Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.Ein von Zahnschmerzen geplagter Engländer schickt seinen Bedienten nach der Katechismus der Geschichte der Philosophie von Friedrich Kirchner. Verlag von I. I. Weber in Leipzig, 1877. Der Zweck dieses Buches ist, die Kenntniß der in ihm behandelten Wissen¬ Ein von Zahnschmerzen geplagter Engländer schickt seinen Bedienten nach der Katechismus der Geschichte der Philosophie von Friedrich Kirchner. Verlag von I. I. Weber in Leipzig, 1877. Der Zweck dieses Buches ist, die Kenntniß der in ihm behandelten Wissen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0487" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138718"/> <p xml:id="ID_1491" prev="#ID_1490"> Ein von Zahnschmerzen geplagter Engländer schickt seinen Bedienten nach der<lb/> Beste, um ihm einen spähn von dem dort verwahrten Lutherbett zu holen,<lb/> der ihn kuriren soll. Paddy bleibt aber beim Bier im „Zvllhofe" sitzen, und<lb/> und sein Herr fährt in seiner Qual aus der Haut. Beide müssen darauf<lb/> spuken gehen. Sie machen auf der Beste zunächst mit einem dort in der Rüst¬<lb/> kammer von seinem Pferde gestiegenen spanischen Ritter, dann mit dem dort<lb/> im Bilde hängenden langbärtigen Reichsfreiherrn v. Räuber Bekanntschaft, der<lb/> jenen Landsmann Don Qnixotes einst vor dem deutschen Kaiser in den Sack<lb/> gesteckt hat und das Deutschthum den Wälschen gegenüber vertreten zu sollen<lb/> scheint. Die vier Geister verbringen als gute Kameraden bei vielem Bier,<lb/> welches Paddy herbeischafft, eine Nacht in Johann Kasimir's Brautwagen.<lb/> Dann treten Luther undder Teufel, letzterer in Gestalt einer Ratte auf, desglei¬<lb/> chen ein Mönch, der den ultramontanen Geist repräsentirtund mit der Ratte zuletzt<lb/> von Luther auf so lange verbannt wird, bis der Teufel, der bis jetzt nur eine<lb/> Großmutter kennt, seine Mutter gefunden hat. Später schließt sich den Vieren<lb/> ein hölzerner König, das lebendig gewordene Gallionbild des bei Eckernförde<lb/> in die Luft geflogenen Linienschiffs „Christian der Achte" an, und es entwickelt<lb/> sich ein politischer Streit, der dem Dichter Gelegenheit zu biederen deutscheu<lb/> Aeußerungen giebt, die sich wiederholen, als die Geister von französischen Ka¬<lb/> nonen, die 1870 erobert worden, die Wiederaufrichtung des deutschen Reiches<lb/> verkündigen. Räuber, der deutsche Heldengeist, wird von Luther, dem Geist<lb/> der Freiheit, mit der Germania getraut. Alle Bilder der Beste steigen aus<lb/> ihren Rahmen und bilden den Hochzeitszug des Paares, anch alte Heidengötter,<lb/> die als Zierrath an den Wagen und Möbeln des Schlosses sitzen, schließen sich<lb/> an, u. s. w. Der Gedanke ist nicht übel, Heine hätte etwas recht Anmuthiges<lb/> daraus machen können, hier müssen wir uns, wie gesagt, meist mit dein guten<lb/> Willen begnügen. Die beigegebenen Holzschnitte entsprechen ungefähr dem<lb/> Werthe des Textes. Sie sind von dem Grafen Mensdorf-Pouilly und G.<lb/> Sundblad.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Katechismus der Geschichte der Philosophie von Friedrich Kirchner.<lb/> Verlag von I. I. Weber in Leipzig, 1877.</head><lb/> <p xml:id="ID_1492" next="#ID_1493"> Der Zweck dieses Buches ist, die Kenntniß der in ihm behandelten Wissen¬<lb/> schaft in möglichst weite Kreise zu tragen, dann aber auch die letztere Fach¬<lb/> genossen nach den neuesten Forschungen darzustellen. Citate sind ausgeschlossen,<lb/> dagegen hat der Verfasser so viel von den Gedanken der philosophischen Autoren<lb/> in seine Uebersicht verwebt, als der Raum eines Katechismus gestattete. Die<lb/> Kritik, die er von seinem Standpunkte übt (er bezeichnet sich als „Real-Jdeali-<lb/> sten" und stellt sich damit neben Trendelenburg und Lotze), ist, soweit wir</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0487]
Ein von Zahnschmerzen geplagter Engländer schickt seinen Bedienten nach der
Beste, um ihm einen spähn von dem dort verwahrten Lutherbett zu holen,
der ihn kuriren soll. Paddy bleibt aber beim Bier im „Zvllhofe" sitzen, und
und sein Herr fährt in seiner Qual aus der Haut. Beide müssen darauf
spuken gehen. Sie machen auf der Beste zunächst mit einem dort in der Rüst¬
kammer von seinem Pferde gestiegenen spanischen Ritter, dann mit dem dort
im Bilde hängenden langbärtigen Reichsfreiherrn v. Räuber Bekanntschaft, der
jenen Landsmann Don Qnixotes einst vor dem deutschen Kaiser in den Sack
gesteckt hat und das Deutschthum den Wälschen gegenüber vertreten zu sollen
scheint. Die vier Geister verbringen als gute Kameraden bei vielem Bier,
welches Paddy herbeischafft, eine Nacht in Johann Kasimir's Brautwagen.
Dann treten Luther undder Teufel, letzterer in Gestalt einer Ratte auf, desglei¬
chen ein Mönch, der den ultramontanen Geist repräsentirtund mit der Ratte zuletzt
von Luther auf so lange verbannt wird, bis der Teufel, der bis jetzt nur eine
Großmutter kennt, seine Mutter gefunden hat. Später schließt sich den Vieren
ein hölzerner König, das lebendig gewordene Gallionbild des bei Eckernförde
in die Luft geflogenen Linienschiffs „Christian der Achte" an, und es entwickelt
sich ein politischer Streit, der dem Dichter Gelegenheit zu biederen deutscheu
Aeußerungen giebt, die sich wiederholen, als die Geister von französischen Ka¬
nonen, die 1870 erobert worden, die Wiederaufrichtung des deutschen Reiches
verkündigen. Räuber, der deutsche Heldengeist, wird von Luther, dem Geist
der Freiheit, mit der Germania getraut. Alle Bilder der Beste steigen aus
ihren Rahmen und bilden den Hochzeitszug des Paares, anch alte Heidengötter,
die als Zierrath an den Wagen und Möbeln des Schlosses sitzen, schließen sich
an, u. s. w. Der Gedanke ist nicht übel, Heine hätte etwas recht Anmuthiges
daraus machen können, hier müssen wir uns, wie gesagt, meist mit dein guten
Willen begnügen. Die beigegebenen Holzschnitte entsprechen ungefähr dem
Werthe des Textes. Sie sind von dem Grafen Mensdorf-Pouilly und G.
Sundblad.
Katechismus der Geschichte der Philosophie von Friedrich Kirchner.
Verlag von I. I. Weber in Leipzig, 1877.
Der Zweck dieses Buches ist, die Kenntniß der in ihm behandelten Wissen¬
schaft in möglichst weite Kreise zu tragen, dann aber auch die letztere Fach¬
genossen nach den neuesten Forschungen darzustellen. Citate sind ausgeschlossen,
dagegen hat der Verfasser so viel von den Gedanken der philosophischen Autoren
in seine Uebersicht verwebt, als der Raum eines Katechismus gestattete. Die
Kritik, die er von seinem Standpunkte übt (er bezeichnet sich als „Real-Jdeali-
sten" und stellt sich damit neben Trendelenburg und Lotze), ist, soweit wir
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