Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.keinen Grundbesitz hatten: Kaufleute, Handwerker, Seefahrer und Fischer, also Solons Einrichtung hatte zur Folge, daß die schwersten Lasten des Kriegs¬ keinen Grundbesitz hatten: Kaufleute, Handwerker, Seefahrer und Fischer, also Solons Einrichtung hatte zur Folge, daß die schwersten Lasten des Kriegs¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139395"/> <p xml:id="ID_281" prev="#ID_280"> keinen Grundbesitz hatten: Kaufleute, Handwerker, Seefahrer und Fischer, also<lb/> auch das ganze Stadtvvlk, etwa der vierte Theil der stimmfähigen Bürger¬<lb/> schaft. Nur im Falle der Invasion sollte die vierte Klasse leichtbewaffnet als<lb/> Landwehr Dienste thun. — Die dritte Klasse bestand aus denjenigen Bauern,<lb/> deren Grundbesitz zwischen 150 und 300 Medimnen Ertrag brachte und die<lb/> wenigstens ein Maulthiergespann (Zeugos) besaßen. Nach diesem Gespann<lb/> hießen sie „Zeugiten." Solche kräftigen, arbeitsgewvhnten Männer, welche<lb/> mindestens die Hälfte der gesammten attischem Bürgerschaft ausmachten, wurden<lb/> verpflichtet als Hopliten zu dienen. Zu diesem Zweck mußten die Bauern<lb/> Rüstungen anschaffen und einen ihrer Knechte als Schildknappen mit in's Feld<lb/> nehmen. — Die nächst höhere Klasse, die zweite, bildeten Diejenigen, deren<lb/> Grundbesitz mehr als 300 und weniger als 500 Medimnen Ertrag gewährte.<lb/> Sie umfaßte den minder begüterten Adel, und ihre Glieder führten den Namen<lb/> der Hipp eis, der Ritter. Sie hatten ein Streitroß zu halten und ein zweites<lb/> Pferd für den Knecht, wurden jedoch selten zum Neiterdieuste aufgeboten,<lb/> sondern weit öfter als Hopliten. Nur 96 wirkliche Reiter soll das attische Heer<lb/> zu Solons Zeit im Felde gezählt haben. — Die erste Klasse endlich bildete<lb/> der reiche Adel, dessen Gutsertrag mehr als 500 Medimnen betrug. Diesen<lb/> Fünfhundertscheffelmännern (Pentekosiomedimnen) wurde fortan allein die Sorge<lb/> für die Flotte auferlegt; sie sollten die 48 Trierer des Staates erhalten und<lb/> ausrüsten. Für ein solches in der That großes Opfer waren aber anch die<lb/> höchsten Staatsämter nur dieser ersten Abtheilung des Volkes vorbehalten.<lb/> Gewählt wurden jedoch die Archonten nicht mehr wie bisher vom Adel, son-<lb/> dern vou allen freien Bürgern. Sie waren für das Amtsjahr vom Kriegs¬<lb/> dienste frei. Die Zahl der den Heiden obersten Klassen angehörigen Familien<lb/> mag 1500 bis 2000 betragen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_282" next="#ID_283"> Solons Einrichtung hatte zur Folge, daß die schwersten Lasten des Kriegs¬<lb/> wesens: Reiterdienst und Flottenerhnltnng, ausschließlich dem Adel zufielen,<lb/> daß die wohlhabenderen Bauern die Waffen in die Hand bekamen, während<lb/> die Kleinbauern, die Handwerker, die Tagelöhner vom Kriegsdienste verschont<lb/> blieben. Uebrigens wurde der Kriegsdienst, wie jeder Staatsdienst, unentgeld-<lb/> lich geleistet, und hieraus erklärt sich anch das Vorrecht der Reichen auf die<lb/> hohen Aemter. Solon ging von der Ueberzeugung ans, daß nnr größerer<lb/> Landbesitz diejenige Muße und Sorgenfreiheit gewähre, welche für jeden noth¬<lb/> wendig sei, der Staatsgeschäfte leiten wolle. Damit aber die großen Güter<lb/> nicht übermäßig zunahmen und dadurch die Zahl der Freibauern, der Hopliten,<lb/> beschränkt werde, setzte er ein Maximalmaß des Grundbesitzes in Attika fest.<lb/> — Alles in Allem muß man anerkennen, daß nur ein Vorrecht an die Stelle<lb/> des andern, das Privilegium des Grundbesitzes an Stelle des Privilegiums</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
