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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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drängten nur vorwärts, indem sie ihre Piken auf die Schultern der Vorder¬
leute legten und so einen Spießwall herstellen, der zugleich die feindlichen Ge¬
schosse abfing.

Außer den 6 Taxen der Hopliten gehörten zum regelmäßigen Fußvolk
die Hypaspisten. Dieser Name bedeutet "Schildknappe, Leibwächter", und
in der That bildete ein Theil von ihnen das persönliche Geleit, das "Agema"
des Königs. Dies Agema, welches sich aus Freiwilligen zusammensetzte, gab
zugleich den Stamm ab für die Gesammtmasse der Hypaspisten, die sich bis
auf 6000 Mann belief und vielleicht aus den Kronbauern der großen Domänen
ergänzte. Die Hypaspisten stellten gewissermaßen die stehende Hausmacht des
Königs dar, und wie militärpolitisch, so erscheinen sie auch ihrer Bewaffnung
nach als das am meisten offensive Element des makedonischer Fußvolks. Eben¬
sowohl von den Phalangiten wie von den eigentlich leichten Truppen unter¬
schieden, entsprechen sie offenbar den Peltasten des Jphikrates, nur daß sie
statt der Pelee den makedonischer Rundschild trugen; wie sie denn auch das
Haupt mit der Kausia bedeckten. Als Trutzwaffe führten sie Schwert und
Kurzspieße. -- Das Hypaspisteukorps bildete im Kriege die Lagerwache des
Königs und wurde in Chiliarchien eingetheilt.

Auf die Elementartaktik derMakedonier, welche im Wesentlichen dieselbe
war wie die der Dorer, habe ich schon früher gelegentlich hingeblickt. Die tak¬
tische Hauptstärke des "Volkes bestand in seiner großen, durch eifrige Uebung
entwickelten Marschfühigkeit. Die Truppen Philipps sollen nicht selten Tages¬
übungsmärsche von 300 Stadien (7'/^ d. Meile) mit vollem Gepäck gemacht
haben. Außer Phalangiten und Hypaspisten gab es noch ein 2000 Mann
starkes Schützenkorps oder/v^vo) das zur Hälfte aus Schleuderer:
und Bvguern, zur Hälfte aus Akontisten, Speerschützen, bestand. Die Bog-
ner waren theils geworbene Mannschaft, vermuthlich Kreter, theils Makedonier
der niederen Volksklassen; die Speerschützeu stellte dagegen der nördliche Berg-
stamm der Agrianer, welcher zu den makedonischer Fürsten in ähnlichem Ver¬
hältnisse stand, wie die Stirnen zu den Spartanern. Diese Akontisten waren
gewiß ganz so wie die ursprünglichen thrakischen Peltasten bewaffnet.

Eine höhere Bedeutung als bei all' den bisher betrachteten führenden
Völkern Griechenlands hat bei den Makedonien: die Reiterei.

Zu Anfang der Regierung Philippos' war dieselbe allerdings noch sehr
schwach; er hob sie durch Verbindungen mit Thessalien, durch Anlage bedeu¬
tender Gestüte und durch die Kräftigung des ritterlichen Gefolgschaftswesens.
Zu Ende seiner Negierung verfügte Philippos über 3000 Hippeis, welche aus
wahrscheinlich 15 ritterschaftlichen Kreisen 15 Ital stellten. Eine 16. Ile bil¬
dete das königliche Geschwader, das Agema der Ritterschaft, dessen Mitglieder


drängten nur vorwärts, indem sie ihre Piken auf die Schultern der Vorder¬
leute legten und so einen Spießwall herstellen, der zugleich die feindlichen Ge¬
schosse abfing.

Außer den 6 Taxen der Hopliten gehörten zum regelmäßigen Fußvolk
die Hypaspisten. Dieser Name bedeutet „Schildknappe, Leibwächter", und
in der That bildete ein Theil von ihnen das persönliche Geleit, das „Agema"
des Königs. Dies Agema, welches sich aus Freiwilligen zusammensetzte, gab
zugleich den Stamm ab für die Gesammtmasse der Hypaspisten, die sich bis
auf 6000 Mann belief und vielleicht aus den Kronbauern der großen Domänen
ergänzte. Die Hypaspisten stellten gewissermaßen die stehende Hausmacht des
Königs dar, und wie militärpolitisch, so erscheinen sie auch ihrer Bewaffnung
nach als das am meisten offensive Element des makedonischer Fußvolks. Eben¬
sowohl von den Phalangiten wie von den eigentlich leichten Truppen unter¬
schieden, entsprechen sie offenbar den Peltasten des Jphikrates, nur daß sie
statt der Pelee den makedonischer Rundschild trugen; wie sie denn auch das
Haupt mit der Kausia bedeckten. Als Trutzwaffe führten sie Schwert und
Kurzspieße. — Das Hypaspisteukorps bildete im Kriege die Lagerwache des
Königs und wurde in Chiliarchien eingetheilt.

Auf die Elementartaktik derMakedonier, welche im Wesentlichen dieselbe
war wie die der Dorer, habe ich schon früher gelegentlich hingeblickt. Die tak¬
tische Hauptstärke des »Volkes bestand in seiner großen, durch eifrige Uebung
entwickelten Marschfühigkeit. Die Truppen Philipps sollen nicht selten Tages¬
übungsmärsche von 300 Stadien (7'/^ d. Meile) mit vollem Gepäck gemacht
haben. Außer Phalangiten und Hypaspisten gab es noch ein 2000 Mann
starkes Schützenkorps oder/v^vo) das zur Hälfte aus Schleuderer:
und Bvguern, zur Hälfte aus Akontisten, Speerschützen, bestand. Die Bog-
ner waren theils geworbene Mannschaft, vermuthlich Kreter, theils Makedonier
der niederen Volksklassen; die Speerschützeu stellte dagegen der nördliche Berg-
stamm der Agrianer, welcher zu den makedonischer Fürsten in ähnlichem Ver¬
hältnisse stand, wie die Stirnen zu den Spartanern. Diese Akontisten waren
gewiß ganz so wie die ursprünglichen thrakischen Peltasten bewaffnet.

Eine höhere Bedeutung als bei all' den bisher betrachteten führenden
Völkern Griechenlands hat bei den Makedonien: die Reiterei.

Zu Anfang der Regierung Philippos' war dieselbe allerdings noch sehr
schwach; er hob sie durch Verbindungen mit Thessalien, durch Anlage bedeu¬
tender Gestüte und durch die Kräftigung des ritterlichen Gefolgschaftswesens.
Zu Ende seiner Negierung verfügte Philippos über 3000 Hippeis, welche aus
wahrscheinlich 15 ritterschaftlichen Kreisen 15 Ital stellten. Eine 16. Ile bil¬
dete das königliche Geschwader, das Agema der Ritterschaft, dessen Mitglieder


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[0426] drängten nur vorwärts, indem sie ihre Piken auf die Schultern der Vorder¬ leute legten und so einen Spießwall herstellen, der zugleich die feindlichen Ge¬ schosse abfing. Außer den 6 Taxen der Hopliten gehörten zum regelmäßigen Fußvolk die Hypaspisten. Dieser Name bedeutet „Schildknappe, Leibwächter", und in der That bildete ein Theil von ihnen das persönliche Geleit, das „Agema" des Königs. Dies Agema, welches sich aus Freiwilligen zusammensetzte, gab zugleich den Stamm ab für die Gesammtmasse der Hypaspisten, die sich bis auf 6000 Mann belief und vielleicht aus den Kronbauern der großen Domänen ergänzte. Die Hypaspisten stellten gewissermaßen die stehende Hausmacht des Königs dar, und wie militärpolitisch, so erscheinen sie auch ihrer Bewaffnung nach als das am meisten offensive Element des makedonischer Fußvolks. Eben¬ sowohl von den Phalangiten wie von den eigentlich leichten Truppen unter¬ schieden, entsprechen sie offenbar den Peltasten des Jphikrates, nur daß sie statt der Pelee den makedonischer Rundschild trugen; wie sie denn auch das Haupt mit der Kausia bedeckten. Als Trutzwaffe führten sie Schwert und Kurzspieße. — Das Hypaspisteukorps bildete im Kriege die Lagerwache des Königs und wurde in Chiliarchien eingetheilt. Auf die Elementartaktik derMakedonier, welche im Wesentlichen dieselbe war wie die der Dorer, habe ich schon früher gelegentlich hingeblickt. Die tak¬ tische Hauptstärke des »Volkes bestand in seiner großen, durch eifrige Uebung entwickelten Marschfühigkeit. Die Truppen Philipps sollen nicht selten Tages¬ übungsmärsche von 300 Stadien (7'/^ d. Meile) mit vollem Gepäck gemacht haben. Außer Phalangiten und Hypaspisten gab es noch ein 2000 Mann starkes Schützenkorps oder/v^vo) das zur Hälfte aus Schleuderer: und Bvguern, zur Hälfte aus Akontisten, Speerschützen, bestand. Die Bog- ner waren theils geworbene Mannschaft, vermuthlich Kreter, theils Makedonier der niederen Volksklassen; die Speerschützeu stellte dagegen der nördliche Berg- stamm der Agrianer, welcher zu den makedonischer Fürsten in ähnlichem Ver¬ hältnisse stand, wie die Stirnen zu den Spartanern. Diese Akontisten waren gewiß ganz so wie die ursprünglichen thrakischen Peltasten bewaffnet. Eine höhere Bedeutung als bei all' den bisher betrachteten führenden Völkern Griechenlands hat bei den Makedonien: die Reiterei. Zu Anfang der Regierung Philippos' war dieselbe allerdings noch sehr schwach; er hob sie durch Verbindungen mit Thessalien, durch Anlage bedeu¬ tender Gestüte und durch die Kräftigung des ritterlichen Gefolgschaftswesens. Zu Ende seiner Negierung verfügte Philippos über 3000 Hippeis, welche aus wahrscheinlich 15 ritterschaftlichen Kreisen 15 Ital stellten. Eine 16. Ile bil¬ dete das königliche Geschwader, das Agema der Ritterschaft, dessen Mitglieder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/426>, abgerufen am 20.10.2024.