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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Katalvgvs, der Mannschaft an, deren Wehrpflicht noch durchaus anf der solo-
nischen Verfassung beruhte. Jeder junge Bürger wurde bei der im 18. Jahre
erfolgenden Mündigsprechung an seine Verpflichtung zum Heerdienst erinnert,
einer körperlichen Prüfung unterworfen und nach der Einschreibung in das
Verzeichniß seiner Gaugenossen dem Volke im Theater vorgestellt. Dabei
wurde er mit Schild und Speer ausgerüstet und schwor einen Eid, durch den
er sich der Vertheidigung des Vaterlandes weihte. Vorbereitet wurde die
Jugend auf den Kriegsdienst durch Turnunterricht und Waffenübungen in den
Gymnasien und Palästren. -- Für jeden Gau. (Phyle) ward eine eigene
Musterrolle aufgestellt, die jedem Bürger zur Einsicht offen lag. Darin waren
die Leute nach den 42 Altersklassen vom 18. bis zum 60. Jahre zusammen¬
gestellt. Die beiden ersten Klassen vom 18. bis zum 20. Jahre waren nur
zum inländischen Dienste verpflichtet, und zwar auch im Frieden als Sicher¬
heitswächter, um sich in dieser Stellung, welche sie zu eifrigem Durchstreifen
der Landschaft nöthigte, auf den Krieg vorzubereiten. Für den Heeresauszng
geschah die Einberufung durch Volksbeschluß, der die Jahrgänge nam¬
haft machte, welche sich zu stellen hätten. -- Befreiung vom Kriegsdienste ge¬
nossen, außer den körperlich Unfähigen, die Mitglieder des Rathes und die
unabkömmlichen Beamten. Besonderer Berücksichtigung bei Dispensationen
hatten sich die Seehaudeltreibenden zu erfreuen. Im Anfange des pelopon-
nesischen Krieges stellte jede Phyle durchschnittlich 1300 Mann, bei Beginn
der Perserkriege jedoch wahrscheinlich erst 1000, und dem entspricht es, wenn
die Athener 10,000 Mann stark bei Marathon fechten.

Zu Anfang der Perserkriege war also eine Taxei oder Philni höchstens
1000 Mann stark. Ein solches Bataillon zerfiel dann wieder in Löcher oder
Kompagnien, und diese gliederten sich in Dekaden und Pentaden, Mannschafts¬
gruppen zu Zehner und Fünfen. Die Zahl der Löcher und ihre Stärke
richtete sich nach dein Umfang der jedesmaligen Aushebung.

Der Reiterei geschieht in der Periode der Perserkriege keine Erwähnung;
doch läßt sich aus ihrer späteren Gestaltung erkennen, daß auch ihre Entwickelung
stetig fortgeschritten war. Den Befehl über dieselbe führten zwei Hipparchen,
denen 10 Phylarchen untergeordnet waren. Diese Führer wurden durch Hand-
aufhebnng aus den beiden oberen Vermögensklassen gewählt. Die Gesammt-
zahl der Reiter war zur Perikleischen Zeit 1000, sodaß jede Phyle 100 stellte.
Fünfhundert führte immer einer der Hipparchen und hielt sie auch im Frieden
durch häufige Uebungen zusammen. Jeder Reiter wurde bei seiner Einstellung
geprüft, das Roß einer Schützung unterworfen und danach ein Equipirungs-
geld gezahlt. Zur Ration für das eigene Pferd und das des Knechtes empfing
jeder Ritter täglich etwa 3 Mark heutigen Geldes. Uebrigens erscheint die


Grenzboten I. 1878. 13

Katalvgvs, der Mannschaft an, deren Wehrpflicht noch durchaus anf der solo-
nischen Verfassung beruhte. Jeder junge Bürger wurde bei der im 18. Jahre
erfolgenden Mündigsprechung an seine Verpflichtung zum Heerdienst erinnert,
einer körperlichen Prüfung unterworfen und nach der Einschreibung in das
Verzeichniß seiner Gaugenossen dem Volke im Theater vorgestellt. Dabei
wurde er mit Schild und Speer ausgerüstet und schwor einen Eid, durch den
er sich der Vertheidigung des Vaterlandes weihte. Vorbereitet wurde die
Jugend auf den Kriegsdienst durch Turnunterricht und Waffenübungen in den
Gymnasien und Palästren. — Für jeden Gau. (Phyle) ward eine eigene
Musterrolle aufgestellt, die jedem Bürger zur Einsicht offen lag. Darin waren
die Leute nach den 42 Altersklassen vom 18. bis zum 60. Jahre zusammen¬
gestellt. Die beiden ersten Klassen vom 18. bis zum 20. Jahre waren nur
zum inländischen Dienste verpflichtet, und zwar auch im Frieden als Sicher¬
heitswächter, um sich in dieser Stellung, welche sie zu eifrigem Durchstreifen
der Landschaft nöthigte, auf den Krieg vorzubereiten. Für den Heeresauszng
geschah die Einberufung durch Volksbeschluß, der die Jahrgänge nam¬
haft machte, welche sich zu stellen hätten. — Befreiung vom Kriegsdienste ge¬
nossen, außer den körperlich Unfähigen, die Mitglieder des Rathes und die
unabkömmlichen Beamten. Besonderer Berücksichtigung bei Dispensationen
hatten sich die Seehaudeltreibenden zu erfreuen. Im Anfange des pelopon-
nesischen Krieges stellte jede Phyle durchschnittlich 1300 Mann, bei Beginn
der Perserkriege jedoch wahrscheinlich erst 1000, und dem entspricht es, wenn
die Athener 10,000 Mann stark bei Marathon fechten.

