Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.in der Geschichte der Papstwahl zu betrachten ist. Um die kaiserliche Ein¬ Der Ausdruck dieser Aenderung ist das auf dem Lateranensischen Konzil Dieses Dekret, so sehr es den kaiserlichen Rechten zuwider war, blieb in in der Geschichte der Papstwahl zu betrachten ist. Um die kaiserliche Ein¬ Der Ausdruck dieser Aenderung ist das auf dem Lateranensischen Konzil Dieses Dekret, so sehr es den kaiserlichen Rechten zuwider war, blieb in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0336" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139629"/> <p xml:id="ID_964" prev="#ID_963"> in der Geschichte der Papstwahl zu betrachten ist. Um die kaiserliche Ein¬<lb/> mischung in die Wahl zu schwächen und allmälig zu beseitigen, wurde die<lb/> letztere den Händen des römischen Volkes und Klerus entzogen und eine Be¬<lb/> stimmung getroffen, welche das kaiserliche Recht wesentlich umwandelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_965"> Der Ausdruck dieser Aenderung ist das auf dem Lateranensischen Konzil<lb/> des Jahres 1059 berathene Statut Nikolaus' II. Dasselbe bestimmte, daß die<lb/> höhere Geistlichkeit einen Vorrang bei der Papstwahl haben solle. Es sollten<lb/> zuerst die Kardinalbischöfe sich über den zu Wählenden einigen, demnächst sich<lb/> mit den Kardinalpriestern und Diakonen in's Einvernehmen setzen und erst<lb/> dann die Zustimmung des übrigen Klerus und des Volkes einholen. Es war<lb/> der erste Schritt zur Beschränkung der Wahlausübung auf ein begrenztes<lb/> Kollegium. Der Einholung der kaiserlichen Bestätigung wurde in dem Statute<lb/> zwar auch gedacht, aber in einer Weise, welche das Wesen des kaiserlichen<lb/> Rechtes aufs Bedeutendste alterirte. Es hieß nämlich, die neuen Bestimmungen<lb/> seien getroffen „unbeschadet der Achtung und Verehrung, die wir unserm ge¬<lb/> liebten Sohne Heinrich schulden, der gegenwärtig König ist und der hoffentlich<lb/> mit Gottes Hilfe Kaiser werden wird, wie gleichermaßen auch seinen Nach¬<lb/> folgern, welche persönlich dieses Recht vom Apostolischen Stuhle<lb/> erworben haben können." — Damit ist nichts Geringeres gesagt, als daß<lb/> das Bestätigungsrecht, welches seit den Zeiten der gothischen und byzantinischen<lb/> Herrscher als ein Ausfluß der kaiserlichen Gewalt gegolten hatte, jetzt als eine<lb/> Verleihung von Seiten des heiligen Stuhles betrachtet und von jedem Kaiser<lb/> besonders erworben werden müsse. Hatten die Kaiser, wenn sie stark waren,<lb/> das Bestätigungs- in ein Ernennungsrecht verwandelt, so verwandelten jetzt<lb/> die starken Päpste jenes Recht in eine von ihnen abhängende Indulgenz, die<lb/> später nach ihrem Belieben auch aufhören und einem Bestätigungsrechte gegen¬<lb/> über den weltlichen Herrschern Platz machen konnte. — Ueberdies bestimmte<lb/> Nikolaus, daß die Wahl in Rom stattfinden solle, daß jedoch in Hinderungs¬<lb/> fällen auch in einer andern Stadt und von einer kleineren Zahl von Wählern<lb/> aus Kardinälen, Klerikern und Laien bestehend, der Papst gewählt werden dürfe.</p><lb/> <p xml:id="ID_966" next="#ID_967"> Dieses Dekret, so sehr es den kaiserlichen Rechten zuwider war, blieb in<lb/> Geltung. Des Nikolaus Nachfolger Alexander II. wurde geweiht, ohne daß<lb/> die kaiserliche Bestätigung eingeholt ward, und die zur Mitra des Papstes<lb/> hinzugefügte Doppelkrone verkündete, daß der Nachfolger Petri ein höheres und<lb/> direkt von Gott stammendes Imperium habe. Hildebrand selbst, der 1073<lb/> als Gregor VII. den Stuhl des Apostels bestieg, ließ seine Weihe erst nach<lb/> der kaiserlichen Bestätigung vollziehen; aber dieser Akt ist von verschwindender<lb/> Bedeutung gegenüber der Erniedrigung, in welche der gewaltige Mann die<lb/> weltliche Macht hineingedrängt hat. Nachdem er in dem Kampfe mit Hein-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0336]
in der Geschichte der Papstwahl zu betrachten ist. Um die kaiserliche Ein¬
mischung in die Wahl zu schwächen und allmälig zu beseitigen, wurde die
letztere den Händen des römischen Volkes und Klerus entzogen und eine Be¬
stimmung getroffen, welche das kaiserliche Recht wesentlich umwandelte.
