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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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einer dauernden Einrichtung, und Herodot nennt von all' den eigenthümlichen
spartanischen Einrichtungen die gemeinsamen Male, die Shssitien zuerst.

Jeder Spartiat, welcher das 20. Jahr zurückgelegt hatte und damit feld¬
dienstfähig geworden war, mußte sich einer Zeltgenossenschast anschließen. In
der Regel bestand eine solche ans 15 Mann, die den Eid geleistet hatten,
einander nicht zu verlassen und also eine Eidgenossenschaft, (Enomvtie) bildeten.
Eine solche Enomotie war zugleich die unterste Heeresabtheilung. Ihrer zwei
bildeten eine Triakas. Größere Abtheilungen waren nachmals die Löcher.
So war der dorische Adel in steter Kriegsbereitschaft bei einander; er wohnte
nicht nur in Sparta, sondern er stand dort in Garnison und zwar immer auf
Kriegsfuß.

In dieser Verfassung durchfocht Sparta die schweren Kriege mit Messenien,
die es mehr als einmal an den Rand des Abgrunds führten. Es war vor¬
zugsweise der kleine Krieg, der so kraftverzehrend wirkte. Der Widerstand
der Messenier knüpft sich an die Namen ihrer wackeren Könige Aristodemvs
und Aristomenes; auf spartanischer Seite ward kein Mann berühmter als
der begeisternde ionische Dichter Thrtäos. Aus semen Elegien vermag man
ein deutliches Bild der damaligen Kampfweise zu gewinnend)


schreite denn jeder beherzt vorwärts, in den Boden die Füße
F.se eindrückend, die Zähn' über die Lippen geklemmt,
Brust und Schulter zumal und hinabwärts, Hüften und Schenkel
Hinter des mächtigen Schild's eherner Wölbung gedeckt.
Hochher schwing' er zum Wurf in der Rechten die wuchtige Lanze
Und furchtweckeud vom Hnupt stillere der Busch ihm herab.
Fuß um Fuß mit dem Gegner und Schild andrängend dem Schilde,
Daß sich der Helm mit dem Helm streift und der Busch mit dem Busch.
Brust an Brust dann such' er im Kampf ihn niederzustrecken,
Sei's mit des Schwerthiebs Kraft oder dem ragenden Speer.
Also die starrenden Reihn andringender FeindcSgeschwader
Wirft er zurück und bäumt mächtig die Woge der Schlacht.
Aber bezwingt ihn der Tod im Burkampf: seinem Erzeuger,
Seiner Gcmeind' und Stadt bringt er verklärenden Glanz;
Nimmer im Dunkel erlischt sein Ruhm und gepriesener Name,
Und der begrabene lebt als ein Unsterblicher fort.

Nach der Unterwerfung Messeniens wandten die Spatiaten ihre Waffen anch
gegen Argos und Arkadien und bezwangen um das Jahr 600 namentlich
Tegea. -- Alle diese Kriege gleichen sich: es sind Feldzüge von wenigen



') Schlachlgesang des Tyrtcios aus den Elegien zusammengestellt. Uebersetzt von
E. Geibel.

einer dauernden Einrichtung, und Herodot nennt von all' den eigenthümlichen
spartanischen Einrichtungen die gemeinsamen Male, die Shssitien zuerst.

Jeder Spartiat, welcher das 20. Jahr zurückgelegt hatte und damit feld¬
dienstfähig geworden war, mußte sich einer Zeltgenossenschast anschließen. In
der Regel bestand eine solche ans 15 Mann, die den Eid geleistet hatten,
einander nicht zu verlassen und also eine Eidgenossenschaft, (Enomvtie) bildeten.
Eine solche Enomotie war zugleich die unterste Heeresabtheilung. Ihrer zwei
bildeten eine Triakas. Größere Abtheilungen waren nachmals die Löcher.
So war der dorische Adel in steter Kriegsbereitschaft bei einander; er wohnte
nicht nur in Sparta, sondern er stand dort in Garnison und zwar immer auf
Kriegsfuß.

In dieser Verfassung durchfocht Sparta die schweren Kriege mit Messenien,
die es mehr als einmal an den Rand des Abgrunds führten. Es war vor¬
zugsweise der kleine Krieg, der so kraftverzehrend wirkte. Der Widerstand
der Messenier knüpft sich an die Namen ihrer wackeren Könige Aristodemvs
und Aristomenes; auf spartanischer Seite ward kein Mann berühmter als
der begeisternde ionische Dichter Thrtäos. Aus semen Elegien vermag man
ein deutliches Bild der damaligen Kampfweise zu gewinnend)


schreite denn jeder beherzt vorwärts, in den Boden die Füße
F.se eindrückend, die Zähn' über die Lippen geklemmt,
Brust und Schulter zumal und hinabwärts, Hüften und Schenkel
Hinter des mächtigen Schild's eherner Wölbung gedeckt.
Hochher schwing' er zum Wurf in der Rechten die wuchtige Lanze
Und furchtweckeud vom Hnupt stillere der Busch ihm herab.
Fuß um Fuß mit dem Gegner und Schild andrängend dem Schilde,
Daß sich der Helm mit dem Helm streift und der Busch mit dem Busch.
Brust an Brust dann such' er im Kampf ihn niederzustrecken,
Sei's mit des Schwerthiebs Kraft oder dem ragenden Speer.
Also die starrenden Reihn andringender FeindcSgeschwader
Wirft er zurück und bäumt mächtig die Woge der Schlacht.
Aber bezwingt ihn der Tod im Burkampf: seinem Erzeuger,
Seiner Gcmeind' und Stadt bringt er verklärenden Glanz;
Nimmer im Dunkel erlischt sein Ruhm und gepriesener Name,
Und der begrabene lebt als ein Unsterblicher fort.

Nach der Unterwerfung Messeniens wandten die Spatiaten ihre Waffen anch
gegen Argos und Arkadien und bezwangen um das Jahr 600 namentlich
Tegea. — Alle diese Kriege gleichen sich: es sind Feldzüge von wenigen



') Schlachlgesang des Tyrtcios aus den Elegien zusammengestellt. Uebersetzt von
E. Geibel.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/52>, abgerufen am 20.10.2024.