keinen Grundbesitz hatten: Kaufleute, Handwerker, Seefahrer und Fischer, also
auch das ganze Stadtvvlk, etwa der vierte Theil der stimmfähigen Bürger¬
schaft. Nur im Falle der Invasion sollte die vierte Klasse leichtbewaffnet als
Landwehr Dienste thun. — Die dritte Klasse bestand aus denjenigen Bauern,
deren Grundbesitz zwischen 150 und 300 Medimnen Ertrag brachte und die
wenigstens ein Maulthiergespann (Zeugos) besaßen. Nach diesem Gespann
hießen sie „Zeugiten." Solche kräftigen, arbeitsgewvhnten Männer, welche
mindestens die Hälfte der gesammten attischem Bürgerschaft ausmachten, wurden
verpflichtet als Hopliten zu dienen. Zu diesem Zweck mußten die Bauern
Rüstungen anschaffen und einen ihrer Knechte als Schildknappen mit in's Feld
nehmen. — Die nächst höhere Klasse, die zweite, bildeten Diejenigen, deren
Grundbesitz mehr als 300 und weniger als 500 Medimnen Ertrag gewährte.
Sie umfaßte den minder begüterten Adel, und ihre Glieder führten den Namen
der Hipp eis, der Ritter. Sie hatten ein Streitroß zu halten und ein zweites
Pferd für den Knecht, wurden jedoch selten zum Neiterdieuste aufgeboten,
sondern weit öfter als Hopliten. Nur 96 wirkliche Reiter soll das attische Heer
zu Solons Zeit im Felde gezählt haben. — Die erste Klasse endlich bildete
der reiche Adel, dessen Gutsertrag mehr als 500 Medimnen betrug. Diesen
Fünfhundertscheffelmännern (Pentekosiomedimnen) wurde fortan allein die Sorge
für die Flotte auferlegt; sie sollten die 48 Trierer des Staates erhalten und
ausrüsten. Für ein solches in der That großes Opfer waren aber anch die
höchsten Staatsämter nur dieser ersten Abtheilung des Volkes vorbehalten.
Gewählt wurden jedoch die Archonten nicht mehr wie bisher vom Adel, son-
dern vou allen freien Bürgern. Sie waren für das Amtsjahr vom Kriegs¬
dienste frei. Die Zahl der den Heiden obersten Klassen angehörigen Familien
mag 1500 bis 2000 betragen haben.
Solons Einrichtung hatte zur Folge, daß die schwersten Lasten des Kriegs¬
wesens: Reiterdienst und Flottenerhnltnng, ausschließlich dem Adel zufielen,
daß die wohlhabenderen Bauern die Waffen in die Hand bekamen, während
die Kleinbauern, die Handwerker, die Tagelöhner vom Kriegsdienste verschont
blieben. Uebrigens wurde der Kriegsdienst, wie jeder Staatsdienst, unentgeld-
lich geleistet, und hieraus erklärt sich anch das Vorrecht der Reichen auf die
hohen Aemter. Solon ging von der Ueberzeugung ans, daß nnr größerer
Landbesitz diejenige Muße und Sorgenfreiheit gewähre, welche für jeden noth¬
wendig sei, der Staatsgeschäfte leiten wolle. Damit aber die großen Güter
nicht übermäßig zunahmen und dadurch die Zahl der Freibauern, der Hopliten,
beschränkt werde, setzte er ein Maximalmaß des Grundbesitzes in Attika fest.
— Alles in Allem muß man anerkennen, daß nur ein Vorrecht an die Stelle
des andern, das Privilegium des Grundbesitzes an Stelle des Privilegiums
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