Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.gemäß dem Versuch, weibliche Klosterschulen an Stelle der konfessionell ge¬ Der Herbst brachte die Erncnerungs- und Ergänzungswahlen für die gemäß dem Versuch, weibliche Klosterschulen an Stelle der konfessionell ge¬ Der Herbst brachte die Erncnerungs- und Ergänzungswahlen für die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0163" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139456"/> <p xml:id="ID_468" prev="#ID_467"> gemäß dem Versuch, weibliche Klosterschulen an Stelle der konfessionell ge¬<lb/> mischten Voksschule zu setzen, mit Entschiedenheit entgegentreten, und es erfolgte,<lb/> wo die Lehrfrauen ihre Mitwirkung bei dem Unterricht an einer allen Bekennt¬<lb/> nisse gemeinschaftlichen Volksschule versagten, die Auflösung der betreffenden<lb/> Lehrinstitute (Rastatt, Freiburg, Bruchsnl) und auf Grund der Bestimmungen<lb/> des Stiftungsgesetzes die Zuwendung des Vermögens der aufgehobenen Korpora¬<lb/> tionen an die betheiligten Gemeinden als weltliche Stiftung für den Unterricht<lb/> der katholischen weiblichen Jugend' dieser Städte. Den Lehrfranen wurden<lb/> Unterhaltungsrenten zugewiesen. Mit Ausnahme dieser wenigen Fälle und<lb/> einiger stellenweise vorgekommener kleiner Widerwärtigkeiten, hat sich die Um¬<lb/> wandlung der konfessionellen Volksschulen in konfessionell gemischte Lehranstalten<lb/> in aller Ruhe vollzogen, ohne eine Spur von Aufregung bei der Bevölkerung,<lb/> soweit dieselbe nicht künstlich fanatisirt wurde. Aber anch diese letztere Gäh-<lb/> rung hat nirgends lange vorgehalten, und wenn jetzt einzelne katholische Priester<lb/> in der Schule nicht mehr beten, weil es katholischen Christenkindern nicht zieme,<lb/> ein Gebet zu sprechen, welches protestantische oder gar israelitische Schulgenossen<lb/> anbeten könnten, so wird anch diese WmetA KimxliczitW die gemischte Schule<lb/> nicht aus den Angeln heben.</p><lb/> <p xml:id="ID_469" next="#ID_470"> Der Herbst brachte die Erncnerungs- und Ergänzungswahlen für die<lb/> Kreisversammlungen und den Landtag. Beide haben sich, soweit nicht (bei der<lb/> Landtagswahl) in einzelnen Wahlbezirken scharf ausgeprägte politische Gegen¬<lb/> sätze zur Wahlschlacht größere Kontigente in's Feld führten, unter äußerst<lb/> schwacher Betheiligung der Wahlberechtigten vollzogen. Wir glauben nicht fehl<lb/> zu gehen, wenn wir den Hauptgrund dieser Apathie in dem Umstand suchen,<lb/> daß der Druck der Geschäftsstockung große Kreise des Volkes in Unmuth und<lb/> Verdrossenheit ferne hält von der Bethätigung irgend anderer Interessen, als<lb/> derer, die zu der Magenfrage in direkter Beziehung flehen. Da die Kreisver¬<lb/> sammlungen sich fast ausschließlich mit wirihschaftlichen Interessen zu befassen<lb/> haben, so kommt bei diesen Wahlen der politische Standpunkt nicht hervorragend<lb/> in Betracht. Wir unterlassen deshalb, das Ergebniß der Wahlen in dieser<lb/> Richtung zu prüfen. Im Ganzen wird von den Kreistagswahlen gesagt werden<lb/> können, daß die Wahlkörper mit richtigem Verständniß die gerade für diese<lb/> Korporation geeigneten Leute herausfinden. — Zur zweiten Ständekammer<lb/> waren W Ernenerungs- bezw. Ergänznngswahlen zu vollziehen. Das Resultat<lb/> war, daß die Nativnalliberalen 27 Sitze erlangten, die Ultramontanen 5, und<lb/> daß (in Mannheim) ein „reichsfrenndlicher Demokrat gewühlt wurde. Ans die<lb/> kleine Einbuße der Ultramontanen zu Gunsten der Nationalliberalen (1 Sitz)<lb/> ist kein Gewicht zu legen. Daß die Deutsch-Konservativen, trotz eifrigster Agi¬<lb/> tation, insbesondere auch aus geistlichen Kreisen, leer ausgingen, zeigt abermals</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0163]
