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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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dazu, um als Feldherr diese zügellosen Söldnerschaaren zu beherrschen. Außer
Jphikrates soll namentlich Jason von Pherai diese Kunst in hohem Maße be¬
sessen haben. Zuweilen nahm wohl auch der Strateg den Stock in die Hand;
doch wenn er zuschlug, so mußte er gewärtig sein, sich später, wie Tenophon
selbst, der Menge gegenüber zu verantworten -- ein Zug, der bei den Schwei¬
zerknechten des ausgehenden Mittelalters gleichfalls vorkommt. Der rohe
spartanische Heerführer Mnasippos wagte es freilich sogar, seine Hauptleute
zu schlagen, die ihm vorgehalten hatten, wie schwierig es sei, die Leute im
Gehorsam zu erhalten, wenn sie den schuldigen Sold nicht empfingen.*)

Der Sold bestand, wie schon erwähnt, in Löhnung und Verpflegungs¬
geld, meist zu gleichen Theilen. Gewöhnlich kam man über einen Monats¬
sold überein, und dieser betrug nach heutigem Geldwerth 50 bis 60 Mark.
Dafür aber hatte der Soldat auch seiue Ausrüstung zu besorgen, und das war
bei den hohen Metallpreisen jener Zeit keine Kleinigkeit. Um die Kosten einer
Hoplitenrüstnng zu erschwingen, mußte der Soldat schon mehr als eine Jahres¬
löhnung auslegen, oder er mußte die gelieferte Rüstung dnrch mehrjährigen
Soldabzug addieren.

Die Lochagen erhielten doppelten, die Strategen vierfachen Sold; doch
gab es auch unter den Gemeinen Doppelsöldner. -- Der Reiter bekam meist
dreifachen Sold.

Ein Handgeld bei der Anwerbung wird zwar nicht erwähnt; es scheint
jedoch, als habe die Vorausbezahlung eines Soldtheiles im Sinne eines Hand¬
geldes stattgefunden. So sagt der Söldnerhauptinanu in dem (dem Menander
entlehnten) Nllos Alorio-zus des Plautus:


"Mich dünkt, nun sei die Stunde da zum Markt zu gehen,
Daß den Rekruten, die ich gestern eüirollirt,
Ich die bedungene Löhnung, nun auszahlen kann.
König Seleukos dringt in mich mit Freundlichkeit,
Daß ich Rekruten ihm bedingen und gewinnen soll."

Die längere Dauer der Feldzüge und die Söldnerwirthschaft komplizirten
den Verwaltungsmechanismus. So erscheinen in der späteren Zeit
Athens besondere Kriegszahlmeister, Kassirer und Schreiber der Feldherrn.**)
-- Um die Verproviantirung zu bewerkstelligen, bildeten sich, wo Heerestan¬
den oder erwartet wurden, große Märkte, auf denen sich die Soldaten ver¬
sorgten. Lastvieh führte den Mundvorrath auf dem Marsche nach; Marketen¬
der und Handwerksleute folgten den Truppen aus Spekulation. -- Durch den
Umstand, daß der Soldat sich die Lebensmittel selbst kaufen mußte, erlitt er




*) Göll, a. a. O.
**) Rüstow u. Köchly.

dazu, um als Feldherr diese zügellosen Söldnerschaaren zu beherrschen. Außer
Jphikrates soll namentlich Jason von Pherai diese Kunst in hohem Maße be¬
sessen haben. Zuweilen nahm wohl auch der Strateg den Stock in die Hand;
doch wenn er zuschlug, so mußte er gewärtig sein, sich später, wie Tenophon
selbst, der Menge gegenüber zu verantworten — ein Zug, der bei den Schwei¬
zerknechten des ausgehenden Mittelalters gleichfalls vorkommt. Der rohe
spartanische Heerführer Mnasippos wagte es freilich sogar, seine Hauptleute
zu schlagen, die ihm vorgehalten hatten, wie schwierig es sei, die Leute im
Gehorsam zu erhalten, wenn sie den schuldigen Sold nicht empfingen.*)

Der Sold bestand, wie schon erwähnt, in Löhnung und Verpflegungs¬
geld, meist zu gleichen Theilen. Gewöhnlich kam man über einen Monats¬
sold überein, und dieser betrug nach heutigem Geldwerth 50 bis 60 Mark.
Dafür aber hatte der Soldat auch seiue Ausrüstung zu besorgen, und das war
bei den hohen Metallpreisen jener Zeit keine Kleinigkeit. Um die Kosten einer
Hoplitenrüstnng zu erschwingen, mußte der Soldat schon mehr als eine Jahres¬
löhnung auslegen, oder er mußte die gelieferte Rüstung dnrch mehrjährigen
Soldabzug addieren.

