Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Line neue Ansicht vom Alter der Lrde und des
Menschengeschlechts.

Vor uns liegt in zweiter umgearbeiteter Auflage Friedrich Pfaff's
"Schöpfungsgeschichte mit besonderer Berücksichtigung des
biblischen Schöpfungsberichts" (Frankfurt a. M., Verlag von Heyder
u. Zimmer, 1877), ein Werk, das sich die Aufgabe stellt, erstens die Entstehung
und Entwickelung der sichtbaren Welt ihren Hauptzügen nach darzustellen, mit
andern Worten, die wichtigsten Ergebnisse astronomischer und geologischer For¬
schung übersichtlich mitzutheilen, zweitens aber durch sorgfältige Scheidung des
Sicheren unter diesen Ergebnissen von dem blos Wahrscheinlichen den Leser in
den Stand zu setzen, sich über gewisse Fragen ein Urtheil zu bilden, über
welche die Naturforscher uuter einander verschiedener Meinung sind, sowie
über andere, in Betreff deren seit alter Zeit die Naturforschung und die recht¬
gläubige Gottesgelahrtheit sich als unversöhnliche Gegnerinnen gegenüber stehen.
Der Versasser, Professor an der Universität Erlangen, macht den Versuch, nach¬
zuweisen, daß eine Versöhnung möglich sei, und dieser Versuch scheint uns
nicht gelungen. Recht wohlgelungen dagegen und recht beachtenswert!) ist
seine Zurückweisung der Fluth von naturphilosophischen Hypothesen, die mit
dem Auftreten der Darwinschen Theorie über uns hereingebrochen ist und
selbst die eigentliche Naturforschung so durchdrungen hat, daß man Ursache hat,
sogar deren Beobachtungen mit Vorsicht aufzunehmen. Seine Darstellung ver¬
fährt hier durchaus in wissenschaftlicher Weise, das heißt, sie zieht ihre Schlüsse
aus den sorgfältig ermittelten und geprüften Thatsachen, statt, wie das jetzt
leider nur zu oft geschieht, mit einer bereits fertigen Theorie an die That¬
sachen heranzutreten und diese nach ihr zu deuten, sie wohl oder übel in sie
hineinzupressen oder sie, wenn das durchaus nicht angeht, zu ignoriren. Wir
geben, um dies zu zeigen, einen Auszug aus einigen der letzten Abschnitte des
753 Seiten starken und mit zahlreichen Holzschnitten ausgestatteten Buches.


Grenzboten III. 1377. 1
Line neue Ansicht vom Alter der Lrde und des
Menschengeschlechts.

Vor uns liegt in zweiter umgearbeiteter Auflage Friedrich Pfaff's
„Schöpfungsgeschichte mit besonderer Berücksichtigung des
biblischen Schöpfungsberichts" (Frankfurt a. M., Verlag von Heyder
u. Zimmer, 1877), ein Werk, das sich die Aufgabe stellt, erstens die Entstehung
und Entwickelung der sichtbaren Welt ihren Hauptzügen nach darzustellen, mit
andern Worten, die wichtigsten Ergebnisse astronomischer und geologischer For¬
schung übersichtlich mitzutheilen, zweitens aber durch sorgfältige Scheidung des
Sicheren unter diesen Ergebnissen von dem blos Wahrscheinlichen den Leser in
den Stand zu setzen, sich über gewisse Fragen ein Urtheil zu bilden, über
welche die Naturforscher uuter einander verschiedener Meinung sind, sowie
über andere, in Betreff deren seit alter Zeit die Naturforschung und die recht¬
gläubige Gottesgelahrtheit sich als unversöhnliche Gegnerinnen gegenüber stehen.
Der Versasser, Professor an der Universität Erlangen, macht den Versuch, nach¬
zuweisen, daß eine Versöhnung möglich sei, und dieser Versuch scheint uns
nicht gelungen. Recht wohlgelungen dagegen und recht beachtenswert!) ist
seine Zurückweisung der Fluth von naturphilosophischen Hypothesen, die mit
dem Auftreten der Darwinschen Theorie über uns hereingebrochen ist und
selbst die eigentliche Naturforschung so durchdrungen hat, daß man Ursache hat,
sogar deren Beobachtungen mit Vorsicht aufzunehmen. Seine Darstellung ver¬
fährt hier durchaus in wissenschaftlicher Weise, das heißt, sie zieht ihre Schlüsse
aus den sorgfältig ermittelten und geprüften Thatsachen, statt, wie das jetzt
leider nur zu oft geschieht, mit einer bereits fertigen Theorie an die That¬
sachen heranzutreten und diese nach ihr zu deuten, sie wohl oder übel in sie
hineinzupressen oder sie, wenn das durchaus nicht angeht, zu ignoriren. Wir
geben, um dies zu zeigen, einen Auszug aus einigen der letzten Abschnitte des
753 Seiten starken und mit zahlreichen Holzschnitten ausgestatteten Buches.


