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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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5. Giovanni Borgia wird 1498 geboren, der Papst bekennt sich in dem
Breve vom 1. Sept. 1501 als den Vater.

6. Beide Legitimationsbreven des Papstes hat Gregorovius in dem Archive
des Hauses Este in Modena gefunden; es ist klar, daß sie dorthin nur als
Papiere Lukrezias gekommen sein können; also nahm Lukrezia dieselben nach
Ferrara mit und demnach hatte sie ein Interesse an der Zukunft des Kindes.
In diese Kette von Verdachtsgründen reiht sich nun das Dokument, welches
Ademollo mitgetheilt hat, wunderbar ein.

Der Hochzeit mit Alphonso d'Este nahe, vertheilte Lukrezia ihr xatriwonio
ronig.no an ihre beiden Kinder, das eine ist Rodrigo Borgia, ans der Ehe mit
dem unglücklichen Herzog von Biselli, das andere ist -- Giovanni de Borgia
jenes mysteriöse mutterlose Kind.*) In einer Bulle "cnsIsstiZ a,1titnäniis",
bestätigt der Papst erstens die Theilung, welche Lukrezia gemacht und vertheilt
zweitens seinerseits unter sie die Güter der Savelli, Gaetani n. s. w. Die
Bulle ist unterschrieben von 19 Kardinälen. Beide Kinder der geächteten
Barone werden Kul und irrlÄnrss R-oinAni genannt. Man kann nicht zweifeln,
daß Giovanni nicht auch als Sohn Lukrezias angeführt wird, da er dem andern
Sohne gleich gestellt ist. Wer die Bulle unbefangen liest, wird den Eindruck
empfangen, daß es sich um zwei Brüder handelt. Dies wird auch dadurch
bestätigt, daß Niecola Ratti in seiner storia, al 6W2!M0 in Folge dessen den
Giovanni de Borgia gleichfalls wie Rodrigo als einen Sohn von Alfonso Biselli
fälschlich anführt.

Wenn Giovanni, wie Gregorovius meint, ein Sohn Giulia Farneses war,
so wäre er Orsini genannt worden nach dem Gemahle Giulias, wie denn auch
die Tochter Giulias (geb. 1492) von Alexander VI. so genannt worden ist.
Die Konsequenzen, welche aus diesem Aktenstücke in Verbindung mit den andern
Fakten gezogen werden müssen, liegen klar ans der Hand. Wenn der Bericht
<ZMg, ?iAr>g.s die Wahrheit berichtigt und die Breven ächt sind, ist damit der
Beweis für den Incest geliefert.**) --




wissen, denn man kannte die Liebesverhältnisse aller Römerinnen und sprach lant von
ihnen, so von denen Sanzias.
*) ^.äemollo, I,nKre-lig, Lor^is, s ^ vsritk, x. 100.
**) Ueber Giovanni de Borgia ist noch zu sagen, daß er sich 1517 am Hofe in Ferrara
befand, wo er als Bruder Lukrezias galt. 1618 begleitete er den Herzog Alphonso nach
Frankreich, der ihn Franz I. vorstellte. Seine Spur verliert sich bis 1530, wo er in Rom
erscheint als Prätendent auf das Herzogthum Camerino. Damals war Lukrezia todt, und
Giovanni hatte niemand, der ihn dabei unterstützte. Die Roda Romana entschied gegen
ihn, indem sie ihn auch in die Kosten verurtheilte, und Clemens VII. verbot ihm durch ein
Krsvs vom 3. Juni 1532 die Damen Varcmo ferner durch seine Prcitcnsionen zu belästigen.
Seine weiteren Schicksale sind unbekannt. Er scheint ein ziemliches obskures Dasein geführt
zu haben. Man hat noch zwei Dokumente über ihn in den Papieren des Archivs S. Giro-

5. Giovanni Borgia wird 1498 geboren, der Papst bekennt sich in dem
Breve vom 1. Sept. 1501 als den Vater.

6. Beide Legitimationsbreven des Papstes hat Gregorovius in dem Archive
des Hauses Este in Modena gefunden; es ist klar, daß sie dorthin nur als
Papiere Lukrezias gekommen sein können; also nahm Lukrezia dieselben nach
Ferrara mit und demnach hatte sie ein Interesse an der Zukunft des Kindes.
In diese Kette von Verdachtsgründen reiht sich nun das Dokument, welches
Ademollo mitgetheilt hat, wunderbar ein.

Der Hochzeit mit Alphonso d'Este nahe, vertheilte Lukrezia ihr xatriwonio
ronig.no an ihre beiden Kinder, das eine ist Rodrigo Borgia, ans der Ehe mit
dem unglücklichen Herzog von Biselli, das andere ist — Giovanni de Borgia
jenes mysteriöse mutterlose Kind.*) In einer Bulle „cnsIsstiZ a,1titnäniis",
bestätigt der Papst erstens die Theilung, welche Lukrezia gemacht und vertheilt
zweitens seinerseits unter sie die Güter der Savelli, Gaetani n. s. w. Die
Bulle ist unterschrieben von 19 Kardinälen. Beide Kinder der geächteten
Barone werden Kul und irrlÄnrss R-oinAni genannt. Man kann nicht zweifeln,
daß Giovanni nicht auch als Sohn Lukrezias angeführt wird, da er dem andern
Sohne gleich gestellt ist. Wer die Bulle unbefangen liest, wird den Eindruck
empfangen, daß es sich um zwei Brüder handelt. Dies wird auch dadurch
bestätigt, daß Niecola Ratti in seiner storia, al 6W2!M0 in Folge dessen den
Giovanni de Borgia gleichfalls wie Rodrigo als einen Sohn von Alfonso Biselli
fälschlich anführt.

