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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Der Bericht des General-Postmeisters Key weist wiederum ein Defizit,
d. h. einen Ueberschuß der Ausgaben über die Einnahmen, von mehr als
5 Millionen Doll. auf. Was Herr Key zur Förderung des Postdienstes vor¬
zuschlagen hat, wird durch den Präsidenten dem Kongresse angelegentlich em¬
pfohlen. Ebenso befürwortet Hayes die Vorschläge des General-Urwalds in
Bezug auf das Justizdepartement, so z. B. die Ernennung weiterer
Bundesrichter oder die Kreirung eines neuen Apellations-Gerichtshofes, um
die Erledigung der Geschäfte, die sich über Gebühr aufgehäuft haben, besser
und schneller zu ermöglichen.

Von hoher Wichtigkeit ist, was der Minister des Innern, Karl Schurz,
in seinen Berichten über die Jndianerfrage, den Schutz der Wälder,
die Bewässerung des Wüstenlandes in den westlichen Unionsgebieten,
über die Pa eifie-Eisenb a du n. s. w. vorbringt. Herr Schurz findet z.B.,
daß man den Indianer nicht civilisiren kann, so lange man seine Lust zum
Jagen durch unlimitirte Waffen- und Munitionslieferungen ermuthigt. Der
besitzlose Jäger muß nach der Schurz'schen Ansicht allmählich in einen Ackers-
mann verwandelt werden; er muß weniger Pferde und dafür mehr Nutzvieh
besitzen. Manche Jndianerstämme werden voraussichtlich erst Hirte" und dann
Landwirthe werden. Dies scheint der natürliche Weg der Civilisation zu sein.
Sie beginnt mit dem Eigenthum und hört mit der Abschaffung desselben wieder
auf. Die Erfahrung hat gelehrt, daß man den Indianern, die mit irgend
einem Amte seitens der Union bekleidet werden, in den meisten Fällen unbe¬
dingtes Vertrauen schenken kann. An diese moralische Eigenschaft will Schurz
bei den von ihm proponirten Civilisationsversuchen angeknüpft wissen. Vor
allen Dingen verlangt er aber, daß man den Indianern gegenüber jederzeit
und in jeder Hinsicht Wort halte und daß man ihnen nichts verspreche, was
man nicht zu halten gesonnen sei oder zu halten vermöge. In diesen Worten
dürfte in der That der ganze Kern des Indianer-Problems liegen. Die von
Schurz gemachten Vorschläge sind gleichweit von einer romantischen Humanitäts¬
duselei, wie einer barbarischen Vernichtungspolitik entfernt. Es ist in der
Jndianerfrage von den Vereinigten Staaten viel gefrevelt worden und es wäre
wohl Zeit, daß in diesem wichtigen Verwaltungszweige, der schon so viel Geld
und Menschenleben gekostet hat, eine gründliche Reform einträte; allein bis
jetzt hat der Kongreß, obschon er die Indianer-Angelegenheiten schon so oft
berieth, nichts Gescheutes dabei herausgebracht. Die Schurz'schen Pläne sind
praktisch und ausführbar, der Präsident empfiehlt sie dringend; es muß nun
abgewartet werden, ob der Kongreß diesmal seine Schuldigkeit thun wird.

Was die Staatswäldereien anlangt, so weist Schurz unwiderleglich
nach, daß der Holzdiebstahl an vielen Orten der Union ein systematisch orga-


Der Bericht des General-Postmeisters Key weist wiederum ein Defizit,
d. h. einen Ueberschuß der Ausgaben über die Einnahmen, von mehr als
5 Millionen Doll. auf. Was Herr Key zur Förderung des Postdienstes vor¬
zuschlagen hat, wird durch den Präsidenten dem Kongresse angelegentlich em¬
pfohlen. Ebenso befürwortet Hayes die Vorschläge des General-Urwalds in
Bezug auf das Justizdepartement, so z. B. die Ernennung weiterer
Bundesrichter oder die Kreirung eines neuen Apellations-Gerichtshofes, um
die Erledigung der Geschäfte, die sich über Gebühr aufgehäuft haben, besser
und schneller zu ermöglichen.

