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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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nertruppen eingeführt worden zu sein; die Bürgerheere hielten in aristokratischem
Konservatismus die alte Hoplitenrüstnng fest.

Neben dem erleichterten Linienfußvvlk des Jphikrates standen die Pel-
tasten. Es ist das eine ursprünglich thrakische Nationalwaffe, die sich von
der übrigen leichten Infanterie durch den lederüberzogenen Holzschild unter¬
schied. Ihre Hauptwaffe war der sicher treffende Riemenspeer; oftmals führten
sie aber neben diesem auch noch längere Spieße, die ihnen gestatteten, gele¬
gentlich in Linie anzugreifen, so daß die Peltasten schon früh als eine Art
Mittelinfanterie erschienen. Diesen Speerschützen gab man nun das ge¬
steppte Linnenkoller, welches ihnen volle Beweglichkeit für den Speerwurf
gönnte und sie doch gegen Hieb und Stoß einigermaßen sicherte. Deal nahe
heran an den Feind mußten auch die Peltasten; der Speer kann eben nur
auf wenige Schritte geschlendert werden. Sind die Wurfspieße verworfen, so
gilt es auch für die Peltasten den Kampf Mann gegen Mann, und für diesen
gab ihnen Jphikrates einen Degen von etwa 30 Zoll Klingenlänge. -- Derart
ausgestattet waren die Peltasten im Stande, anch ohne Mitgabe von Linien¬
fußvolk, kleinere Unternehmungen selbständig durchzuführen; wie das denn auch
wirklich geschah.

Die Masse des eigentlichen leichten Fußvolks, der Gymneten, d. h. der
Ungerüsteten, welche keinen Schild führten, bestand aus Schleudereru, Bog-
nern und Speerschützen. Alle diese Leute trugen als Kopfbedeckung die Fell¬
kappe oder irgend einen nationalen Hut. -- Die Schleuderer führten ihre
Munition, handgroße Steine oder auch Bleikugeln, mit denen namentlich die
Rhodier trefflich warfen, in einer großen Tasche. -- Die Kocher der Bog-
ner enthielten 12 bis 20 Pfeile. -- Die Schwere der Wurfspieße wechselte
von 1^/2 bis 3 Pfund. -- Die rhodischen Schleuderer trafen weiter als die
meisten Bogenschützen, nämlich bis auf 100 Schritt und doppelt so weit als
die Steinschleuderer; die kretischen Schützen, von allen griechischen Bvgnern
die berühmtesten, trafen selten über 90 Schritt und auch das nur mit stark
elevirten Bogen. Die Speerschützen werden nicht über 30 bis 40 Schritt ge¬
worfen haben.

Die Grundstellung des leichten Fußvolks, much die der Peltasten, dürfte
4 Glieder tief gewesen sein, so daß der Lochvs von 100 Mann in 24 Rotten
stand. Die Gefechtsordnung ist die ausgeschwärmt" Schützenlinie. Zuweilen
vermischen sich die Gymneten mit der Reiterei, um ihr im Kampf zu seenn-
diren, und in diesem Falle werden sie als Hcnnippen (Roßschnelle) bezeichnet.

Auf die Reiterei erstreckten sich die Reformen des Jphikrates nicht; sie
konnte unter den griechischen Verhältnissen niemals als Söldnertrnpve Bedeu¬
tung gewinnen, schon weil sie zu theuer war. Gute Reitpferde waren selten,


nertruppen eingeführt worden zu sein; die Bürgerheere hielten in aristokratischem
Konservatismus die alte Hoplitenrüstnng fest.

Neben dem erleichterten Linienfußvvlk des Jphikrates standen die Pel-
tasten. Es ist das eine ursprünglich thrakische Nationalwaffe, die sich von
der übrigen leichten Infanterie durch den lederüberzogenen Holzschild unter¬
schied. Ihre Hauptwaffe war der sicher treffende Riemenspeer; oftmals führten
sie aber neben diesem auch noch längere Spieße, die ihnen gestatteten, gele¬
gentlich in Linie anzugreifen, so daß die Peltasten schon früh als eine Art
Mittelinfanterie erschienen. Diesen Speerschützen gab man nun das ge¬
steppte Linnenkoller, welches ihnen volle Beweglichkeit für den Speerwurf
gönnte und sie doch gegen Hieb und Stoß einigermaßen sicherte. Deal nahe
heran an den Feind mußten auch die Peltasten; der Speer kann eben nur
auf wenige Schritte geschlendert werden. Sind die Wurfspieße verworfen, so
gilt es auch für die Peltasten den Kampf Mann gegen Mann, und für diesen
gab ihnen Jphikrates einen Degen von etwa 30 Zoll Klingenlänge. — Derart
ausgestattet waren die Peltasten im Stande, anch ohne Mitgabe von Linien¬
fußvolk, kleinere Unternehmungen selbständig durchzuführen; wie das denn auch
wirklich geschah.

