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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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künstlichste Vermehrung der Ruderzahl ersonnen und eingeführt wurde.*)
Während des peloponnesischen Krieges bestanden die Orlogsflvtten schon durchweg
aus Trierer, d. h. Schiffen mit 3 Rnderreihen übereinander.

Die Grundlage des Baues bildete ein Kiel**) und über diesem das Kol-
schwimm, in welches die "Spanten" oder Rippen eingefügt waren. Jedes
Paar einander gegenüber stehender Rippen bildete einen "Spann" und war
oben durch eiuen Querbalken verbunden, der das Oberdeck trug. Bei größeren
Schiffen wurde auch wohl ausnahmsweise ein Zwischendeck angebracht und dies
mit dem Raum und dem Oberdeck durch Luken verbunden. Doch war eine
solche Anlage uur bei beschränkter Zahl der Ruderer möglich und ist als sehr
ungewöhnlich anzusehen. -- Die Kajüte" hielt man nämlich während des
ganzen Alterthums für übertriebenen Luxus, den sich nur übermüthige Tyrannen
oder geldprotzige Kaufleute gestatteten. Plutarch rügt es z. B. als ein Zeichen
der Verweichlichung des Alkibiades, daß dieser sich das Verdeck habe ausschneiden
lassen, um sein Bett nicht auf die harten Bretter legen zu müssen, sondern es
in Riemen hängen zu können. So ergiebt sich also für die bei Weitem größte
Zahl der griechischen Fahrzeuge und besonders für die Orlogsschiffe nur die
Zweitheilung: Schiffs deck und Schiffsraum.

Im unteren Raume befanden sich Ballast und Pumpe; das Oberdeck faßte
ein meist durchbrochener Bord ein. -- Die dem Vorder- und Achtersteven zu¬
nächst liegenden Rippen, die Bnghölzer, erhielten eine mehr und mehr nach
vorn oder hinten gerichtete Stellung und bildeten das Vorschiff (prors,) und
das Achterschiff (pi^um-z, oder MMis). Diese Theile des Fahrzeugs trugen je
ein kleines Halbdeck; das Back oder Vorkastell und die Schanze oder Quater-
deck. Abweichend von den Schiffen der späteren Zeit erscheinen Vor- und
Achterschiff bei den antiken Fahrzeugen in ihrer Konstruktion wesentlich gleich.

Das ganze Schiffsgerüst war mit Planken übernagelt und innen durch
Holzverbäude verstärkt. Außerdem ward das Fahrzeug unterhalb der Wasser¬
linie mit wenigstens drei bis vier starken S es n ü rtaue n (Hypozomata) umgürtet,
um ihre Flanken gegen allzustarken Wogenschlag zu sichern: ein Verfahren,
auf das mau neuerdings bei sehr angegriffenen Schiffen mit Erfolg zurück¬
gekommen ist.***) Etwas tiefer als das Oberdeck, dicht über den obersten
Ruderpforten jeder Langseite lief ein selteng aug, welcher bei den eigentlichen





*) Borgs, für das Folgende bes.: Böckh "Urkunden über das Seewesen des attischen
Staates." Mir 18 Tafeln. Berlin 1840, sowie Guhl u. Koner "Das Leben der Griechen
und Römer. Berlin 1876.
Das Beschälen des Kiclbalkens mit Boten u. s. w., um ihn gegen Klippen und
Felsen zu sichern, gehört zu den seemännischen Erfindungen der themistoklcischen Zeit (Köpke
a. a, O.)."
Göll "Kulturbilder aus Hellas und Rom. Leipzig 1877. Eine Bronze im Amel-

künstlichste Vermehrung der Ruderzahl ersonnen und eingeführt wurde.*)
Während des peloponnesischen Krieges bestanden die Orlogsflvtten schon durchweg
aus Trierer, d. h. Schiffen mit 3 Rnderreihen übereinander.

Die Grundlage des Baues bildete ein Kiel**) und über diesem das Kol-
schwimm, in welches die „Spanten" oder Rippen eingefügt waren. Jedes
Paar einander gegenüber stehender Rippen bildete einen „Spann" und war
oben durch eiuen Querbalken verbunden, der das Oberdeck trug. Bei größeren
Schiffen wurde auch wohl ausnahmsweise ein Zwischendeck angebracht und dies
mit dem Raum und dem Oberdeck durch Luken verbunden. Doch war eine
solche Anlage uur bei beschränkter Zahl der Ruderer möglich und ist als sehr
ungewöhnlich anzusehen. — Die Kajüte« hielt man nämlich während des
ganzen Alterthums für übertriebenen Luxus, den sich nur übermüthige Tyrannen
oder geldprotzige Kaufleute gestatteten. Plutarch rügt es z. B. als ein Zeichen
der Verweichlichung des Alkibiades, daß dieser sich das Verdeck habe ausschneiden
lassen, um sein Bett nicht auf die harten Bretter legen zu müssen, sondern es
in Riemen hängen zu können. So ergiebt sich also für die bei Weitem größte
Zahl der griechischen Fahrzeuge und besonders für die Orlogsschiffe nur die
Zweitheilung: Schiffs deck und Schiffsraum.

Im unteren Raume befanden sich Ballast und Pumpe; das Oberdeck faßte
ein meist durchbrochener Bord ein. — Die dem Vorder- und Achtersteven zu¬
nächst liegenden Rippen, die Bnghölzer, erhielten eine mehr und mehr nach
vorn oder hinten gerichtete Stellung und bildeten das Vorschiff (prors,) und
das Achterschiff (pi^um-z, oder MMis). Diese Theile des Fahrzeugs trugen je
ein kleines Halbdeck; das Back oder Vorkastell und die Schanze oder Quater-
deck. Abweichend von den Schiffen der späteren Zeit erscheinen Vor- und
Achterschiff bei den antiken Fahrzeugen in ihrer Konstruktion wesentlich gleich.

Das ganze Schiffsgerüst war mit Planken übernagelt und innen durch
Holzverbäude verstärkt. Außerdem ward das Fahrzeug unterhalb der Wasser¬
linie mit wenigstens drei bis vier starken S es n ü rtaue n (Hypozomata) umgürtet,
um ihre Flanken gegen allzustarken Wogenschlag zu sichern: ein Verfahren,
auf das mau neuerdings bei sehr angegriffenen Schiffen mit Erfolg zurück¬
gekommen ist.***) Etwas tiefer als das Oberdeck, dicht über den obersten
Ruderpforten jeder Langseite lief ein selteng aug, welcher bei den eigentlichen





*) Borgs, für das Folgende bes.: Böckh „Urkunden über das Seewesen des attischen
Staates." Mir 18 Tafeln. Berlin 1840, sowie Guhl u. Koner „Das Leben der Griechen
und Römer. Berlin 1876.
Das Beschälen des Kiclbalkens mit Boten u. s. w., um ihn gegen Klippen und
Felsen zu sichern, gehört zu den seemännischen Erfindungen der themistoklcischen Zeit (Köpke
a. a, O.)."
Göll „Kulturbilder aus Hellas und Rom. Leipzig 1877. Eine Bronze im Amel-
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/138>, abgerufen am 27.09.2024.