Von hoher Wichtigkeit ist, was der Minister des Innern, Karl Schurz,
in seinen Berichten über die Jndianerfrage, den Schutz der Wälder,
die Bewässerung des Wüstenlandes in den westlichen Unionsgebieten,
über die Pa eifie-Eisenb a du n. s. w. vorbringt. Herr Schurz findet z.B.,
daß man den Indianer nicht civilisiren kann, so lange man seine Lust zum
Jagen durch unlimitirte Waffen- und Munitionslieferungen ermuthigt. Der
besitzlose Jäger muß nach der Schurz'schen Ansicht allmählich in einen Ackers-
mann verwandelt werden; er muß weniger Pferde und dafür mehr Nutzvieh
besitzen. Manche Jndianerstämme werden voraussichtlich erst Hirte» und dann
Landwirthe werden. Dies scheint der natürliche Weg der Civilisation zu sein.
Sie beginnt mit dem Eigenthum und hört mit der Abschaffung desselben wieder
auf. Die Erfahrung hat gelehrt, daß man den Indianern, die mit irgend
einem Amte seitens der Union bekleidet werden, in den meisten Fällen unbe¬
dingtes Vertrauen schenken kann. An diese moralische Eigenschaft will Schurz
bei den von ihm proponirten Civilisationsversuchen angeknüpft wissen. Vor
allen Dingen verlangt er aber, daß man den Indianern gegenüber jederzeit
und in jeder Hinsicht Wort halte und daß man ihnen nichts verspreche, was
man nicht zu halten gesonnen sei oder zu halten vermöge. In diesen Worten
dürfte in der That der ganze Kern des Indianer-Problems liegen. Die von
Schurz gemachten Vorschläge sind gleichweit von einer romantischen Humanitäts¬
duselei, wie einer barbarischen Vernichtungspolitik entfernt. Es ist in der
Jndianerfrage von den Vereinigten Staaten viel gefrevelt worden und es wäre
wohl Zeit, daß in diesem wichtigen Verwaltungszweige, der schon so viel Geld
und Menschenleben gekostet hat, eine gründliche Reform einträte; allein bis
jetzt hat der Kongreß, obschon er die Indianer-Angelegenheiten schon so oft
berieth, nichts Gescheutes dabei herausgebracht. Die Schurz'schen Pläne sind
praktisch und ausführbar, der Präsident empfiehlt sie dringend; es muß nun
abgewartet werden, ob der Kongreß diesmal seine Schuldigkeit thun wird.

Was die Staatswäldereien anlangt, so weist Schurz unwiderleglich
nach, daß der Holzdiebstahl an vielen Orten der Union ein systematisch orga-


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[0119] Der Bericht des General-Postmeisters Key weist wiederum ein Defizit, d. h. einen Ueberschuß der Ausgaben über die Einnahmen, von mehr als 5 Millionen Doll. auf. Was Herr Key zur Förderung des Postdienstes vor¬ zuschlagen hat, wird durch den Präsidenten dem Kongresse angelegentlich em¬ pfohlen. Ebenso befürwortet Hayes die Vorschläge des General-Urwalds in Bezug auf das Justizdepartement, so z. B. die Ernennung weiterer Bundesrichter oder die Kreirung eines neuen Apellations-Gerichtshofes, um die Erledigung der Geschäfte, die sich über Gebühr aufgehäuft haben, besser und schneller zu ermöglichen. Von hoher Wichtigkeit ist, was der Minister des Innern, Karl Schurz, in seinen Berichten über die Jndianerfrage, den Schutz der Wälder, die Bewässerung des Wüstenlandes in den westlichen Unionsgebieten, über die Pa eifie-Eisenb a du n. s. w. vorbringt. Herr Schurz findet z.B., daß man den Indianer nicht civilisiren kann, so lange man seine Lust zum Jagen durch unlimitirte Waffen- und Munitionslieferungen ermuthigt. Der besitzlose Jäger muß nach der Schurz'schen Ansicht allmählich in einen Ackers- mann verwandelt werden; er muß weniger Pferde und dafür mehr Nutzvieh besitzen. Manche Jndianerstämme werden voraussichtlich erst Hirte» und dann Landwirthe werden. Dies scheint der natürliche Weg der Civilisation zu sein. Sie beginnt mit dem Eigenthum und hört mit der Abschaffung desselben wieder auf. Die Erfahrung hat gelehrt, daß man den Indianern, die mit irgend einem Amte seitens der Union bekleidet werden, in den meisten Fällen unbe¬ dingtes Vertrauen schenken kann. An diese moralische Eigenschaft will Schurz bei den von ihm proponirten Civilisationsversuchen angeknüpft wissen. Vor allen Dingen verlangt er aber, daß man den Indianern gegenüber jederzeit und in jeder Hinsicht Wort halte und daß man ihnen nichts verspreche, was man nicht zu halten gesonnen sei oder zu halten vermöge. In diesen Worten dürfte in der That der ganze Kern des Indianer-Problems liegen. Die von Schurz gemachten Vorschläge sind gleichweit von einer romantischen Humanitäts¬ duselei, wie einer barbarischen Vernichtungspolitik entfernt. Es ist in der Jndianerfrage von den Vereinigten Staaten viel gefrevelt worden und es wäre wohl Zeit, daß in diesem wichtigen Verwaltungszweige, der schon so viel Geld und Menschenleben gekostet hat, eine gründliche Reform einträte; allein bis jetzt hat der Kongreß, obschon er die Indianer-Angelegenheiten schon so oft berieth, nichts Gescheutes dabei herausgebracht. Die Schurz'schen Pläne sind praktisch und ausführbar, der Präsident empfiehlt sie dringend; es muß nun abgewartet werden, ob der Kongreß diesmal seine Schuldigkeit thun wird. Was die Staatswäldereien anlangt, so weist Schurz unwiderleglich nach, daß der Holzdiebstahl an vielen Orten der Union ein systematisch orga-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/119>, abgerufen am 27.09.2024.