Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.Stellung nicht in jene, sondern in diese hinein. Anders ist es bei Waitz, der Stellung nicht in jene, sondern in diese hinein. Anders ist es bei Waitz, der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139521"/> <p xml:id="ID_644" prev="#ID_643" next="#ID_645"> Stellung nicht in jene, sondern in diese hinein. Anders ist es bei Waitz, der<lb/> erst sehr spät nach mancherlei schwer empfundenen Zurücksetzungen die Aner¬<lb/> kennung erhielt, auf die er schon längst Anspruch sich erworben hatte. Des<lb/> dritten Gelehrten, Gervinus, gedenkt Zeller, indem er uns die Rede mit¬<lb/> theilt, welche er am Grabe des Verstorbenen gehalten. Da die historischen<lb/> Aufsätze, über die wir Bericht erstattet haben, fast alle mehr oder weniger<lb/> ans religiöse Entwickelungen Bezug nehmen, so verlassen wir nicht den Jdeen-<lb/> kreis, in dem wir uns bis jetzt bewegt haben, wenn wir uns schließlich den<lb/> beiden religionsphilosophischen Abhandlungen der Sammlung, welche Aufang<lb/> und Ende derselben bilden, zuwenden. Wir beschäftigen uns zuerst mit der<lb/> letzteren, welche sich das Thema gewählt hat: „Ueber ideologische und mechanische<lb/> Naturerklärung in ihrer Anwendung auf das Weltganze." Sie sucht zuerst,<lb/> in Uebereinstimmung mit dem bekannten Vortrag von Du Bois-Rehmond die<lb/> Grenzen der mechanischen Auffassung der Natur zu erkennen und kommt hier<lb/> zu dem Ergebniß, daß die letzten Ursachen der Welt, weil ihre Wirkungen<lb/> mit innerer Nothwendigkeit erfolgen, von Anfang an in ihnen angelegt sind,<lb/> unmöglich als mechanische bezeichnet werden können. Ist nun aber die me¬<lb/> chanische Naturerkläruug nicht im Stande, das Welträthsel zu lösen, so fragt<lb/> es sich, ob die teleologische Betrachtung es vermöge. Aber auch hier giebt<lb/> Zeller eine verneinende Antwort, indem er zu zeigen sucht, daß der Zweckbe¬<lb/> griff nur festgehalten werden könne, wenn man in der Welt als Ganzem den<lb/> Gesammtzweck und in ihren einzelnen Bestandtheilen Theilzwecke sehe, damit<lb/> aber darauf verzichte, von Mittel« zu reden, die außer ihnen liegenden Zwecken<lb/> dienen; indem er ferner darauf hinweist, daß das Wirken des absoluten We¬<lb/> sens von gleicher vollkommener Nothwendigkeit beherrscht sein müsse und da¬<lb/> her die logische Priorität des Bediugeuden vor dem Bedingten, die wir mit<lb/> der Vorstellung zweckmäßigen Handelns verbinden, hier wegfallen müsse. So¬<lb/> dann hebt er hervor, daß der Gedanke eines Weltanfangs mit unlöslichen<lb/> Widersprüchen verbunden sei, daß die Welt als Ganzes ungeworden und un¬<lb/> vergänglich gedacht werdeu müsse. Unter dieser Voraussetzung aber sei es<lb/> gleichgiltig, ob man sich die Thätigkeit des Weltschöpfers oder Weltbildners<lb/> von Zweckbegriffen geleitet denke oder nicht. Jene könne man nnr auf das<lb/> Einzelne in der Welt anwenden, das dem Entstehen und Vergehen unterwor¬<lb/> fen sei, nicht aber auf das Weltganze. Ja auch bei dem Einzelnen seien Re¬<lb/> striktionen nothwendig, denn bei den Vernunftwesen könne man den Zweckbe¬<lb/> griff nur als die Form ansehen, welche die psychologische Thätigkeit für ihr<lb/> Bewußtsein annehme. Und wollte man diese Organisation unseres Geistes aus<lb/> einer Zweckthätigkeit ableiten, so müßte man die weltschöpserische Vernunft<lb/> von einer höheren bedingt sein lassen. Noch weniger sei an eine Zweckthätig-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0228]
Stellung nicht in jene, sondern in diese hinein. Anders ist es bei Waitz, der
erst sehr spät nach mancherlei schwer empfundenen Zurücksetzungen die Aner¬
kennung erhielt, auf die er schon längst Anspruch sich erworben hatte. Des
dritten Gelehrten, Gervinus, gedenkt Zeller, indem er uns die Rede mit¬
theilt, welche er am Grabe des Verstorbenen gehalten. Da die historischen
Aufsätze, über die wir Bericht erstattet haben, fast alle mehr oder weniger
ans religiöse Entwickelungen Bezug nehmen, so verlassen wir nicht den Jdeen-
kreis, in dem wir uns bis jetzt bewegt haben, wenn wir uns schließlich den
beiden religionsphilosophischen Abhandlungen der Sammlung, welche Aufang
und Ende derselben bilden, zuwenden. Wir beschäftigen uns zuerst mit der
letzteren, welche sich das Thema gewählt hat: „Ueber ideologische und mechanische
Naturerklärung in ihrer Anwendung auf das Weltganze." Sie sucht zuerst,
in Uebereinstimmung mit dem bekannten Vortrag von Du Bois-Rehmond die
Grenzen der mechanischen Auffassung der Natur zu erkennen und kommt hier
zu dem Ergebniß, daß die letzten Ursachen der Welt, weil ihre Wirkungen
mit innerer Nothwendigkeit erfolgen, von Anfang an in ihnen angelegt sind,
unmöglich als mechanische bezeichnet werden können. Ist nun aber die me¬
chanische Naturerkläruug nicht im Stande, das Welträthsel zu lösen, so fragt
es sich, ob die teleologische Betrachtung es vermöge. Aber auch hier giebt
Zeller eine verneinende Antwort, indem er zu zeigen sucht, daß der Zweckbe¬
griff nur festgehalten werden könne, wenn man in der Welt als Ganzem den
Gesammtzweck und in ihren einzelnen Bestandtheilen Theilzwecke sehe, damit
aber darauf verzichte, von Mittel« zu reden, die außer ihnen liegenden Zwecken
dienen; indem er ferner darauf hinweist, daß das Wirken des absoluten We¬
sens von gleicher vollkommener Nothwendigkeit beherrscht sein müsse und da¬
her die logische Priorität des Bediugeuden vor dem Bedingten, die wir mit
der Vorstellung zweckmäßigen Handelns verbinden, hier wegfallen müsse. So¬
dann hebt er hervor, daß der Gedanke eines Weltanfangs mit unlöslichen
Widersprüchen verbunden sei, daß die Welt als Ganzes ungeworden und un¬
vergänglich gedacht werdeu müsse. Unter dieser Voraussetzung aber sei es
gleichgiltig, ob man sich die Thätigkeit des Weltschöpfers oder Weltbildners
von Zweckbegriffen geleitet denke oder nicht. Jene könne man nnr auf das
Einzelne in der Welt anwenden, das dem Entstehen und Vergehen unterwor¬
fen sei, nicht aber auf das Weltganze. Ja auch bei dem Einzelnen seien Re¬
striktionen nothwendig, denn bei den Vernunftwesen könne man den Zweckbe¬
griff nur als die Form ansehen, welche die psychologische Thätigkeit für ihr
Bewußtsein annehme. Und wollte man diese Organisation unseres Geistes aus
einer Zweckthätigkeit ableiten, so müßte man die weltschöpserische Vernunft
von einer höheren bedingt sein lassen. Noch weniger sei an eine Zweckthätig-
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