Grenzboten III. 1377. 1
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0009" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138240"/>
            </div>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Line neue Ansicht vom Alter der Lrde und des<lb/>
Menschengeschlechts.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2"> Vor uns liegt in zweiter umgearbeiteter Auflage Friedrich Pfaff's<lb/>
&#x201E;Schöpfungsgeschichte mit besonderer Berücksichtigung des<lb/>
biblischen Schöpfungsberichts" (Frankfurt a. M., Verlag von Heyder<lb/>
u. Zimmer, 1877), ein Werk, das sich die Aufgabe stellt, erstens die Entstehung<lb/>
und Entwickelung der sichtbaren Welt ihren Hauptzügen nach darzustellen, mit<lb/>
andern Worten, die wichtigsten Ergebnisse astronomischer und geologischer For¬<lb/>
schung übersichtlich mitzutheilen, zweitens aber durch sorgfältige Scheidung des<lb/>
Sicheren unter diesen Ergebnissen von dem blos Wahrscheinlichen den Leser in<lb/>
den Stand zu setzen, sich über gewisse Fragen ein Urtheil zu bilden, über<lb/>
welche die Naturforscher uuter einander verschiedener Meinung sind, sowie<lb/>
über andere, in Betreff deren seit alter Zeit die Naturforschung und die recht¬<lb/>
gläubige Gottesgelahrtheit sich als unversöhnliche Gegnerinnen gegenüber stehen.<lb/>
Der Versasser, Professor an der Universität Erlangen, macht den Versuch, nach¬<lb/>
zuweisen, daß eine Versöhnung möglich sei, und dieser Versuch scheint uns<lb/>
nicht gelungen. Recht wohlgelungen dagegen und recht beachtenswert!) ist<lb/>
seine Zurückweisung der Fluth von naturphilosophischen Hypothesen, die mit<lb/>
dem Auftreten der Darwinschen Theorie über uns hereingebrochen ist und<lb/>
selbst die eigentliche Naturforschung so durchdrungen hat, daß man Ursache hat,<lb/>
sogar deren Beobachtungen mit Vorsicht aufzunehmen. Seine Darstellung ver¬<lb/>
fährt hier durchaus in wissenschaftlicher Weise, das heißt, sie zieht ihre Schlüsse<lb/>
aus den sorgfältig ermittelten und geprüften Thatsachen, statt, wie das jetzt<lb/>
leider nur zu oft geschieht, mit einer bereits fertigen Theorie an die That¬<lb/>
sachen heranzutreten und diese nach ihr zu deuten, sie wohl oder übel in sie<lb/>
hineinzupressen oder sie, wenn das durchaus nicht angeht, zu ignoriren. Wir<lb/>
geben, um dies zu zeigen, einen Auszug aus einigen der letzten Abschnitte des<lb/>
753 Seiten starken und mit zahlreichen Holzschnitten ausgestatteten Buches.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1377. 1</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0009] Line neue Ansicht vom Alter der Lrde und des Menschengeschlechts. Vor uns liegt in zweiter umgearbeiteter Auflage Friedrich Pfaff's „Schöpfungsgeschichte mit besonderer Berücksichtigung des biblischen Schöpfungsberichts" (Frankfurt a. M., Verlag von Heyder u. Zimmer, 1877), ein Werk, das sich die Aufgabe stellt, erstens die Entstehung und Entwickelung der sichtbaren Welt ihren Hauptzügen nach darzustellen, mit andern Worten, die wichtigsten Ergebnisse astronomischer und geologischer For¬ schung übersichtlich mitzutheilen, zweitens aber durch sorgfältige Scheidung des Sicheren unter diesen Ergebnissen von dem blos Wahrscheinlichen den Leser in den Stand zu setzen, sich über gewisse Fragen ein Urtheil zu bilden, über welche die Naturforscher uuter einander verschiedener Meinung sind, sowie über andere, in Betreff deren seit alter Zeit die Naturforschung und die recht¬ gläubige Gottesgelahrtheit sich als unversöhnliche Gegnerinnen gegenüber stehen. Der Versasser, Professor an der Universität Erlangen, macht den Versuch, nach¬ zuweisen, daß eine Versöhnung möglich sei, und dieser Versuch scheint uns nicht gelungen. Recht wohlgelungen dagegen und recht beachtenswert!) ist seine Zurückweisung der Fluth von naturphilosophischen Hypothesen, die mit dem Auftreten der Darwinschen Theorie über uns hereingebrochen ist und selbst die eigentliche Naturforschung so durchdrungen hat, daß man Ursache hat, sogar deren Beobachtungen mit Vorsicht aufzunehmen. Seine Darstellung ver¬ fährt hier durchaus in wissenschaftlicher Weise, das heißt, sie zieht ihre Schlüsse aus den sorgfältig ermittelten und geprüften Thatsachen, statt, wie das jetzt leider nur zu oft geschieht, mit einer bereits fertigen Theorie an die That¬ sachen heranzutreten und diese nach ihr zu deuten, sie wohl oder übel in sie hineinzupressen oder sie, wenn das durchaus nicht angeht, zu ignoriren. Wir geben, um dies zu zeigen, einen Auszug aus einigen der letzten Abschnitte des 753 Seiten starken und mit zahlreichen Holzschnitten ausgestatteten Buches. Grenzboten III. 1377. 1

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/9
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/9>, abgerufen am 28.09.2024.