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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Leitung immer mehr Festigkeit. Viele Völkerschaften schlössen Verträge mit
ihm und versprachen Heeresfolge.

Einen gefährlichen Rivalen aber hatten die Thebäer in Jason von Pherü.
Seine großen Reichthümer gestatteten ihm, ein persönliches Svldnergesolge
von 6000 Mann zu halten, und seit er Tagos von Thessalien war, gebot er
über 8000 Reiter und 20,000 Hvpliten. Ein Feind Spartas so lange es
mächtig war, richtete er sich nach dem leuktrischen Siege gegen Theben. Er
hatte die Absicht, an der Spitze seines Heeres in Phokis einzubrechen und den
Tempelschatz in Delphi an sich zu bringen; aber seine Tage waren gezählt.
Bei einer Heerschau wurde er ermordet und Theben war von einer großen
Sorge befreit.

Sparta dagegen entstand eine neue drohende Gegenmacht in den kräftigen
und streitbaren Bewohnern des arkadischen Alpenlandes, die bisher in ihren
kleinen Banerschaften und Thcilgemeiuden vereinzelt das eiufvrmigste Hirten¬
leben geführt und nur dnrch die Sitte des Reislanfens, die bei ihnen wie bei
den Schweizern von Alters her bestand, einigen Zusammenhang mit dem
übrigen Hellas gehabt hatten. Jetzt, nach der Schlacht von Leuktra, schien der
Augenblick gekommen, um durch Gründung einer Eidgenossenschaft zu einer
sich selbst bestimmenden Macht zu werden. Man traf Vorbereitungen zur
Begründung eines arkadischen Gesammtstaates und gründete an der lcckvnisch-
messenischen Grenze die gemeinsame Hauptstadt Megalopolis, welche man mit
Ringmauern befestigte. Hier tagte die Landesgemeinde der Zehntausend als
Vertreter in der arkadischen Eidgenossenschaft, und eine stehende Schaar besoldeter
Krieger oder Einen (Eparitoi) verschaffte ihren Beschlüssen Nachdruck und
stand im Kriege der Landwehr zur Seite.

Es lag in der Natur der Dinge, daß Theben das Emporkommen dieses
neuen Staates unterstützte. Sobald die Spartaner Miene machten, gegen Ar¬
kadien vorzugehen, erschienen die Bviotarchen, an ihrer Spitze Epameinondas
und Pelopidas, mit einem Heere von 15,000 Hopliten in Mantineia. Das
spartanische Heer zog sich zurück, und da es um die Zeit der Wintersonnen¬
wende war und die Amtszeit der Bviotarchen ablief, so riethen viele Thebaner
zur Rückkehr. Epameiuoudas und Pelopidas aber beschlossen ans ihre eigene
Verantwortung einen Zug nach Lakonien. Die anderen Bviotarchen traten
zurück; denn auf unberechtigter Weiterführung des Feldherrnamtes stand die
Todesstrafe.

Mit 70,000 Mann Hopliten und Leichtbewaffneten, wende dnrch den Zu¬
zug der Arkader, Eleer und Argeier zusammengekommen waren, rückte Epa-
meinondas in das Gebiet Lakedaimons ein. Der Anmarsch geschah in 4 Ko¬
lonnen. Der arkadischen Heeressaule gegenüber opferte sich der Spartaner


Leitung immer mehr Festigkeit. Viele Völkerschaften schlössen Verträge mit
ihm und versprachen Heeresfolge.

Einen gefährlichen Rivalen aber hatten die Thebäer in Jason von Pherü.
Seine großen Reichthümer gestatteten ihm, ein persönliches Svldnergesolge
von 6000 Mann zu halten, und seit er Tagos von Thessalien war, gebot er
über 8000 Reiter und 20,000 Hvpliten. Ein Feind Spartas so lange es
mächtig war, richtete er sich nach dem leuktrischen Siege gegen Theben. Er
hatte die Absicht, an der Spitze seines Heeres in Phokis einzubrechen und den
Tempelschatz in Delphi an sich zu bringen; aber seine Tage waren gezählt.
Bei einer Heerschau wurde er ermordet und Theben war von einer großen
Sorge befreit.

Sparta dagegen entstand eine neue drohende Gegenmacht in den kräftigen
und streitbaren Bewohnern des arkadischen Alpenlandes, die bisher in ihren
kleinen Banerschaften und Thcilgemeiuden vereinzelt das eiufvrmigste Hirten¬
leben geführt und nur dnrch die Sitte des Reislanfens, die bei ihnen wie bei
den Schweizern von Alters her bestand, einigen Zusammenhang mit dem
übrigen Hellas gehabt hatten. Jetzt, nach der Schlacht von Leuktra, schien der
Augenblick gekommen, um durch Gründung einer Eidgenossenschaft zu einer
sich selbst bestimmenden Macht zu werden. Man traf Vorbereitungen zur
Begründung eines arkadischen Gesammtstaates und gründete an der lcckvnisch-
messenischen Grenze die gemeinsame Hauptstadt Megalopolis, welche man mit
Ringmauern befestigte. Hier tagte die Landesgemeinde der Zehntausend als
Vertreter in der arkadischen Eidgenossenschaft, und eine stehende Schaar besoldeter
Krieger oder Einen (Eparitoi) verschaffte ihren Beschlüssen Nachdruck und
stand im Kriege der Landwehr zur Seite.

