Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.Augenblick hatte ich noch den süßen Gedanken, daß vielleicht einmal ein Zeit¬ 10. Juli ist die Stimmung ein wenig umgeschlagen. Eine Anzahl junger Es wurde aber nicht blos geküßt, es wurde auch getrunken, zuweilen bis "Freude, Freude, du Himmelskind! Danksageud küßt er den Zauber- In Braunschweig fand Klopstock einen neuen Gönner, den Superinten¬ In Magdeburg stellte ihn Sulz er, der dort eine Braut hatte, dem Ber¬ Vorläufig entschloß sich Klopstock, der Einladung Bodmer's zu folgen; Augenblick hatte ich noch den süßen Gedanken, daß vielleicht einmal ein Zeit¬ 10. Juli ist die Stimmung ein wenig umgeschlagen. Eine Anzahl junger Es wurde aber nicht blos geküßt, es wurde auch getrunken, zuweilen bis „Freude, Freude, du Himmelskind! Danksageud küßt er den Zauber- In Braunschweig fand Klopstock einen neuen Gönner, den Superinten¬ In Magdeburg stellte ihn Sulz er, der dort eine Braut hatte, dem Ber¬ Vorläufig entschloß sich Klopstock, der Einladung Bodmer's zu folgen; <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0412" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139705"/> <p xml:id="ID_1252" prev="#ID_1251"> Augenblick hatte ich noch den süßen Gedanken, daß vielleicht einmal ein Zeit¬<lb/> punkt in Ihrem Leben kommen würde, da Sie mir einige von den Empfin¬<lb/> dungen entdecken würden, die Sie bei meinen langen Schmerzen gehabt haben.<lb/> Jetzt habe ich diese Hoffnung schon wieder aufgegeben, . . O würe ich nnr<lb/> schon von der Erde entfernt!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1253"> 10. Juli ist die Stimmung ein wenig umgeschlagen. Eine Anzahl junger<lb/> Damen hat sich als seinen Anhang bekannt. „Es ist eine ungemein süße<lb/> Sache", schreibt er an Fanny, „und ich habe sie recht sehr und recht ost er¬<lb/> fahren, wenn man von liebenswürdigen Leserinnen zugleich geliebkost und verehrt<lb/> wird. Ich habe von Lazarus und Civil oft vorlesen müssen, mitten in einem<lb/> Ringe von Mädchen. Man hat mich mit Thränen belohnt. Wie glücklich<lb/> war ich — und ach, wieviel glücklicher würde ich sein . .!" Gleim liest die<lb/> Ode an Fanny vor: „ich verbarg mich indeß zwischen Reifröcken und Sonnen¬<lb/> schirmen." — Er wird gemalt: da die Frauenzimmer das Bild getroffen fan¬<lb/> den, belohnte er sie alle mit einem Kuß. — Es wird überhaupt sehr viel ge¬<lb/> küßt, doch behaupten die Freunde, daß sich Klopstock ungeschickt dabei be¬<lb/> nimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1254"> Es wurde aber nicht blos geküßt, es wurde auch getrunken, zuweilen bis<lb/> tief in die Nacht und unter großem Lärm: immer war man mit Rosen bekränzt.<lb/> Einmal schreibt der Sänger des Messias an Gleim: „wir sind durch ein<lb/> Dorf gefahren, wo recht weise Leute wohnen. Sie hatten auf ihrem Kirchhof<lb/> jedes Grab mit Rosen bepflanzt, und da wir bei diesen Rosenstöcken eine Bou-<lb/> teille Wein trinken wollten, brachten sie uns ein so wohlgebildetes Glas, als<lb/> wenn sie geborene Trinker wären." — Klopstock fühlte sich in diesem Kreis<lb/> änßerst behaglich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1255"> „Freude, Freude, du Himmelskind! Danksageud küßt er den Zauber-<lb/> stab, von dem, als du damit ihn berührtest, ein heiliger Funke ihm in die<lb/> Seele sprang!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1256"> In Braunschweig fand Klopstock einen neuen Gönner, den Superinten¬<lb/> denten Dr. Jerusalem (40 I.), Abt von Marienthal, einen weltmännisch<lb/> gebildeten Gebildeten. Im Carolinum, das er leitete, waren Klopstock's alte<lb/> Leipziger Freunde als Lehrer beschäftigt: Gärtue r (38 I.), Zachari ä (24 I.),<lb/> Ebert (27 I.): der Letztere war eben daran, Aoung's „Nachtgedanken" zu<lb/> übersetzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1257"> In Magdeburg stellte ihn Sulz er, der dort eine Braut hatte, dem Ber¬<lb/> liner Hofprediger Sack (47 I.) vor, der für den Messias begeistert war, und<lb/> seinem Dichter eine Stelle in Berlin in Aussicht stellte. — Zugleich bietet ihn:<lb/> Graf Bernstorf eine Pension in Kopenhagen an.</p><lb/> <p xml:id="ID_1258" next="#ID_1259"> Vorläufig entschloß sich Klopstock, der Einladung Bodmer's zu folgen;</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
Augenblick hatte ich noch den süßen Gedanken, daß vielleicht einmal ein Zeit¬
punkt in Ihrem Leben kommen würde, da Sie mir einige von den Empfin¬
dungen entdecken würden, die Sie bei meinen langen Schmerzen gehabt haben.
