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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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sind beinahe ohne Ausnahme deutsche Mennoniten, welche sich zum größten
Theile im Nordosten der Union niederlassen und dort leidlich prosperiren.
Die Einwanderer aus der Schweiz sind ebenfalls durchschnittlich deutsch, die
aus Frankreich kann man zu zwei Dritteln als deutsch ansehen, während wohl
die größere Hälfte der österreichischen Einwanderer slavische Tschechen sind.
Diese tschechische Emigration scheint ganz den Platz der immer geringer werden¬
den irländischen Einwanderung einnehmen zu wollen; die Auswanderung aus
dem eigentlichen England hat aber seit Jahren die aus Irland überholt.

Alle diese Verhältnisse in Anschlag gebracht, kann man also mit ziemlicher
Sicherheit sagen, es seien in runder Suimne 48,000 Deutsche im Jahre 1876
nach den Vereinigten Staaten gewandert, so daß, wie dies in der letzten Zeit
die Regel war, das deutsche Element ein knappes Drittel der gesammten Ein¬
wanderung in die Vereinigten Staaten ausmachte.

Nach dem offiziellen Bericht des Herrn Julius Hoffmann, des Geschäfts¬
führers der "Deutschen Gesellschaft" in New-York, landeten während des Zeit¬
raums vom 1. Januar bis 31. Oktober 1877 allein im Hafen von New-
York 17,346 Deutsche aus Deutschland; in derselben Zeit des Jahres 1876
landeten dort aber 20,656 Deutsche, sodaß die deutsche Einwanderung in den
ersten zehn Monaten des letztverflossenen Jahres (1877) gegen 1876 um 3,310
Köpfe abgenommen hatte. Die Rückwanderung war in den beiden letzten
Jahren sehr stark. Für England ergeben die Zahlen sogar eine Rückwanderung,
die der vorangegangenen Auswanderung nahezu gleichkommt; bei den Deutschen
aber war die Zahl der Zurückkehrenden jedenfalls viel geringer, als die Zahl
der Kommenden.

Nicht ohne Interesse ist die Thatsache, daß sich die Heimat der aus
Deutschland nach den Vereinigten Staaten Auswandernden im Laufe der Zeit
wesentlich geändert hat. Während in früheren Jahren statistisch nachweisbar
Süd westdeutsch land bei weitem die meisten Auswanderer stellte, gehen
von dort jetzt verhältnißmäßig nur wenige über den Ozean. Mitteldeutsch¬
land lieferte nie viele Auswanderer, und thut es auch jetzt nicht; die große
Masse der deutsche" Emigration kommt aus dem Norden Deutschlands. So
entsandte uach dem oben erwähnten Berichte des Herrn Julius Hoffmann
während des Oltvbermonats im Jahre 1877 Deutschland 1,814 wirkliche Ein¬
wanderer nach dem Hafen von New-York, von diesen 1,814 Einwanderern
kamen auf Baden 92, ans Baiern 120, auf Elsaß 25, auf Hessen-Darmstadt
39, auf beide Mecklenburg 41, auf Oldenburg 9, auf Preußen 1,322, auf
Sachsen 47 und auf Württemberg 118.

Das Jahr 1854 weist die stärkste aller Einwanderungen nach der nord¬
amerikanischen Union auf; im Hafen von New-York allein landeten in dem


Grmzbown I. 1873. 40

sind beinahe ohne Ausnahme deutsche Mennoniten, welche sich zum größten
Theile im Nordosten der Union niederlassen und dort leidlich prosperiren.
Die Einwanderer aus der Schweiz sind ebenfalls durchschnittlich deutsch, die
aus Frankreich kann man zu zwei Dritteln als deutsch ansehen, während wohl
die größere Hälfte der österreichischen Einwanderer slavische Tschechen sind.
Diese tschechische Emigration scheint ganz den Platz der immer geringer werden¬
den irländischen Einwanderung einnehmen zu wollen; die Auswanderung aus
dem eigentlichen England hat aber seit Jahren die aus Irland überholt.

Alle diese Verhältnisse in Anschlag gebracht, kann man also mit ziemlicher
Sicherheit sagen, es seien in runder Suimne 48,000 Deutsche im Jahre 1876
nach den Vereinigten Staaten gewandert, so daß, wie dies in der letzten Zeit
die Regel war, das deutsche Element ein knappes Drittel der gesammten Ein¬
wanderung in die Vereinigten Staaten ausmachte.

Nach dem offiziellen Bericht des Herrn Julius Hoffmann, des Geschäfts¬
führers der „Deutschen Gesellschaft" in New-York, landeten während des Zeit¬
raums vom 1. Januar bis 31. Oktober 1877 allein im Hafen von New-
York 17,346 Deutsche aus Deutschland; in derselben Zeit des Jahres 1876
landeten dort aber 20,656 Deutsche, sodaß die deutsche Einwanderung in den
ersten zehn Monaten des letztverflossenen Jahres (1877) gegen 1876 um 3,310
Köpfe abgenommen hatte. Die Rückwanderung war in den beiden letzten
Jahren sehr stark. Für England ergeben die Zahlen sogar eine Rückwanderung,
die der vorangegangenen Auswanderung nahezu gleichkommt; bei den Deutschen
aber war die Zahl der Zurückkehrenden jedenfalls viel geringer, als die Zahl
der Kommenden.

Nicht ohne Interesse ist die Thatsache, daß sich die Heimat der aus
Deutschland nach den Vereinigten Staaten Auswandernden im Laufe der Zeit
wesentlich geändert hat. Während in früheren Jahren statistisch nachweisbar
Süd westdeutsch land bei weitem die meisten Auswanderer stellte, gehen
von dort jetzt verhältnißmäßig nur wenige über den Ozean. Mitteldeutsch¬
land lieferte nie viele Auswanderer, und thut es auch jetzt nicht; die große
Masse der deutsche» Emigration kommt aus dem Norden Deutschlands. So
entsandte uach dem oben erwähnten Berichte des Herrn Julius Hoffmann
während des Oltvbermonats im Jahre 1877 Deutschland 1,814 wirkliche Ein¬
wanderer nach dem Hafen von New-York, von diesen 1,814 Einwanderern
kamen auf Baden 92, ans Baiern 120, auf Elsaß 25, auf Hessen-Darmstadt
39, auf beide Mecklenburg 41, auf Oldenburg 9, auf Preußen 1,322, auf
Sachsen 47 und auf Württemberg 118.

Das Jahr 1854 weist die stärkste aller Einwanderungen nach der nord¬
amerikanischen Union auf; im Hafen von New-York allein landeten in dem


Grmzbown I. 1873. 40
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/321>, abgerufen am 27.09.2024.