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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Wesens und nicht einer jener verruchten Verbrecher gewesen, die man im ganzen
Lande als Pestbeulen der menschlichen Gesellschaft betrachtet."

Es ist aber nicht genug, daß Irländer deu mörderischen Mollies Sym¬
pathie erwiesen; es mußten sich leider auch einige Deutsch-Amerikaner finden,
die, der rothen Internationale angehörig, die irländischen Mörder zu glorisi-
eiren suchten. So schrieb z. B. die in Chicago erscheinende "Arbeiterzeitung"
vom 20. Juni, dem Tage vor der Hinrichtung der II Mordgesellen: "Es ist
weit gekommen in dem gelobte" Amerika. Vor drei Jahren, als uoch feste
Organisationen der Arbeiter bestanden, hätte mau es uicht gewagt, der gesammten
Arbeiterklasse einen Schlag ins Gesicht zu versetzen, wie es jetzt durch die Hin¬
richtung der 11 Arbeiter (?) in Pennsylvanien geschieht. Und mußte es den ge¬
drückten, in Unwissenheit gehaltenen Kohlengräbern nicht als ein Akt der Noth¬
wehr erscheinen, ihre schlimmsten Peiniger niederzumachen? Die Habgier der
Kapitalisten hat die Unglücklichen, die morgen gehenkt werden sollen, zur Ver¬
zweiflung getrieben, hat denselben die Pistole und den Dolch in die Hand ge¬
drückt, sie blind gemacht für den einzigen Rettungsweg, die Organisation aller
Arbeiter zur Erringung der politischen Macht und durch diese zur Nieder-
brechung der Kapitalherrschaft. Und diese Kapitalisten .wagen es, ihren zur
Verzweiflung getriebenen Opfern noch den Strick um den Hals zu legen, ohne
vor Scham zu erröthen? Schmach über dieses Otterngezücht, Schande über
die Negierung, die so etwas duldet, ja mehr als das, ihren Arm dazu leiht
den Unterdrückten deu Rest zu geben! Die Erkenntniß des Unrechts aber über
euch, ihr Arbeiter, die ihr durch eure Uneinigkeit mit daran schuld seid, daß
morgen >elf Proletarier von deu Schergen der Kapitalisten erdrosselt werden!
Doch immer zu, ihr Uebermüthigen und Blinden, betrachtet den morgigen Tag
als einen Tag des Triumphes; ihr habt ja Militär, um die Hinrichtung un¬
gehindert ausführen zu können, denkt aber daran, daß diese elf Hinrichtungen
der Arbeiterklasse eine ewige Mahnung zum ewigen Kampfe gegen die Kapitals
Herrschaft und Lohnsklaverei sein werden. Despoten, ihr steht auf einem
Vulkane, und jetzt noch unsichtbare Mächte werden Blitze gegen euch senden."

Die Sprache erinnert nur zu lebhaft an die der pariser Commune.
Werden die deutscheu Freunde der Commune nicht der "Arbeiterzeitung" in
Chicago beistimmen und sich damit zu Vertheidiger" und Gesinnungsgenossen
von Meuchelmördern machen? Nach der Sprache und der Haltung unserer
rothen Internationalen ist dies nur zu wahrscheinlich. Die socialdemokratischen
Weltverbesserer sind sich eben überall, mögen sie in Amerika oder in Europa
hausen, ziemlich gleich. Mit der Vertheidigung von Mord und Brand treten
sie frech vor die Männer der Arbeit hin und reden ihnen vor, sie auf eine
höhere Stufe der Bildung erheben zu wollen.


Wesens und nicht einer jener verruchten Verbrecher gewesen, die man im ganzen
Lande als Pestbeulen der menschlichen Gesellschaft betrachtet."

Es ist aber nicht genug, daß Irländer deu mörderischen Mollies Sym¬
pathie erwiesen; es mußten sich leider auch einige Deutsch-Amerikaner finden,
die, der rothen Internationale angehörig, die irländischen Mörder zu glorisi-
eiren suchten. So schrieb z. B. die in Chicago erscheinende „Arbeiterzeitung"
vom 20. Juni, dem Tage vor der Hinrichtung der II Mordgesellen: „Es ist
weit gekommen in dem gelobte» Amerika. Vor drei Jahren, als uoch feste
Organisationen der Arbeiter bestanden, hätte mau es uicht gewagt, der gesammten
Arbeiterklasse einen Schlag ins Gesicht zu versetzen, wie es jetzt durch die Hin¬
richtung der 11 Arbeiter (?) in Pennsylvanien geschieht. Und mußte es den ge¬
drückten, in Unwissenheit gehaltenen Kohlengräbern nicht als ein Akt der Noth¬
wehr erscheinen, ihre schlimmsten Peiniger niederzumachen? Die Habgier der
Kapitalisten hat die Unglücklichen, die morgen gehenkt werden sollen, zur Ver¬
zweiflung getrieben, hat denselben die Pistole und den Dolch in die Hand ge¬
drückt, sie blind gemacht für den einzigen Rettungsweg, die Organisation aller
Arbeiter zur Erringung der politischen Macht und durch diese zur Nieder-
brechung der Kapitalherrschaft. Und diese Kapitalisten .wagen es, ihren zur
Verzweiflung getriebenen Opfern noch den Strick um den Hals zu legen, ohne
vor Scham zu erröthen? Schmach über dieses Otterngezücht, Schande über
die Negierung, die so etwas duldet, ja mehr als das, ihren Arm dazu leiht
den Unterdrückten deu Rest zu geben! Die Erkenntniß des Unrechts aber über
euch, ihr Arbeiter, die ihr durch eure Uneinigkeit mit daran schuld seid, daß
morgen >elf Proletarier von deu Schergen der Kapitalisten erdrosselt werden!
Doch immer zu, ihr Uebermüthigen und Blinden, betrachtet den morgigen Tag
als einen Tag des Triumphes; ihr habt ja Militär, um die Hinrichtung un¬
gehindert ausführen zu können, denkt aber daran, daß diese elf Hinrichtungen
der Arbeiterklasse eine ewige Mahnung zum ewigen Kampfe gegen die Kapitals
Herrschaft und Lohnsklaverei sein werden. Despoten, ihr steht auf einem
Vulkane, und jetzt noch unsichtbare Mächte werden Blitze gegen euch senden."

Die Sprache erinnert nur zu lebhaft an die der pariser Commune.
Werden die deutscheu Freunde der Commune nicht der „Arbeiterzeitung" in
Chicago beistimmen und sich damit zu Vertheidiger» und Gesinnungsgenossen
von Meuchelmördern machen? Nach der Sprache und der Haltung unserer
rothen Internationalen ist dies nur zu wahrscheinlich. Die socialdemokratischen
Weltverbesserer sind sich eben überall, mögen sie in Amerika oder in Europa
hausen, ziemlich gleich. Mit der Vertheidigung von Mord und Brand treten
sie frech vor die Männer der Arbeit hin und reden ihnen vor, sie auf eine
höhere Stufe der Bildung erheben zu wollen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/306>, abgerufen am 28.09.2024.