Wenn Giovanni, wie Gregorovius meint, ein Sohn Giulia Farneses war,
so wäre er Orsini genannt worden nach dem Gemahle Giulias, wie denn auch
die Tochter Giulias (geb. 1492) von Alexander VI. so genannt worden ist.
Die Konsequenzen, welche aus diesem Aktenstücke in Verbindung mit den andern
Fakten gezogen werden müssen, liegen klar ans der Hand. Wenn der Bericht
<ZMg, ?iAr>g.s die Wahrheit berichtigt und die Breven ächt sind, ist damit der
Beweis für den Incest geliefert.**) —




wissen, denn man kannte die Liebesverhältnisse aller Römerinnen und sprach lant von
ihnen, so von denen Sanzias.
*) ^.äemollo, I,nKre-lig, Lor^is, s ^ vsritk, x. 100.
**) Ueber Giovanni de Borgia ist noch zu sagen, daß er sich 1517 am Hofe in Ferrara
befand, wo er als Bruder Lukrezias galt. 1618 begleitete er den Herzog Alphonso nach
Frankreich, der ihn Franz I. vorstellte. Seine Spur verliert sich bis 1530, wo er in Rom
erscheint als Prätendent auf das Herzogthum Camerino. Damals war Lukrezia todt, und
Giovanni hatte niemand, der ihn dabei unterstützte. Die Roda Romana entschied gegen
ihn, indem sie ihn auch in die Kosten verurtheilte, und Clemens VII. verbot ihm durch ein
Krsvs vom 3. Juni 1532 die Damen Varcmo ferner durch seine Prcitcnsionen zu belästigen.
Seine weiteren Schicksale sind unbekannt. Er scheint ein ziemliches obskures Dasein geführt
zu haben. Man hat noch zwei Dokumente über ihn in den Papieren des Archivs S. Giro-
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[0500] 5. Giovanni Borgia wird 1498 geboren, der Papst bekennt sich in dem Breve vom 1. Sept. 1501 als den Vater. 6. Beide Legitimationsbreven des Papstes hat Gregorovius in dem Archive des Hauses Este in Modena gefunden; es ist klar, daß sie dorthin nur als Papiere Lukrezias gekommen sein können; also nahm Lukrezia dieselben nach Ferrara mit und demnach hatte sie ein Interesse an der Zukunft des Kindes. In diese Kette von Verdachtsgründen reiht sich nun das Dokument, welches Ademollo mitgetheilt hat, wunderbar ein. Der Hochzeit mit Alphonso d'Este nahe, vertheilte Lukrezia ihr xatriwonio ronig.no an ihre beiden Kinder, das eine ist Rodrigo Borgia, ans der Ehe mit dem unglücklichen Herzog von Biselli, das andere ist — Giovanni de Borgia jenes mysteriöse mutterlose Kind.*) In einer Bulle „cnsIsstiZ a,1titnäniis", bestätigt der Papst erstens die Theilung, welche Lukrezia gemacht und vertheilt zweitens seinerseits unter sie die Güter der Savelli, Gaetani n. s. w. Die Bulle ist unterschrieben von 19 Kardinälen. Beide Kinder der geächteten Barone werden Kul und irrlÄnrss R-oinAni genannt. Man kann nicht zweifeln, daß Giovanni nicht auch als Sohn Lukrezias angeführt wird, da er dem andern Sohne gleich gestellt ist. Wer die Bulle unbefangen liest, wird den Eindruck empfangen, daß es sich um zwei Brüder handelt. Dies wird auch dadurch bestätigt, daß Niecola Ratti in seiner storia, al 6W2!M0 in Folge dessen den Giovanni de Borgia gleichfalls wie Rodrigo als einen Sohn von Alfonso Biselli fälschlich anführt. Wenn Giovanni, wie Gregorovius meint, ein Sohn Giulia Farneses war, so wäre er Orsini genannt worden nach dem Gemahle Giulias, wie denn auch die Tochter Giulias (geb. 1492) von Alexander VI. so genannt worden ist. Die Konsequenzen, welche aus diesem Aktenstücke in Verbindung mit den andern Fakten gezogen werden müssen, liegen klar ans der Hand. Wenn der Bericht <ZMg, ?iAr>g.s die Wahrheit berichtigt und die Breven ächt sind, ist damit der Beweis für den Incest geliefert.**) — wissen, denn man kannte die Liebesverhältnisse aller Römerinnen und sprach lant von ihnen, so von denen Sanzias. *) ^.äemollo, I,nKre-lig, Lor^is, s ^ vsritk, x. 100. **) Ueber Giovanni de Borgia ist noch zu sagen, daß er sich 1517 am Hofe in Ferrara befand, wo er als Bruder Lukrezias galt. 1618 begleitete er den Herzog Alphonso nach Frankreich, der ihn Franz I. vorstellte. Seine Spur verliert sich bis 1530, wo er in Rom erscheint als Prätendent auf das Herzogthum Camerino. Damals war Lukrezia todt, und Giovanni hatte niemand, der ihn dabei unterstützte. Die Roda Romana entschied gegen ihn, indem sie ihn auch in die Kosten verurtheilte, und Clemens VII. verbot ihm durch ein Krsvs vom 3. Juni 1532 die Damen Varcmo ferner durch seine Prcitcnsionen zu belästigen. Seine weiteren Schicksale sind unbekannt. Er scheint ein ziemliches obskures Dasein geführt zu haben. Man hat noch zwei Dokumente über ihn in den Papieren des Archivs S. Giro-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/500>, abgerufen am 20.10.2024.