Jetzt habe ich diese Hoffnung schon wieder aufgegeben, . . O würe ich nnr
schon von der Erde entfernt!"
10. Juli ist die Stimmung ein wenig umgeschlagen. Eine Anzahl junger
Damen hat sich als seinen Anhang bekannt. „Es ist eine ungemein süße
Sache", schreibt er an Fanny, „und ich habe sie recht sehr und recht ost er¬
fahren, wenn man von liebenswürdigen Leserinnen zugleich geliebkost und verehrt
wird. Ich habe von Lazarus und Civil oft vorlesen müssen, mitten in einem
Ringe von Mädchen. Man hat mich mit Thränen belohnt. Wie glücklich
war ich — und ach, wieviel glücklicher würde ich sein . .!" Gleim liest die
Ode an Fanny vor: „ich verbarg mich indeß zwischen Reifröcken und Sonnen¬
schirmen." — Er wird gemalt: da die Frauenzimmer das Bild getroffen fan¬
den, belohnte er sie alle mit einem Kuß. — Es wird überhaupt sehr viel ge¬
küßt, doch behaupten die Freunde, daß sich Klopstock ungeschickt dabei be¬
nimmt.
Es wurde aber nicht blos geküßt, es wurde auch getrunken, zuweilen bis
tief in die Nacht und unter großem Lärm: immer war man mit Rosen bekränzt.
Einmal schreibt der Sänger des Messias an Gleim: „wir sind durch ein
Dorf gefahren, wo recht weise Leute wohnen. Sie hatten auf ihrem Kirchhof
jedes Grab mit Rosen bepflanzt, und da wir bei diesen Rosenstöcken eine Bou-
teille Wein trinken wollten, brachten sie uns ein so wohlgebildetes Glas, als
wenn sie geborene Trinker wären." — Klopstock fühlte sich in diesem Kreis
änßerst behaglich.
„Freude, Freude, du Himmelskind! Danksageud küßt er den Zauber-
stab, von dem, als du damit ihn berührtest, ein heiliger Funke ihm in die
Seele sprang!"
In Braunschweig fand Klopstock einen neuen Gönner, den Superinten¬
denten Dr. Jerusalem (40 I.), Abt von Marienthal, einen weltmännisch
gebildeten Gebildeten. Im Carolinum, das er leitete, waren Klopstock's alte
Leipziger Freunde als Lehrer beschäftigt: Gärtue r (38 I.), Zachari ä (24 I.),
Ebert (27 I.): der Letztere war eben daran, Aoung's „Nachtgedanken" zu
übersetzen.
In Magdeburg stellte ihn Sulz er, der dort eine Braut hatte, dem Ber¬
liner Hofprediger Sack (47 I.) vor, der für den Messias begeistert war, und
seinem Dichter eine Stelle in Berlin in Aussicht stellte. — Zugleich bietet ihn:
Graf Bernstorf eine Pension in Kopenhagen an.
Vorläufig entschloß sich Klopstock, der Einladung Bodmer's zu folgen;
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |