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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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nie, ein starkes Landungsheer nach Lat'villa zu senden, weil die weiten Be¬
festigungsanlagen Athens eine sehr starke Besatzung erheischten.

Aus der Masse der Hopliten jeder Phyle ward für jeden besonderen
Feldzug das Auszugsbataillon, "Taxis" oder auch schlichtweg "Phyle" genannt,
herausgezogen; es war durchschnittlich 600 Mann stark. Der Rest der kriegs¬
pflichtigen Mannschaft des Phylenbezirks bildete den Kern der Stadt-Besatzung,
an den sich freiwillig Veteranen und zuweilen auch Knaben, sowie als Pflichtige
die nichtbürgerlichen ansässigen Meester schlössen. Deren Zahl belief sich in den
blühenden Zeiten der Stadt ans 45,000, also auf die Hälfte der Bürger. Spä¬
ter stellte man indessen auch die Meester, ja sogar die nichtansässigen Frem¬
den in die Feldtruppen ein. Nur Hippeis konnten sie nicht werden.

Die attische Reiterei nahm guten Ausschwung. Außer den 1000 Rittern
gehörten zu ihr 200 Hippvtoxoten, berittene Bogenschützen, die sich ent¬
weder aus Söldnern oder ans Staatssklaven ergänzten. -- Durchweg aus
Sklaven setzten sich die Abtheilungen der sog. Skythen zusammen, 1000
Bogenschützen z. F., welche als Polizeimannschaft dienten, zuweilen jedoch auch
im Kriege gebraucht wurden.

Das lakedämonische Heerweesen richtete sich unter dem Einflüsse der
langdauernden Kämpfe derart ein, daß sich der nach Umständen verschieden
starke Auszug leicht formtreu ließ. -- Aus jeder der 6 Moren wurden nämlich
je 2 Löcher, 500 bis 600 Mann stark, für den Feldkrieg bestimmt. Die erste
derselben suchte man so viel als möglich ganz aus Spartiaten zusammenzu¬
setzen; die zweite dagegen bestand ans Perivken, und nur der Rahmen der
Befehlshaber war dorischen Ursprungs. -- Der dritte und vierte Lochos jeder
Mora ward für den Besatznngsdienst bestimmt. In ihnen bildeten ebenfalls
die Spartiaten, und zwar deren älteste und jüngste Jahrgänge, die Kadres,
welche im Fall des Gebrauchs mit Heiloten gefüllt wurden.

Ein gewöhnliches Aufgebot für den Feldkrieg scheint das der ersten Löcher
von 4 Moren gewesen zu sein; das nächst stärkere war das von 6 Löcher,
also der ersten Löcher aller Moren; der stärkste Auszug umfaßte 12 Löcher,
nämlich die zwei ersten jeder Mora. Insofern ein König das Heer führt und
der Krieg auf griechischem Boden spielt, tritt dann noch die Elite der Hippeis
als siebenter oder dreizehnter Lochos der Hopliten hinzu.

Der Polemarch der Mora zieht jedesmal in's Feld, auch wenn nur eine
seiner Löcher ausrückt. Er führt den taktischen und administrativen Befehl
undkommandirt auch die dem Lochos beigegebene Reiterei, während der Lochage
eben nur das Fußvolk seines Lochos befehligt.

Die Verminderung der Zahl der Spartiaten dnrch das große Erdbeben
v. I. 405 und das gemeinsame Interesse, welches damals Spartiaten und


nie, ein starkes Landungsheer nach Lat'villa zu senden, weil die weiten Be¬
festigungsanlagen Athens eine sehr starke Besatzung erheischten.

Aus der Masse der Hopliten jeder Phyle ward für jeden besonderen
Feldzug das Auszugsbataillon, „Taxis" oder auch schlichtweg „Phyle" genannt,
herausgezogen; es war durchschnittlich 600 Mann stark. Der Rest der kriegs¬
pflichtigen Mannschaft des Phylenbezirks bildete den Kern der Stadt-Besatzung,
an den sich freiwillig Veteranen und zuweilen auch Knaben, sowie als Pflichtige
die nichtbürgerlichen ansässigen Meester schlössen. Deren Zahl belief sich in den
blühenden Zeiten der Stadt ans 45,000, also auf die Hälfte der Bürger. Spä¬
ter stellte man indessen auch die Meester, ja sogar die nichtansässigen Frem¬
den in die Feldtruppen ein. Nur Hippeis konnten sie nicht werden.

Die attische Reiterei nahm guten Ausschwung. Außer den 1000 Rittern
gehörten zu ihr 200 Hippvtoxoten, berittene Bogenschützen, die sich ent¬
weder aus Söldnern oder ans Staatssklaven ergänzten. — Durchweg aus
Sklaven setzten sich die Abtheilungen der sog. Skythen zusammen, 1000
Bogenschützen z. F., welche als Polizeimannschaft dienten, zuweilen jedoch auch
im Kriege gebraucht wurden.

