen und vom liberalen, vom schutz-<lb/> zöllnerischen und vom freihändlerischen und vielleicht noch von irgend einem<lb/> anderen Standpunkt ans sagen läßt. Das Resultat der Debatte hat der Ab¬<lb/> geordnete Lcuney dahin zusammengefaßt, daß die Regierung auf der Bahn,<lb/> die in der praktischen Politik der deutschen Zollgesetzgebung beschickten worden<lb/> sei, beharren solle, und daß man, wenn gewisse Industriezweige von national¬<lb/> ökonomischen Werthe zu ihrer Prosperität eines Schutzes bedürfen, ihnen den¬<lb/> selben angedeihen lassen solle. Zur Orientirung des größeren Publikums<lb/> tragen derlei Diskussionen Einiges bei. Ueber die unmittelbar praktische<lb/> Wirkung, die sie üben möchten, denkt man gewiß allseits höchst nüchtern und<lb/> unbefangen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1668" next="#ID_1669"> Die zweite Jnterpellation hatte die seitdem nun schon viel erörterte Frage<lb/> der Tabaksbestenerung zum Gegenstand. Die drei demokratischen Abgeordneten<lb/> und die Präsidenten der Karlsruher und der Heidelberger Handelskammern<lb/> wollten wissen, „welche Stellung die Großh. Negierung zu der geplanten Er¬<lb/> höhung der Tabaksstener für das deutsche Reich, insbesondere in Hinsicht auf<lb/> das Verhältniß des Zolles auf ausländischen Tabak zu der Steuer auf das<lb/> im Inlande produzirte Gewächs einnehme?" Die Antwort der Regierung<lb/> erklärte, daß dieselbe die Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reiches für<lb/> ein dringendes Bedürfniß halte; diese Vermehrung müsse auf dem Gebiet der<lb/> indirekten Steuern gesucht werden und hier sei kein Objekt zu einer ausgiebigen<lb/> Besteuerung so geeignet, als der Tabak. Das Bestreben der Regierung<lb/> bezüglich des dem Bundesrat!) vorgelegten Gesetzentwurfs sei dahin gegangen,<lb/> die namentlich der Produktion drohenden Schädigungen möglichst zu beseitigen<lb/> oder abzuschwächen. Insbesondere bezüglich des Verhältnisses der inneren<lb/> Steuern zum Zolle habe die Regierung sich bestrebt, einen dem Zoll von 42<lb/> Mark gegenüber günstigeren Steuersatz von höchstens 18 M. per Zentner her¬<lb/> beizuführen. Der betreffende bayrisch-badische Antrag sei im Bundesrath mit<lb/> einer Mehrheit von 41 gegen 17 Stimmen abgelehnt worden und so habe die<lb/> Regierung ihre Stimme gegen das Gesetz abgegeben. Das Resultat der an<lb/> diese Antwort geknüpften Besprechung faßt sich dahin zusammen, daß man der<lb/> Ansicht sei: es biete sich der Tabak als geeignetes Steuerobjekt dar, die gegen¬<lb/> wärtige Gesetzesvorlage jedoch sei uneinnehmbar, weil sie, den Produzenten<lb/> treffend, den Tabaksban ruinire; Fabrikatsteuer oder Monopol — hierüber<lb/> gingen die Ansichten auseinander — seien aeceptabel. Ganz ähnlich gab sich<lb/> die Stimmung in der ersten Kammer kund. Und — fügen wir hinzu — die¬<lb/> selbe Stimmung herrscht so ziemlich im ganzen Lande. Speziell der Gedanke</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 1378. 05</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0521]
derte einige recht feine Reden zu Tage, und es wird so ziemlich Alles darge¬
legt oder wenigstens berührt worden sein, was sich bezüglich des gegenwärtigen
wirthschaftlichen Nothstandes vom konservativen und vom liberalen, vom schutz-
zöllnerischen und vom freihändlerischen und vielleicht noch von irgend einem
anderen Standpunkt ans sagen läßt. Das Resultat der Debatte hat der Ab¬
geordnete Lcuney dahin zusammengefaßt, daß die Regierung auf der Bahn,
die in der praktischen Politik der deutschen Zollgesetzgebung beschickten worden
sei, beharren solle, und daß man, wenn gewisse Industriezweige von national¬
ökonomischen Werthe zu ihrer Prosperität eines Schutzes bedürfen, ihnen den¬
selben angedeihen lassen solle. Zur Orientirung des größeren Publikums
tragen derlei Diskussionen Einiges bei. Ueber die unmittelbar praktische
Wirkung, die sie üben möchten, denkt man gewiß allseits höchst nüchtern und
unbefangen.
Die zweite Jnterpellation hatte die seitdem nun schon viel erörterte Frage
der Tabaksbestenerung zum Gegenstand. Die drei demokratischen Abgeordneten
und die Präsidenten der Karlsruher und der Heidelberger Handelskammern
wollten wissen, „welche Stellung die Großh. Negierung zu der geplanten Er¬
höhung der Tabaksstener für das deutsche Reich, insbesondere in Hinsicht auf
das Verhältniß des Zolles auf ausländischen Tabak zu der Steuer auf das
im Inlande produzirte Gewächs einnehme?" Die Antwort der Regierung
erklärte, daß dieselbe die Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reiches für
ein dringendes Bedürfniß halte; diese Vermehrung müsse auf dem Gebiet der
indirekten Steuern gesucht werden und hier sei kein Objekt zu einer ausgiebigen
Besteuerung so geeignet, als der Tabak. Das Bestreben der Regierung
bezüglich des dem Bundesrat!) vorgelegten Gesetzentwurfs sei dahin gegangen,
die namentlich der Produktion drohenden Schädigungen möglichst zu beseitigen
oder abzuschwächen. Insbesondere bezüglich des Verhältnisses der inneren
Steuern zum Zolle habe die Regierung sich bestrebt, einen dem Zoll von 42
Mark gegenüber günstigeren Steuersatz von höchstens 18 M. per Zentner her¬
beizuführen. Der betreffende bayrisch-badische Antrag sei im Bundesrath mit
einer Mehrheit von 41 gegen 17 Stimmen abgelehnt worden und so habe die
Regierung ihre Stimme gegen das Gesetz abgegeben. Das Resultat der an
diese Antwort geknüpften Besprechung faßt sich dahin zusammen, daß man der
Ansicht sei: es biete sich der Tabak als geeignetes Steuerobjekt dar, die gegen¬
wärtige Gesetzesvorlage jedoch sei uneinnehmbar, weil sie, den Produzenten
treffend, den Tabaksban ruinire; Fabrikatsteuer oder Monopol — hierüber
gingen die Ansichten auseinander — seien aeceptabel. Ganz ähnlich gab sich
die Stimmung in der ersten Kammer kund. Und — fügen wir hinzu — die¬
selbe Stimmung herrscht so ziemlich im ganzen Lande. Speziell der Gedanke
Grenzboten I. 1378. 05
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |