Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

im Pagendienste um die Person des Königs emporgekommen waren. -- Die
Stärke einer Ile mag von 180 bis 250 Mann geschwankt haben.

Hinsichtlich ihrer Organisation glich die makedonische Ritterschaft im We¬
sentlichen der hellenischen Kavallerie. Die unbeschlagenen Pferde trugen eine
mit dem Bauchriemen befestigte Satteldecke und eine Kandare, die ans Gebiß,
Kopfstück und Zügel bestand und außerdem eine Halfter. Haupt, Brust und
Flanken des Rosses waren gepanzert. Den Reiter bedeckt der volle erzene
Harnisch mit Halsberge und metallenen Federschurz. Die Panzerung des
linken Arms reicht zusammenhangend auch über Schulter und Zttgelfaust; die
des rechten Arms ist beweglicher und besteht ans einer Art Stulphaudschuh
für den Unterarm und einem besonderen Achselstück für den Oberarm, welche
eine Elbogenkappe verbindet. Hüftstücke und Stulpstiefel vollenden die Rüstung.
Als Reiterhelm empfiehlt Xenophon besonders den boiotischen. Sporen kom¬
men vor; Steigbügel fehlen. Ein Schild wird zu Pferde nicht gebraucht; doch
tragen thu die Reiter bei gelegentlichen Dienste zu Fuß. Als Trutzwaffen
führen sie das Schwert und die kornelkirschene Stangeulanze (<?o^).

Der Reiter mußte von beiden Seiten aufsitzen können; nur ältere Männer
durften sich nach persischer Art aufs Pferd heben lassen. Die Gangarten sind
Schritt und Trab, selten, wahrscheinlich nnr bei Cavaleaden, Galopp.

Die Tiefe der Reiteraufstellung war verschieden: 4 bis 8 Glieder. Bei
der Attacke kannte man das flcmkirende Vorbrechen eines zweiten Echelons.
Schwenkungen und verstellte Rückzüge spielen eine große Rolle, bedingen aber,
bei der offenbaren Schwerfälligkeit der Waffe, kurze Fronten und beträchtliche
Intervalle zwischen den Abtheilungen, welche meist durch Hainippen (Fu߬
kämpfer) ausgefüllt werden. Die Marschordnung ist so breit als möglich.

Jedem Reiter folgt ein berittener Knecht mit einem Hand- oder Pack¬
pferde, und außerdem hat jede Abtheilung eine Anzahl leichter Reiter für den
Avantgarden- und Ordonnanzdienst, der in Folge des Mangels an Karten sehr
wichtig und schwierig war.

Fast unzertrennlich von der makedonischer Ritterschaft erscheint das Corps
der Sa rissop hören, welches statt des gewöhnlichen Neiterspeeres, der nicht
länger war als der althellenische Hoplitenspieß, die Sarissa des makedonischer
Fußvolks von 14 bis 16 Fuß Länge führte. Diese Lanze wurde mit einer
Hand in der Mitte gefaßt, um zum Stoße wie zum Pariren zu dienen. Wahr¬
scheinlich ergänzten sich die Sarissophoren aus thrakischen Stämmen; sie bil¬
deten eine sehr gute leichte Kavallerie (?r^o^o^ot) in etwa 8 Ital zu 100 bis
150 Pferden.

Das ganze Heer des Philippos bestand also ans:


im Pagendienste um die Person des Königs emporgekommen waren. — Die
Stärke einer Ile mag von 180 bis 250 Mann geschwankt haben.

Hinsichtlich ihrer Organisation glich die makedonische Ritterschaft im We¬
sentlichen der hellenischen Kavallerie. Die unbeschlagenen Pferde trugen eine
mit dem Bauchriemen befestigte Satteldecke und eine Kandare, die ans Gebiß,
Kopfstück und Zügel bestand und außerdem eine Halfter. Haupt, Brust und
Flanken des Rosses waren gepanzert. Den Reiter bedeckt der volle erzene
Harnisch mit Halsberge und metallenen Federschurz. Die Panzerung des
linken Arms reicht zusammenhangend auch über Schulter und Zttgelfaust; die
des rechten Arms ist beweglicher und besteht ans einer Art Stulphaudschuh
für den Unterarm und einem besonderen Achselstück für den Oberarm, welche
eine Elbogenkappe verbindet. Hüftstücke und Stulpstiefel vollenden die Rüstung.
Als Reiterhelm empfiehlt Xenophon besonders den boiotischen. Sporen kom¬
men vor; Steigbügel fehlen. Ein Schild wird zu Pferde nicht gebraucht; doch
tragen thu die Reiter bei gelegentlichen Dienste zu Fuß. Als Trutzwaffen
führen sie das Schwert und die kornelkirschene Stangeulanze (<?o^).

Der Reiter mußte von beiden Seiten aufsitzen können; nur ältere Männer
durften sich nach persischer Art aufs Pferd heben lassen. Die Gangarten sind
Schritt und Trab, selten, wahrscheinlich nnr bei Cavaleaden, Galopp.

Die Tiefe der Reiteraufstellung war verschieden: 4 bis 8 Glieder. Bei
der Attacke kannte man das flcmkirende Vorbrechen eines zweiten Echelons.
Schwenkungen und verstellte Rückzüge spielen eine große Rolle, bedingen aber,
bei der offenbaren Schwerfälligkeit der Waffe, kurze Fronten und beträchtliche
Intervalle zwischen den Abtheilungen, welche meist durch Hainippen (Fu߬
kämpfer) ausgefüllt werden. Die Marschordnung ist so breit als möglich.

Jedem Reiter folgt ein berittener Knecht mit einem Hand- oder Pack¬
pferde, und außerdem hat jede Abtheilung eine Anzahl leichter Reiter für den
Avantgarden- und Ordonnanzdienst, der in Folge des Mangels an Karten sehr
wichtig und schwierig war.

Fast unzertrennlich von der makedonischer Ritterschaft erscheint das Corps
der Sa rissop hören, welches statt des gewöhnlichen Neiterspeeres, der nicht
länger war als der althellenische Hoplitenspieß, die Sarissa des makedonischer
Fußvolks von 14 bis 16 Fuß Länge führte. Diese Lanze wurde mit einer
Hand in der Mitte gefaßt, um zum Stoße wie zum Pariren zu dienen. Wahr¬
scheinlich ergänzten sich die Sarissophoren aus thrakischen Stämmen; sie bil¬
deten eine sehr gute leichte Kavallerie (?r^o^o^ot) in etwa 8 Ital zu 100 bis
150 Pferden.

