Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.und einzeln die Friedensbedingungen beschwören sollten. Ferner sollte unter Es war ein Gedanke von bewunderungswürdiger Kühnheit, mit jenem Es ist dem Epameinondas nicht leicht geworden, das thebanische Volk und einzeln die Friedensbedingungen beschwören sollten. Ferner sollte unter Es war ein Gedanke von bewunderungswürdiger Kühnheit, mit jenem Es ist dem Epameinondas nicht leicht geworden, das thebanische Volk <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0304" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139597"/> <p xml:id="ID_852" prev="#ID_851"> und einzeln die Friedensbedingungen beschwören sollten. Ferner sollte unter<lb/> Aufsicht eines dafür ernannten Ausschusses eine allgemeine Entwaffnung zu<lb/> Wasser und zu Lande stattfinden. Das klang fehr schön und war doch weiter<lb/> nichts als ein heuchlerisches Manöver der Spartiaten, welche die größeren<lb/> Staaten schwächen wollten, um die kleineren desto sicherer zu unterdrücken, ein<lb/> Manöver, das vor Allem den Zweck hatte, die seit unvordenklicher Zeit be¬<lb/> stehende Hegemonie Thebens über die boiotischen Gemeinden aufzulösen. —<lb/> Die Mehrheit nahm jene Bedingungen an; die thebanischen Gesandten aber<lb/> wollten es nur als Vertreter der boiotischen Eidgenossenschaft thun. Da sprang<lb/> Agesilaos auf und frug barsch: „Wollt ihr die Städte freilassen?!" „Ja",<lb/> erwiderte kurz und schneidend Epameinoudas, „wenn ihr euere Periöken frei¬<lb/> läßt!" Wüthend über diesen Trotz löschte Agesilaos den Namen Thebens von<lb/> der Urkunde und schloß es damit von der Friedensgemeinschaft aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_853"> Es war ein Gedanke von bewunderungswürdiger Kühnheit, mit jenem<lb/> Theben, das, einer selbstständigen Kriegführung ganz ungewohnt, sogar der<lb/> eigenen Landschaft unsicher war, in die Schranken zu treten gegen das mächtige<lb/> straffgeordnete Sparta. Epmneinondas aber hatte seine Vaterstadt darauf vor¬<lb/> bereitet durch sittliche und politische Hebung der Bürgerschaft. Im Sinne der<lb/> vornehmen Weltanschauung des Pythagoras hatte er aus den hochherzigsten<lb/> Jünglingen jene „heilige Schaar" gebildet, welche Pelopidas führte und welche<lb/> gewissermaßen das Stammvolk eines neuen Theben sein sollte, eine Stiftung,<lb/> in die kein Adelsvorrecht Eintritt gewährte, in der dagegen das soldatische<lb/> mit ethischen und politischen Gesichtspunkten verschmolzen ward. — An diesem<lb/> Vorbilde erhebt sich der Staat. Die Bürgerschaft wird durch hingebende<lb/> Uebung stark in den Waffen, und binnen kurzer Frist (von 379—362) schwingt<lb/> Theben durch eigene Kraftentwickelung sich zum Mittelpunkte einer Eidgenossen¬<lb/> schaft empor, welche das gefürchtete Sparta demüthigt, ihm die Hälfte seines<lb/> Landbesitzes entreißt, neue Städte und Staaten im Peloponnes hervorruft,<lb/> Thessalien zur Heeresfolge Zwingt, Byzanz und Rhodos zu einem Seehunde<lb/> vereinigt und mit dein Auslande als Vorort von Hellas verhandelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_854" next="#ID_855"> Es ist dem Epameinondas nicht leicht geworden, das thebanische Volk<lb/> für die Aufnahme des gewaltigen Kampfes zu gewinnen, denn dies Volk hatte<lb/> nicht umsonst den Ruf einer gewissen Beschränktheit und Bigotterie. Er be¬<lb/> kämpfte den Aberglauben mit seinen eigenen Waffen. Als die Keule des the¬<lb/> banischen Herakles und der Speer der Athene aus ihren Heiligtümern ver¬<lb/> schwunden sein sollten, beschwichtigte Epameinondas die Angst der Menge mit<lb/> der Erklärung, jene Götter selbst seien für sie ausgezogen in den Kampf; und<lb/> als beim Aufbruch des Heeres der Wind ein Fahnenband abriß und auf die<lb/> Gräber entführte, so daß es allen Kriegsleuten grauste, schlug er den Eindruck</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0304]