Es lag in der Natur der Dinge, daß Theben das Emporkommen dieses
neuen Staates unterstützte. Sobald die Spartaner Miene machten, gegen Ar¬
kadien vorzugehen, erschienen die Bviotarchen, an ihrer Spitze Epameinondas
und Pelopidas, mit einem Heere von 15,000 Hopliten in Mantineia. Das
spartanische Heer zog sich zurück, und da es um die Zeit der Wintersonnen¬
wende war und die Amtszeit der Bviotarchen ablief, so riethen viele Thebaner
zur Rückkehr. Epameiuoudas und Pelopidas aber beschlossen ans ihre eigene
Verantwortung einen Zug nach Lakonien. Die anderen Bviotarchen traten
zurück; denn auf unberechtigter Weiterführung des Feldherrnamtes stand die
Todesstrafe.

Mit 70,000 Mann Hopliten und Leichtbewaffneten, wende dnrch den Zu¬
zug der Arkader, Eleer und Argeier zusammengekommen waren, rückte Epa-
meinondas in das Gebiet Lakedaimons ein. Der Anmarsch geschah in 4 Ko¬
lonnen. Der arkadischen Heeressaule gegenüber opferte sich der Spartaner


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[0309] Leitung immer mehr Festigkeit. Viele Völkerschaften schlössen Verträge mit ihm und versprachen Heeresfolge. Einen gefährlichen Rivalen aber hatten die Thebäer in Jason von Pherü. Seine großen Reichthümer gestatteten ihm, ein persönliches Svldnergesolge von 6000 Mann zu halten, und seit er Tagos von Thessalien war, gebot er über 8000 Reiter und 20,000 Hvpliten. Ein Feind Spartas so lange es mächtig war, richtete er sich nach dem leuktrischen Siege gegen Theben. Er hatte die Absicht, an der Spitze seines Heeres in Phokis einzubrechen und den Tempelschatz in Delphi an sich zu bringen; aber seine Tage waren gezählt. Bei einer Heerschau wurde er ermordet und Theben war von einer großen Sorge befreit. Sparta dagegen entstand eine neue drohende Gegenmacht in den kräftigen und streitbaren Bewohnern des arkadischen Alpenlandes, die bisher in ihren kleinen Banerschaften und Thcilgemeiuden vereinzelt das eiufvrmigste Hirten¬ leben geführt und nur dnrch die Sitte des Reislanfens, die bei ihnen wie bei den Schweizern von Alters her bestand, einigen Zusammenhang mit dem übrigen Hellas gehabt hatten. Jetzt, nach der Schlacht von Leuktra, schien der Augenblick gekommen, um durch Gründung einer Eidgenossenschaft zu einer sich selbst bestimmenden Macht zu werden. Man traf Vorbereitungen zur Begründung eines arkadischen Gesammtstaates und gründete an der lcckvnisch- messenischen Grenze die gemeinsame Hauptstadt Megalopolis, welche man mit Ringmauern befestigte. Hier tagte die Landesgemeinde der Zehntausend als Vertreter in der arkadischen Eidgenossenschaft, und eine stehende Schaar besoldeter Krieger oder Einen (Eparitoi) verschaffte ihren Beschlüssen Nachdruck und stand im Kriege der Landwehr zur Seite. Es lag in der Natur der Dinge, daß Theben das Emporkommen dieses neuen Staates unterstützte. Sobald die Spartaner Miene machten, gegen Ar¬ kadien vorzugehen, erschienen die Bviotarchen, an ihrer Spitze Epameinondas und Pelopidas, mit einem Heere von 15,000 Hopliten in Mantineia. Das spartanische Heer zog sich zurück, und da es um die Zeit der Wintersonnen¬ wende war und die Amtszeit der Bviotarchen ablief, so riethen viele Thebaner zur Rückkehr. Epameiuoudas und Pelopidas aber beschlossen ans ihre eigene Verantwortung einen Zug nach Lakonien. Die anderen Bviotarchen traten zurück; denn auf unberechtigter Weiterführung des Feldherrnamtes stand die Todesstrafe. Mit 70,000 Mann Hopliten und Leichtbewaffneten, wende dnrch den Zu¬ zug der Arkader, Eleer und Argeier zusammengekommen waren, rückte Epa- meinondas in das Gebiet Lakedaimons ein. Der Anmarsch geschah in 4 Ko¬ lonnen. Der arkadischen Heeressaule gegenüber opferte sich der Spartaner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/309>, abgerufen am 20.10.2024.