gemäß dem Versuch, weibliche Klosterschulen an Stelle der konfessionell ge¬
mischten Voksschule zu setzen, mit Entschiedenheit entgegentreten, und es erfolgte,
wo die Lehrfrauen ihre Mitwirkung bei dem Unterricht an einer allen Bekennt¬
nisse gemeinschaftlichen Volksschule versagten, die Auflösung der betreffenden
Lehrinstitute (Rastatt, Freiburg, Bruchsnl) und auf Grund der Bestimmungen
des Stiftungsgesetzes die Zuwendung des Vermögens der aufgehobenen Korpora¬
tionen an die betheiligten Gemeinden als weltliche Stiftung für den Unterricht
der katholischen weiblichen Jugend' dieser Städte. Den Lehrfranen wurden
Unterhaltungsrenten zugewiesen. Mit Ausnahme dieser wenigen Fälle und
einiger stellenweise vorgekommener kleiner Widerwärtigkeiten, hat sich die Um¬
wandlung der konfessionellen Volksschulen in konfessionell gemischte Lehranstalten
in aller Ruhe vollzogen, ohne eine Spur von Aufregung bei der Bevölkerung,
soweit dieselbe nicht künstlich fanatisirt wurde. Aber anch diese letztere Gäh-
rung hat nirgends lange vorgehalten, und wenn jetzt einzelne katholische Priester
in der Schule nicht mehr beten, weil es katholischen Christenkindern nicht zieme,
ein Gebet zu sprechen, welches protestantische oder gar israelitische Schulgenossen
anbeten könnten, so wird anch diese WmetA KimxliczitW die gemischte Schule
nicht aus den Angeln heben.
Der Herbst brachte die Erncnerungs- und Ergänzungswahlen für die
Kreisversammlungen und den Landtag. Beide haben sich, soweit nicht (bei der
Landtagswahl) in einzelnen Wahlbezirken scharf ausgeprägte politische Gegen¬
sätze zur Wahlschlacht größere Kontigente in's Feld führten, unter äußerst
schwacher Betheiligung der Wahlberechtigten vollzogen. Wir glauben nicht fehl
zu gehen, wenn wir den Hauptgrund dieser Apathie in dem Umstand suchen,
daß der Druck der Geschäftsstockung große Kreise des Volkes in Unmuth und
Verdrossenheit ferne hält von der Bethätigung irgend anderer Interessen, als
derer, die zu der Magenfrage in direkter Beziehung flehen. Da die Kreisver¬
sammlungen sich fast ausschließlich mit wirihschaftlichen Interessen zu befassen
haben, so kommt bei diesen Wahlen der politische Standpunkt nicht hervorragend
in Betracht. Wir unterlassen deshalb, das Ergebniß der Wahlen in dieser
Richtung zu prüfen. Im Ganzen wird von den Kreistagswahlen gesagt werden
können, daß die Wahlkörper mit richtigem Verständniß die gerade für diese
Korporation geeigneten Leute herausfinden. — Zur zweiten Ständekammer
waren W Ernenerungs- bezw. Ergänznngswahlen zu vollziehen. Das Resultat
war, daß die Nativnalliberalen 27 Sitze erlangten, die Ultramontanen 5, und
daß (in Mannheim) ein „reichsfrenndlicher Demokrat gewühlt wurde. Ans die
kleine Einbuße der Ultramontanen zu Gunsten der Nationalliberalen (1 Sitz)
ist kein Gewicht zu legen. Daß die Deutsch-Konservativen, trotz eifrigster Agi¬
tation, insbesondere auch aus geistlichen Kreisen, leer ausgingen, zeigt abermals
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