Der Ausdruck dieser Aenderung ist das auf dem Lateranensischen Konzil
des Jahres 1059 berathene Statut Nikolaus' II. Dasselbe bestimmte, daß die
höhere Geistlichkeit einen Vorrang bei der Papstwahl haben solle. Es sollten
zuerst die Kardinalbischöfe sich über den zu Wählenden einigen, demnächst sich
mit den Kardinalpriestern und Diakonen in's Einvernehmen setzen und erst
dann die Zustimmung des übrigen Klerus und des Volkes einholen. Es war
der erste Schritt zur Beschränkung der Wahlausübung auf ein begrenztes
Kollegium. Der Einholung der kaiserlichen Bestätigung wurde in dem Statute
zwar auch gedacht, aber in einer Weise, welche das Wesen des kaiserlichen
Rechtes aufs Bedeutendste alterirte. Es hieß nämlich, die neuen Bestimmungen
seien getroffen „unbeschadet der Achtung und Verehrung, die wir unserm ge¬
liebten Sohne Heinrich schulden, der gegenwärtig König ist und der hoffentlich
mit Gottes Hilfe Kaiser werden wird, wie gleichermaßen auch seinen Nach¬
folgern, welche persönlich dieses Recht vom Apostolischen Stuhle
erworben haben können." — Damit ist nichts Geringeres gesagt, als daß
das Bestätigungsrecht, welches seit den Zeiten der gothischen und byzantinischen
Herrscher als ein Ausfluß der kaiserlichen Gewalt gegolten hatte, jetzt als eine
Verleihung von Seiten des heiligen Stuhles betrachtet und von jedem Kaiser
besonders erworben werden müsse. Hatten die Kaiser, wenn sie stark waren,
das Bestätigungs- in ein Ernennungsrecht verwandelt, so verwandelten jetzt
die starken Päpste jenes Recht in eine von ihnen abhängende Indulgenz, die
später nach ihrem Belieben auch aufhören und einem Bestätigungsrechte gegen¬
über den weltlichen Herrschern Platz machen konnte. — Ueberdies bestimmte
Nikolaus, daß die Wahl in Rom stattfinden solle, daß jedoch in Hinderungs¬
fällen auch in einer andern Stadt und von einer kleineren Zahl von Wählern
aus Kardinälen, Klerikern und Laien bestehend, der Papst gewählt werden dürfe.
Dieses Dekret, so sehr es den kaiserlichen Rechten zuwider war, blieb in
Geltung. Des Nikolaus Nachfolger Alexander II. wurde geweiht, ohne daß
die kaiserliche Bestätigung eingeholt ward, und die zur Mitra des Papstes
hinzugefügte Doppelkrone verkündete, daß der Nachfolger Petri ein höheres und
direkt von Gott stammendes Imperium habe. Hildebrand selbst, der 1073
als Gregor VII. den Stuhl des Apostels bestieg, ließ seine Weihe erst nach
der kaiserlichen Bestätigung vollziehen; aber dieser Akt ist von verschwindender
Bedeutung gegenüber der Erniedrigung, in welche der gewaltige Mann die
weltliche Macht hineingedrängt hat. Nachdem er in dem Kampfe mit Hein-
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