Zu Anfang der Perserkriege war also eine Taxei oder Philni höchstens
1000 Mann stark. Ein solches Bataillon zerfiel dann wieder in Löcher oder
Kompagnien, und diese gliederten sich in Dekaden und Pentaden, Mannschafts¬
gruppen zu Zehner und Fünfen. Die Zahl der Löcher und ihre Stärke
richtete sich nach dein Umfang der jedesmaligen Aushebung.

Der Reiterei geschieht in der Periode der Perserkriege keine Erwähnung;
doch läßt sich aus ihrer späteren Gestaltung erkennen, daß auch ihre Entwickelung
stetig fortgeschritten war. Den Befehl über dieselbe führten zwei Hipparchen,
denen 10 Phylarchen untergeordnet waren. Diese Führer wurden durch Hand-
aufhebnng aus den beiden oberen Vermögensklassen gewählt. Die Gesammt-
zahl der Reiter war zur Perikleischen Zeit 1000, sodaß jede Phyle 100 stellte.
Fünfhundert führte immer einer der Hipparchen und hielt sie auch im Frieden
durch häufige Uebungen zusammen. Jeder Reiter wurde bei seiner Einstellung
geprüft, das Roß einer Schützung unterworfen und danach ein Equipirungs-
geld gezahlt. Zur Ration für das eigene Pferd und das des Knechtes empfing
jeder Ritter täglich etwa 3 Mark heutigen Geldes. Uebrigens erscheint die


Grenzboten I. 1878. 13
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[0105] Katalvgvs, der Mannschaft an, deren Wehrpflicht noch durchaus anf der solo- nischen Verfassung beruhte. Jeder junge Bürger wurde bei der im 18. Jahre erfolgenden Mündigsprechung an seine Verpflichtung zum Heerdienst erinnert, einer körperlichen Prüfung unterworfen und nach der Einschreibung in das Verzeichniß seiner Gaugenossen dem Volke im Theater vorgestellt. Dabei wurde er mit Schild und Speer ausgerüstet und schwor einen Eid, durch den er sich der Vertheidigung des Vaterlandes weihte. Vorbereitet wurde die Jugend auf den Kriegsdienst durch Turnunterricht und Waffenübungen in den Gymnasien und Palästren. — Für jeden Gau. (Phyle) ward eine eigene Musterrolle aufgestellt, die jedem Bürger zur Einsicht offen lag. Darin waren die Leute nach den 42 Altersklassen vom 18. bis zum 60. Jahre zusammen¬ gestellt. Die beiden ersten Klassen vom 18. bis zum 20. Jahre waren nur zum inländischen Dienste verpflichtet, und zwar auch im Frieden als Sicher¬ heitswächter, um sich in dieser Stellung, welche sie zu eifrigem Durchstreifen der Landschaft nöthigte, auf den Krieg vorzubereiten. Für den Heeresauszng geschah die Einberufung durch Volksbeschluß, der die Jahrgänge nam¬ haft machte, welche sich zu stellen hätten. — Befreiung vom Kriegsdienste ge¬ nossen, außer den körperlich Unfähigen, die Mitglieder des Rathes und die unabkömmlichen Beamten. Besonderer Berücksichtigung bei Dispensationen hatten sich die Seehaudeltreibenden zu erfreuen. Im Anfange des pelopon- nesischen Krieges stellte jede Phyle durchschnittlich 1300 Mann, bei Beginn der Perserkriege jedoch wahrscheinlich erst 1000, und dem entspricht es, wenn die Athener 10,000 Mann stark bei Marathon fechten. Zu Anfang der Perserkriege war also eine Taxei oder Philni höchstens 1000 Mann stark. Ein solches Bataillon zerfiel dann wieder in Löcher oder Kompagnien, und diese gliederten sich in Dekaden und Pentaden, Mannschafts¬ gruppen zu Zehner und Fünfen. Die Zahl der Löcher und ihre Stärke richtete sich nach dein Umfang der jedesmaligen Aushebung. Der Reiterei geschieht in der Periode der Perserkriege keine Erwähnung; doch läßt sich aus ihrer späteren Gestaltung erkennen, daß auch ihre Entwickelung stetig fortgeschritten war. Den Befehl über dieselbe führten zwei Hipparchen, denen 10 Phylarchen untergeordnet waren. Diese Führer wurden durch Hand- aufhebnng aus den beiden oberen Vermögensklassen gewählt. Die Gesammt- zahl der Reiter war zur Perikleischen Zeit 1000, sodaß jede Phyle 100 stellte. Fünfhundert führte immer einer der Hipparchen und hielt sie auch im Frieden durch häufige Uebungen zusammen. Jeder Reiter wurde bei seiner Einstellung geprüft, das Roß einer Schützung unterworfen und danach ein Equipirungs- geld gezahlt. Zur Ration für das eigene Pferd und das des Knechtes empfing jeder Ritter täglich etwa 3 Mark heutigen Geldes. Uebrigens erscheint die Grenzboten I. 1878. 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/105>, abgerufen am 27.09.2024.