Das lakedämonische Heerweesen richtete sich unter dem Einflüsse der
langdauernden Kämpfe derart ein, daß sich der nach Umständen verschieden
starke Auszug leicht formtreu ließ. — Aus jeder der 6 Moren wurden nämlich
je 2 Löcher, 500 bis 600 Mann stark, für den Feldkrieg bestimmt. Die erste
derselben suchte man so viel als möglich ganz aus Spartiaten zusammenzu¬
setzen; die zweite dagegen bestand ans Perivken, und nur der Rahmen der
Befehlshaber war dorischen Ursprungs. — Der dritte und vierte Lochos jeder
Mora ward für den Besatznngsdienst bestimmt. In ihnen bildeten ebenfalls
die Spartiaten, und zwar deren älteste und jüngste Jahrgänge, die Kadres,
welche im Fall des Gebrauchs mit Heiloten gefüllt wurden.

Ein gewöhnliches Aufgebot für den Feldkrieg scheint das der ersten Löcher
von 4 Moren gewesen zu sein; das nächst stärkere war das von 6 Löcher,
also der ersten Löcher aller Moren; der stärkste Auszug umfaßte 12 Löcher,
nämlich die zwei ersten jeder Mora. Insofern ein König das Heer führt und
der Krieg auf griechischem Boden spielt, tritt dann noch die Elite der Hippeis
als siebenter oder dreizehnter Lochos der Hopliten hinzu.

Der Polemarch der Mora zieht jedesmal in's Feld, auch wenn nur eine
seiner Löcher ausrückt. Er führt den taktischen und administrativen Befehl
undkommandirt auch die dem Lochos beigegebene Reiterei, während der Lochage
eben nur das Fußvolk seines Lochos befehligt.

Die Verminderung der Zahl der Spartiaten dnrch das große Erdbeben
v. I. 405 und das gemeinsame Interesse, welches damals Spartiaten und


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[0215] nie, ein starkes Landungsheer nach Lat'villa zu senden, weil die weiten Be¬ festigungsanlagen Athens eine sehr starke Besatzung erheischten. Aus der Masse der Hopliten jeder Phyle ward für jeden besonderen Feldzug das Auszugsbataillon, „Taxis" oder auch schlichtweg „Phyle" genannt, herausgezogen; es war durchschnittlich 600 Mann stark. Der Rest der kriegs¬ pflichtigen Mannschaft des Phylenbezirks bildete den Kern der Stadt-Besatzung, an den sich freiwillig Veteranen und zuweilen auch Knaben, sowie als Pflichtige die nichtbürgerlichen ansässigen Meester schlössen. Deren Zahl belief sich in den blühenden Zeiten der Stadt ans 45,000, also auf die Hälfte der Bürger. Spä¬ ter stellte man indessen auch die Meester, ja sogar die nichtansässigen Frem¬ den in die Feldtruppen ein. Nur Hippeis konnten sie nicht werden. Die attische Reiterei nahm guten Ausschwung. Außer den 1000 Rittern gehörten zu ihr 200 Hippvtoxoten, berittene Bogenschützen, die sich ent¬ weder aus Söldnern oder ans Staatssklaven ergänzten. — Durchweg aus Sklaven setzten sich die Abtheilungen der sog. Skythen zusammen, 1000 Bogenschützen z. F., welche als Polizeimannschaft dienten, zuweilen jedoch auch im Kriege gebraucht wurden. Das lakedämonische Heerweesen richtete sich unter dem Einflüsse der langdauernden Kämpfe derart ein, daß sich der nach Umständen verschieden starke Auszug leicht formtreu ließ. — Aus jeder der 6 Moren wurden nämlich je 2 Löcher, 500 bis 600 Mann stark, für den Feldkrieg bestimmt. Die erste derselben suchte man so viel als möglich ganz aus Spartiaten zusammenzu¬ setzen; die zweite dagegen bestand ans Perivken, und nur der Rahmen der Befehlshaber war dorischen Ursprungs. — Der dritte und vierte Lochos jeder Mora ward für den Besatznngsdienst bestimmt. In ihnen bildeten ebenfalls die Spartiaten, und zwar deren älteste und jüngste Jahrgänge, die Kadres, welche im Fall des Gebrauchs mit Heiloten gefüllt wurden. Ein gewöhnliches Aufgebot für den Feldkrieg scheint das der ersten Löcher von 4 Moren gewesen zu sein; das nächst stärkere war das von 6 Löcher, also der ersten Löcher aller Moren; der stärkste Auszug umfaßte 12 Löcher, nämlich die zwei ersten jeder Mora. Insofern ein König das Heer führt und der Krieg auf griechischem Boden spielt, tritt dann noch die Elite der Hippeis als siebenter oder dreizehnter Lochos der Hopliten hinzu. Der Polemarch der Mora zieht jedesmal in's Feld, auch wenn nur eine seiner Löcher ausrückt. Er führt den taktischen und administrativen Befehl undkommandirt auch die dem Lochos beigegebene Reiterei, während der Lochage eben nur das Fußvolk seines Lochos befehligt. Die Verminderung der Zahl der Spartiaten dnrch das große Erdbeben v. I. 405 und das gemeinsame Interesse, welches damals Spartiaten und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/215>, abgerufen am 27.09.2024.