Die Lochagen erhielten doppelten, die Strategen vierfachen Sold; doch
gab es auch unter den Gemeinen Doppelsöldner. — Der Reiter bekam meist
dreifachen Sold.

Ein Handgeld bei der Anwerbung wird zwar nicht erwähnt; es scheint
jedoch, als habe die Vorausbezahlung eines Soldtheiles im Sinne eines Hand¬
geldes stattgefunden. So sagt der Söldnerhauptinanu in dem (dem Menander
entlehnten) Nllos Alorio-zus des Plautus:


„Mich dünkt, nun sei die Stunde da zum Markt zu gehen,
Daß den Rekruten, die ich gestern eüirollirt,
Ich die bedungene Löhnung, nun auszahlen kann.
König Seleukos dringt in mich mit Freundlichkeit,
Daß ich Rekruten ihm bedingen und gewinnen soll."

Die längere Dauer der Feldzüge und die Söldnerwirthschaft komplizirten
den Verwaltungsmechanismus. So erscheinen in der späteren Zeit
Athens besondere Kriegszahlmeister, Kassirer und Schreiber der Feldherrn.**)
— Um die Verproviantirung zu bewerkstelligen, bildeten sich, wo Heerestan¬
den oder erwartet wurden, große Märkte, auf denen sich die Soldaten ver¬
sorgten. Lastvieh führte den Mundvorrath auf dem Marsche nach; Marketen¬
der und Handwerksleute folgten den Truppen aus Spekulation. — Durch den
Umstand, daß der Soldat sich die Lebensmittel selbst kaufen mußte, erlitt er




*) Göll, a. a. O.
**) Rüstow u. Köchly.
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[0390] dazu, um als Feldherr diese zügellosen Söldnerschaaren zu beherrschen. Außer Jphikrates soll namentlich Jason von Pherai diese Kunst in hohem Maße be¬ sessen haben. Zuweilen nahm wohl auch der Strateg den Stock in die Hand; doch wenn er zuschlug, so mußte er gewärtig sein, sich später, wie Tenophon selbst, der Menge gegenüber zu verantworten — ein Zug, der bei den Schwei¬ zerknechten des ausgehenden Mittelalters gleichfalls vorkommt. Der rohe spartanische Heerführer Mnasippos wagte es freilich sogar, seine Hauptleute zu schlagen, die ihm vorgehalten hatten, wie schwierig es sei, die Leute im Gehorsam zu erhalten, wenn sie den schuldigen Sold nicht empfingen.*) Der Sold bestand, wie schon erwähnt, in Löhnung und Verpflegungs¬ geld, meist zu gleichen Theilen. Gewöhnlich kam man über einen Monats¬ sold überein, und dieser betrug nach heutigem Geldwerth 50 bis 60 Mark. Dafür aber hatte der Soldat auch seiue Ausrüstung zu besorgen, und das war bei den hohen Metallpreisen jener Zeit keine Kleinigkeit. Um die Kosten einer Hoplitenrüstnng zu erschwingen, mußte der Soldat schon mehr als eine Jahres¬ löhnung auslegen, oder er mußte die gelieferte Rüstung dnrch mehrjährigen Soldabzug addieren. Die Lochagen erhielten doppelten, die Strategen vierfachen Sold; doch gab es auch unter den Gemeinen Doppelsöldner. — Der Reiter bekam meist dreifachen Sold. Ein Handgeld bei der Anwerbung wird zwar nicht erwähnt; es scheint jedoch, als habe die Vorausbezahlung eines Soldtheiles im Sinne eines Hand¬ geldes stattgefunden. So sagt der Söldnerhauptinanu in dem (dem Menander entlehnten) Nllos Alorio-zus des Plautus: „Mich dünkt, nun sei die Stunde da zum Markt zu gehen, Daß den Rekruten, die ich gestern eüirollirt, Ich die bedungene Löhnung, nun auszahlen kann. König Seleukos dringt in mich mit Freundlichkeit, Daß ich Rekruten ihm bedingen und gewinnen soll." Die längere Dauer der Feldzüge und die Söldnerwirthschaft komplizirten den Verwaltungsmechanismus. So erscheinen in der späteren Zeit Athens besondere Kriegszahlmeister, Kassirer und Schreiber der Feldherrn.**) — Um die Verproviantirung zu bewerkstelligen, bildeten sich, wo Heerestan¬ den oder erwartet wurden, große Märkte, auf denen sich die Soldaten ver¬ sorgten. Lastvieh führte den Mundvorrath auf dem Marsche nach; Marketen¬ der und Handwerksleute folgten den Truppen aus Spekulation. — Durch den Umstand, daß der Soldat sich die Lebensmittel selbst kaufen mußte, erlitt er *) Göll, a. a. O. **) Rüstow u. Köchly.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/390>, abgerufen am 27.09.2024.