und einzeln die Friedensbedingungen beschwören sollten. Ferner sollte unter
Aufsicht eines dafür ernannten Ausschusses eine allgemeine Entwaffnung zu
Wasser und zu Lande stattfinden. Das klang fehr schön und war doch weiter
nichts als ein heuchlerisches Manöver der Spartiaten, welche die größeren
Staaten schwächen wollten, um die kleineren desto sicherer zu unterdrücken, ein
Manöver, das vor Allem den Zweck hatte, die seit unvordenklicher Zeit be¬
stehende Hegemonie Thebens über die boiotischen Gemeinden aufzulösen. —
Die Mehrheit nahm jene Bedingungen an; die thebanischen Gesandten aber
wollten es nur als Vertreter der boiotischen Eidgenossenschaft thun. Da sprang
Agesilaos auf und frug barsch: „Wollt ihr die Städte freilassen?!" „Ja",
erwiderte kurz und schneidend Epameinoudas, „wenn ihr euere Periöken frei¬
läßt!" Wüthend über diesen Trotz löschte Agesilaos den Namen Thebens von
der Urkunde und schloß es damit von der Friedensgemeinschaft aus.
Es war ein Gedanke von bewunderungswürdiger Kühnheit, mit jenem
Theben, das, einer selbstständigen Kriegführung ganz ungewohnt, sogar der
eigenen Landschaft unsicher war, in die Schranken zu treten gegen das mächtige
straffgeordnete Sparta. Epmneinondas aber hatte seine Vaterstadt darauf vor¬
bereitet durch sittliche und politische Hebung der Bürgerschaft. Im Sinne der
vornehmen Weltanschauung des Pythagoras hatte er aus den hochherzigsten
Jünglingen jene „heilige Schaar" gebildet, welche Pelopidas führte und welche
gewissermaßen das Stammvolk eines neuen Theben sein sollte, eine Stiftung,
in die kein Adelsvorrecht Eintritt gewährte, in der dagegen das soldatische
mit ethischen und politischen Gesichtspunkten verschmolzen ward. — An diesem
Vorbilde erhebt sich der Staat. Die Bürgerschaft wird durch hingebende
Uebung stark in den Waffen, und binnen kurzer Frist (von 379—362) schwingt
Theben durch eigene Kraftentwickelung sich zum Mittelpunkte einer Eidgenossen¬
schaft empor, welche das gefürchtete Sparta demüthigt, ihm die Hälfte seines
Landbesitzes entreißt, neue Städte und Staaten im Peloponnes hervorruft,
Thessalien zur Heeresfolge Zwingt, Byzanz und Rhodos zu einem Seehunde
vereinigt und mit dein Auslande als Vorort von Hellas verhandelt.
Es ist dem Epameinondas nicht leicht geworden, das thebanische Volk
für die Aufnahme des gewaltigen Kampfes zu gewinnen, denn dies Volk hatte
nicht umsonst den Ruf einer gewissen Beschränktheit und Bigotterie. Er be¬
kämpfte den Aberglauben mit seinen eigenen Waffen. Als die Keule des the¬
banischen Herakles und der Speer der Athene aus ihren Heiligtümern ver¬
schwunden sein sollten, beschwichtigte Epameinondas die Angst der Menge mit
der Erklärung, jene Götter selbst seien für sie ausgezogen in den Kampf; und
als beim Aufbruch des Heeres der Wind ein Fahnenband abriß und auf die
Gräber entführte, so daß es allen Kriegsleuten grauste, schlug er den Eindruck
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