Das ganze Heer des Philippos bestand also ans:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0427" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139720"/>
          <p xml:id="ID_1321" prev="#ID_1320"> im Pagendienste um die Person des Königs emporgekommen waren. &#x2014; Die<lb/>
Stärke einer Ile mag von 180 bis 250 Mann geschwankt haben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1322"> Hinsichtlich ihrer Organisation glich die makedonische Ritterschaft im We¬<lb/>
sentlichen der hellenischen Kavallerie. Die unbeschlagenen Pferde trugen eine<lb/>
mit dem Bauchriemen befestigte Satteldecke und eine Kandare, die ans Gebiß,<lb/>
Kopfstück und Zügel bestand und außerdem eine Halfter. Haupt, Brust und<lb/>
Flanken des Rosses waren gepanzert. Den Reiter bedeckt der volle erzene<lb/>
Harnisch mit Halsberge und metallenen Federschurz. Die Panzerung des<lb/>
linken Arms reicht zusammenhangend auch über Schulter und Zttgelfaust; die<lb/>
des rechten Arms ist beweglicher und besteht ans einer Art Stulphaudschuh<lb/>
für den Unterarm und einem besonderen Achselstück für den Oberarm, welche<lb/>
eine Elbogenkappe verbindet. Hüftstücke und Stulpstiefel vollenden die Rüstung.<lb/>
Als Reiterhelm empfiehlt Xenophon besonders den boiotischen. Sporen kom¬<lb/>
men vor; Steigbügel fehlen. Ein Schild wird zu Pferde nicht gebraucht; doch<lb/>
tragen thu die Reiter bei gelegentlichen Dienste zu Fuß. Als Trutzwaffen<lb/>
führen sie das Schwert und die kornelkirschene Stangeulanze (&lt;?o^).</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1323"> Der Reiter mußte von beiden Seiten aufsitzen können; nur ältere Männer<lb/>
durften sich nach persischer Art aufs Pferd heben lassen. Die Gangarten sind<lb/>
Schritt und Trab, selten, wahrscheinlich nnr bei Cavaleaden, Galopp.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1324"> Die Tiefe der Reiteraufstellung war verschieden: 4 bis 8 Glieder. Bei<lb/>
der Attacke kannte man das flcmkirende Vorbrechen eines zweiten Echelons.<lb/>
Schwenkungen und verstellte Rückzüge spielen eine große Rolle, bedingen aber,<lb/>
bei der offenbaren Schwerfälligkeit der Waffe, kurze Fronten und beträchtliche<lb/>
Intervalle zwischen den Abtheilungen, welche meist durch Hainippen (Fu߬<lb/>
kämpfer) ausgefüllt werden. Die Marschordnung ist so breit als möglich.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1325"> Jedem Reiter folgt ein berittener Knecht mit einem Hand- oder Pack¬<lb/>
pferde, und außerdem hat jede Abtheilung eine Anzahl leichter Reiter für den<lb/>
Avantgarden- und Ordonnanzdienst, der in Folge des Mangels an Karten sehr<lb/>
wichtig und schwierig war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1326"> Fast unzertrennlich von der makedonischer Ritterschaft erscheint das Corps<lb/>
der Sa rissop hören, welches statt des gewöhnlichen Neiterspeeres, der nicht<lb/>
länger war als der althellenische Hoplitenspieß, die Sarissa des makedonischer<lb/>
Fußvolks von 14 bis 16 Fuß Länge führte. Diese Lanze wurde mit einer<lb/>
Hand in der Mitte gefaßt, um zum Stoße wie zum Pariren zu dienen. Wahr¬<lb/>
scheinlich ergänzten sich die Sarissophoren aus thrakischen Stämmen; sie bil¬<lb/>
deten eine sehr gute leichte Kavallerie (?r^o^o^ot) in etwa 8 Ital zu 100 bis<lb/>
150 Pferden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1327"> Das ganze Heer des Philippos bestand also ans:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0427] im Pagendienste um die Person des Königs emporgekommen waren. — Die Stärke einer Ile mag von 180 bis 250 Mann geschwankt haben. Hinsichtlich ihrer Organisation glich die makedonische Ritterschaft im We¬ sentlichen der hellenischen Kavallerie. Die unbeschlagenen Pferde trugen eine mit dem Bauchriemen befestigte Satteldecke und eine Kandare, die ans Gebiß, Kopfstück und Zügel bestand und außerdem eine Halfter. Haupt, Brust und Flanken des Rosses waren gepanzert. Den Reiter bedeckt der volle erzene Harnisch mit Halsberge und metallenen Federschurz. Die Panzerung des linken Arms reicht zusammenhangend auch über Schulter und Zttgelfaust; die des rechten Arms ist beweglicher und besteht ans einer Art Stulphaudschuh für den Unterarm und einem besonderen Achselstück für den Oberarm, welche eine Elbogenkappe verbindet. Hüftstücke und Stulpstiefel vollenden die Rüstung. Als Reiterhelm empfiehlt Xenophon besonders den boiotischen. Sporen kom¬ men vor; Steigbügel fehlen. Ein Schild wird zu Pferde nicht gebraucht; doch tragen thu die Reiter bei gelegentlichen Dienste zu Fuß. Als Trutzwaffen führen sie das Schwert und die kornelkirschene Stangeulanze (<?o^). Der Reiter mußte von beiden Seiten aufsitzen können; nur ältere Männer durften sich nach persischer Art aufs Pferd heben lassen. Die Gangarten sind Schritt und Trab, selten, wahrscheinlich nnr bei Cavaleaden, Galopp. Die Tiefe der Reiteraufstellung war verschieden: 4 bis 8 Glieder. Bei der Attacke kannte man das flcmkirende Vorbrechen eines zweiten Echelons. Schwenkungen und verstellte Rückzüge spielen eine große Rolle, bedingen aber, bei der offenbaren Schwerfälligkeit der Waffe, kurze Fronten und beträchtliche Intervalle zwischen den Abtheilungen, welche meist durch Hainippen (Fu߬ kämpfer) ausgefüllt werden. Die Marschordnung ist so breit als möglich. Jedem Reiter folgt ein berittener Knecht mit einem Hand- oder Pack¬ pferde, und außerdem hat jede Abtheilung eine Anzahl leichter Reiter für den Avantgarden- und Ordonnanzdienst, der in Folge des Mangels an Karten sehr wichtig und schwierig war. Fast unzertrennlich von der makedonischer Ritterschaft erscheint das Corps der Sa rissop hören, welches statt des gewöhnlichen Neiterspeeres, der nicht länger war als der althellenische Hoplitenspieß, die Sarissa des makedonischer Fußvolks von 14 bis 16 Fuß Länge führte. Diese Lanze wurde mit einer Hand in der Mitte gefaßt, um zum Stoße wie zum Pariren zu dienen. Wahr¬ scheinlich ergänzten sich die Sarissophoren aus thrakischen Stämmen; sie bil¬ deten eine sehr gute leichte Kavallerie (?r^o^o^ot) in etwa 8 Ital zu 100 bis 150 Pferden. Das ganze Heer des Philippos bestand also ans:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/427
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/427>, abgerufen am 20.10.2024.