Die Masse des eigentlichen leichten Fußvolks, der Gymneten, d. h. der
Ungerüsteten, welche keinen Schild führten, bestand aus Schleudereru, Bog-
nern und Speerschützen. Alle diese Leute trugen als Kopfbedeckung die Fell¬
kappe oder irgend einen nationalen Hut. — Die Schleuderer führten ihre
Munition, handgroße Steine oder auch Bleikugeln, mit denen namentlich die
Rhodier trefflich warfen, in einer großen Tasche. — Die Kocher der Bog-
ner enthielten 12 bis 20 Pfeile. — Die Schwere der Wurfspieße wechselte
von 1^/2 bis 3 Pfund. — Die rhodischen Schleuderer trafen weiter als die
meisten Bogenschützen, nämlich bis auf 100 Schritt und doppelt so weit als
die Steinschleuderer; die kretischen Schützen, von allen griechischen Bvgnern
die berühmtesten, trafen selten über 90 Schritt und auch das nur mit stark
elevirten Bogen. Die Speerschützen werden nicht über 30 bis 40 Schritt ge¬
worfen haben.

Die Grundstellung des leichten Fußvolks, much die der Peltasten, dürfte
4 Glieder tief gewesen sein, so daß der Lochvs von 100 Mann in 24 Rotten
stand. Die Gefechtsordnung ist die ausgeschwärmt« Schützenlinie. Zuweilen
vermischen sich die Gymneten mit der Reiterei, um ihr im Kampf zu seenn-
diren, und in diesem Falle werden sie als Hcnnippen (Roßschnelle) bezeichnet.

Auf die Reiterei erstreckten sich die Reformen des Jphikrates nicht; sie
konnte unter den griechischen Verhältnissen niemals als Söldnertrnpve Bedeu¬
tung gewinnen, schon weil sie zu theuer war. Gute Reitpferde waren selten,


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[0256] nertruppen eingeführt worden zu sein; die Bürgerheere hielten in aristokratischem Konservatismus die alte Hoplitenrüstnng fest. Neben dem erleichterten Linienfußvvlk des Jphikrates standen die Pel- tasten. Es ist das eine ursprünglich thrakische Nationalwaffe, die sich von der übrigen leichten Infanterie durch den lederüberzogenen Holzschild unter¬ schied. Ihre Hauptwaffe war der sicher treffende Riemenspeer; oftmals führten sie aber neben diesem auch noch längere Spieße, die ihnen gestatteten, gele¬ gentlich in Linie anzugreifen, so daß die Peltasten schon früh als eine Art Mittelinfanterie erschienen. Diesen Speerschützen gab man nun das ge¬ steppte Linnenkoller, welches ihnen volle Beweglichkeit für den Speerwurf gönnte und sie doch gegen Hieb und Stoß einigermaßen sicherte. Deal nahe heran an den Feind mußten auch die Peltasten; der Speer kann eben nur auf wenige Schritte geschlendert werden. Sind die Wurfspieße verworfen, so gilt es auch für die Peltasten den Kampf Mann gegen Mann, und für diesen gab ihnen Jphikrates einen Degen von etwa 30 Zoll Klingenlänge. — Derart ausgestattet waren die Peltasten im Stande, anch ohne Mitgabe von Linien¬ fußvolk, kleinere Unternehmungen selbständig durchzuführen; wie das denn auch wirklich geschah. Die Masse des eigentlichen leichten Fußvolks, der Gymneten, d. h. der Ungerüsteten, welche keinen Schild führten, bestand aus Schleudereru, Bog- nern und Speerschützen. Alle diese Leute trugen als Kopfbedeckung die Fell¬ kappe oder irgend einen nationalen Hut. — Die Schleuderer führten ihre Munition, handgroße Steine oder auch Bleikugeln, mit denen namentlich die Rhodier trefflich warfen, in einer großen Tasche. — Die Kocher der Bog- ner enthielten 12 bis 20 Pfeile. — Die Schwere der Wurfspieße wechselte von 1^/2 bis 3 Pfund. — Die rhodischen Schleuderer trafen weiter als die meisten Bogenschützen, nämlich bis auf 100 Schritt und doppelt so weit als die Steinschleuderer; die kretischen Schützen, von allen griechischen Bvgnern die berühmtesten, trafen selten über 90 Schritt und auch das nur mit stark elevirten Bogen. Die Speerschützen werden nicht über 30 bis 40 Schritt ge¬ worfen haben. Die Grundstellung des leichten Fußvolks, much die der Peltasten, dürfte 4 Glieder tief gewesen sein, so daß der Lochvs von 100 Mann in 24 Rotten stand. Die Gefechtsordnung ist die ausgeschwärmt« Schützenlinie. Zuweilen vermischen sich die Gymneten mit der Reiterei, um ihr im Kampf zu seenn- diren, und in diesem Falle werden sie als Hcnnippen (Roßschnelle) bezeichnet. Auf die Reiterei erstreckten sich die Reformen des Jphikrates nicht; sie konnte unter den griechischen Verhältnissen niemals als Söldnertrnpve Bedeu¬ tung gewinnen, schon weil sie zu theuer war. Gute Reitpferde waren selten,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/256>, abgerufen am 27.09.2024.