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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Kapitel "Der Knmpfermcum im Pfeffer" (Raspail), "Rochefort redivivils" und
"die Vorschule der Commune" uus die Wortführer der rothen und socialen
Republik leibhaftig abmalen. Literarische Charakterbilder von besonderer Fein¬
heit liefern die Studien "Der Fürst der Kritik" (Jules Janin) und "Erckmcmn-
Chatrian, das Elsasser Dichterpaar."

Deu Schluß des Buches bilden Erinnerungen "ans den Tagen der Occu-
pation" und "aus dem Hauptquartier" (in Versailles), die im Ganzen etwas
polizeilich angehaucht sind -- Stieber spielt darin fast eine so große Rolle wie
Bismarck -- und wohl mehr zur Füllung gedient haben. Den Erinnerungen
aus der französischen Hauptstadt sind sie kaum an die Seite zu stellen. Auch
für die französischen Erinnerungen möchten wir dem Verfasser für eine neue
Auflage seines Buches, die wir wünschen, die Einheit im Tempus, und zwar
das Präteritum empfehlen. Es macht einen eigenen Eindruck, in den nach der
Zeitfolge der Ereignisse eingestellten Artikeln, bald Überarbeitungen von heute
und später wieder dem unvermittelter Plnsqnamperfektnm von Anno 1869 zu
begegnen.




Literatur.
Act ovi-k 1in"Zi>, KüK. IlitALAevsn clooi' O, .1. (t. Otten.^. I^e"znxvi>>rüon,
II, Kuixoi'K.

Wenn ein Friese studirt, sagt man in Schleswig-Holstein, so wird er
entweder sehr gescheit, oder er studirt sich einen Sparren in den Kopf und
richtet dann mehr oder minder groben Unfug an. Zu der letzteren Klasse der
studirten Friesen, die sich besonders an der Geschichte ihres Landes und Stammes
mit argen Fabeleien versündigt haben, scheint der Herausgeber des obigen
Buches zu gehören, und zwar ist das von ihm edirte Opus ein grober Unfug
ersten Grades. Mit andern Worten, wir haben es hier mit einer plumpen
literarischen Fälschung zu thun und mit einem Gelehrten, der diese Fälschung
trotz ihrer schlechten Mache für echt hält. Man erinnert sich Wagenseils und
seines falschen Sanchuniathon, der königinhofener Handschrift Hankas, des
Uranios des famosen Griechen Simonides, des "Buchs der Wilden", mit dem
sich der Abbe Domenech vor einigen Jahren so köstlich blamirte. Hier haben
wir ein Seitenstück zu diesen und ähnlichen Machwerken. Man höre, was
uns damit zu glauben zugemuthet wird. Das Buch will Bruchstücke der
Urgeschichte der Friesen geben und in seinem ersten Abschnitt von einer Fran


Kapitel „Der Knmpfermcum im Pfeffer" (Raspail), „Rochefort redivivils" und
„die Vorschule der Commune" uus die Wortführer der rothen und socialen
Republik leibhaftig abmalen. Literarische Charakterbilder von besonderer Fein¬
heit liefern die Studien „Der Fürst der Kritik" (Jules Janin) und „Erckmcmn-
Chatrian, das Elsasser Dichterpaar."

Deu Schluß des Buches bilden Erinnerungen „ans den Tagen der Occu-
pation" und „aus dem Hauptquartier" (in Versailles), die im Ganzen etwas
polizeilich angehaucht sind — Stieber spielt darin fast eine so große Rolle wie
Bismarck — und wohl mehr zur Füllung gedient haben. Den Erinnerungen
aus der französischen Hauptstadt sind sie kaum an die Seite zu stellen. Auch
für die französischen Erinnerungen möchten wir dem Verfasser für eine neue
Auflage seines Buches, die wir wünschen, die Einheit im Tempus, und zwar
das Präteritum empfehlen. Es macht einen eigenen Eindruck, in den nach der
Zeitfolge der Ereignisse eingestellten Artikeln, bald Überarbeitungen von heute
und später wieder dem unvermittelter Plnsqnamperfektnm von Anno 1869 zu
begegnen.




Literatur.
Act ovi-k 1in«Zi>, KüK. IlitALAevsn clooi' O, .1. (t. Otten.^. I^e«znxvi>>rüon,
II, Kuixoi'K.

Wenn ein Friese studirt, sagt man in Schleswig-Holstein, so wird er
entweder sehr gescheit, oder er studirt sich einen Sparren in den Kopf und
richtet dann mehr oder minder groben Unfug an. Zu der letzteren Klasse der
studirten Friesen, die sich besonders an der Geschichte ihres Landes und Stammes
mit argen Fabeleien versündigt haben, scheint der Herausgeber des obigen
Buches zu gehören, und zwar ist das von ihm edirte Opus ein grober Unfug
ersten Grades. Mit andern Worten, wir haben es hier mit einer plumpen
literarischen Fälschung zu thun und mit einem Gelehrten, der diese Fälschung
trotz ihrer schlechten Mache für echt hält. Man erinnert sich Wagenseils und
seines falschen Sanchuniathon, der königinhofener Handschrift Hankas, des
Uranios des famosen Griechen Simonides, des „Buchs der Wilden", mit dem
sich der Abbe Domenech vor einigen Jahren so köstlich blamirte. Hier haben
wir ein Seitenstück zu diesen und ähnlichen Machwerken. Man höre, was
uns damit zu glauben zugemuthet wird. Das Buch will Bruchstücke der
Urgeschichte der Friesen geben und in seinem ersten Abschnitt von einer Fran


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[0526] Kapitel „Der Knmpfermcum im Pfeffer" (Raspail), „Rochefort redivivils" und „die Vorschule der Commune" uus die Wortführer der rothen und socialen Republik leibhaftig abmalen. Literarische Charakterbilder von besonderer Fein¬ heit liefern die Studien „Der Fürst der Kritik" (Jules Janin) und „Erckmcmn- Chatrian, das Elsasser Dichterpaar." Deu Schluß des Buches bilden Erinnerungen „ans den Tagen der Occu- pation" und „aus dem Hauptquartier" (in Versailles), die im Ganzen etwas polizeilich angehaucht sind — Stieber spielt darin fast eine so große Rolle wie Bismarck — und wohl mehr zur Füllung gedient haben. Den Erinnerungen aus der französischen Hauptstadt sind sie kaum an die Seite zu stellen. Auch für die französischen Erinnerungen möchten wir dem Verfasser für eine neue Auflage seines Buches, die wir wünschen, die Einheit im Tempus, und zwar das Präteritum empfehlen. Es macht einen eigenen Eindruck, in den nach der Zeitfolge der Ereignisse eingestellten Artikeln, bald Überarbeitungen von heute und später wieder dem unvermittelter Plnsqnamperfektnm von Anno 1869 zu begegnen. Literatur. Act ovi-k 1in«Zi>, KüK. IlitALAevsn clooi' O, .1. (t. Otten.^. I^e«znxvi>>rüon, II, Kuixoi'K. Wenn ein Friese studirt, sagt man in Schleswig-Holstein, so wird er entweder sehr gescheit, oder er studirt sich einen Sparren in den Kopf und richtet dann mehr oder minder groben Unfug an. Zu der letzteren Klasse der studirten Friesen, die sich besonders an der Geschichte ihres Landes und Stammes mit argen Fabeleien versündigt haben, scheint der Herausgeber des obigen Buches zu gehören, und zwar ist das von ihm edirte Opus ein grober Unfug ersten Grades. Mit andern Worten, wir haben es hier mit einer plumpen literarischen Fälschung zu thun und mit einem Gelehrten, der diese Fälschung trotz ihrer schlechten Mache für echt hält. Man erinnert sich Wagenseils und seines falschen Sanchuniathon, der königinhofener Handschrift Hankas, des Uranios des famosen Griechen Simonides, des „Buchs der Wilden", mit dem sich der Abbe Domenech vor einigen Jahren so köstlich blamirte. Hier haben wir ein Seitenstück zu diesen und ähnlichen Machwerken. Man höre, was uns damit zu glauben zugemuthet wird. Das Buch will Bruchstücke der Urgeschichte der Friesen geben und in seinem ersten Abschnitt von einer Fran

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/526>, abgerufen am 28.09.2024.