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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Dummheit und Unwissenheit der Mönche und Pfaffen geißeln und daraus hin¬
weisen, daß sie nicht thun, was sie predigen. Einige der besten davon sind
folgende: Mönche arbeiten, daß sie frieren, und essen, daß sie schwitzen. --
Gottesjunker (Domherrn, Prälaten und Mönche in reichen Klöstern) und
Drohnen essen gut, thun nichts und haben frei Wohnen. -- Möncherei ist das
Schlaraffenland fauler Brüder. (Nach einem Ausspruch Luther's, wo er sagt:
"Es findet sich in Wahrheit, daß Möncherei sei das wahre Schlaraffenland,
das Alles voll ist für die faulen Brüder.") -- "Das ist Mönchsarbeit/ sagt
man sprichwörtlich in katholischen Gegenden für leichte oder langsam vor¬
rückende Arbeit. -- Der Mönch scheut die Arbeit, wie der Teufel das Kreuz.
Es steckt ihm ein Pfaff in den Händen, heißt soviel als, er hegt Abneigung
vor anstrengender Arbeit. -- Der Pfaff will haben, aber nicht graben. --
Wären die heiligen Gebeine (Reliquien, mit denen die Kleriker hantieren) so
schwer wie ein Malter Korn, es bliebe Keiner ein Pfaff bis nor'n. -- Mönche
sind des Teufels Mastschweine -- ein Wort, das ebenfalls von Luther her¬
rührt, welcher schreibt: "Es ist ein müßig Volk, darum können sie nichts,
weder regieren noch Haushalten; sie thun nichts denn plärren in den Kirchen,
essen, trinken, schlafen und sind wie die Mastschweine. Darum bleiben's strick¬
grobe Tölpel und faule Schelme." -- Mönche und müßige Pfaffen schaden
mehr als der Trümmel im Weizen. -- Müßiggang ist aller Laster Anfang,
sagte der Mönch und ritt spazieren.

Gelehrter Mönch und weißer Spatz sind ein seltner Schatz, ein Sprich¬
wort, zu dem der Herausgeber die Anmerkung macht: In Pistoja antwortete
einmal ein Mönch dem Bischof: Fragt mich nach Möbeln, nach einem Gefäß,
das zum Nutzen oder zur Annehmlichkeit dient, ich werde es Euch angeben,
von Büchern aber kennen wir nur den Kalender, den Sakristei und das Koch¬
buch. In einem Kloster konnte der Obere lange den Ort nicht ausfindig
machen, wo er das geräucherte Fleisch sicher aufbewahren möchte; seine Mönche
wußten es überall zu finden. Endlich siel ihm die Bibliothek ein, wo er es
verwahrte und sicher behielt; denn unter den Büchern suchte kein Mönch
etwas. In einem griechischen Kloster, welchem 1852 ein deutscher Professor
seinen Besuch abstattete, hatten die Mönche zwar nicht den Schlüssel zum Wein-
keller, wohl aber den zur Bibliothek verlegt und konnten ihn auch nicht wieder¬
finden. -- Ein gelehrter Mönch ist ein ungestaltetes Meerwunder, sagte der
Abt zu den Novizen. -- Rom possumus sagte der Pfaff, als der Bauer das
Lied gesungen haben wollte: Denket doch, ihr Menschenkinder. -- Leere Tonnen
geben großen Schall, daher schreien die Mönche auf den Kanzeln so laut. --
Viel Predigen macht Kopfweh, sagte der Mönch, als er den Text gelesen, und
ging wieder hinunter. -- Ich habe zwanzig Mönche, sagte der Abt, als man


Dummheit und Unwissenheit der Mönche und Pfaffen geißeln und daraus hin¬
weisen, daß sie nicht thun, was sie predigen. Einige der besten davon sind
folgende: Mönche arbeiten, daß sie frieren, und essen, daß sie schwitzen. —
Gottesjunker (Domherrn, Prälaten und Mönche in reichen Klöstern) und
Drohnen essen gut, thun nichts und haben frei Wohnen. — Möncherei ist das
Schlaraffenland fauler Brüder. (Nach einem Ausspruch Luther's, wo er sagt:
„Es findet sich in Wahrheit, daß Möncherei sei das wahre Schlaraffenland,
das Alles voll ist für die faulen Brüder.") — „Das ist Mönchsarbeit/ sagt
man sprichwörtlich in katholischen Gegenden für leichte oder langsam vor¬
rückende Arbeit. — Der Mönch scheut die Arbeit, wie der Teufel das Kreuz.
Es steckt ihm ein Pfaff in den Händen, heißt soviel als, er hegt Abneigung
vor anstrengender Arbeit. — Der Pfaff will haben, aber nicht graben. —
Wären die heiligen Gebeine (Reliquien, mit denen die Kleriker hantieren) so
schwer wie ein Malter Korn, es bliebe Keiner ein Pfaff bis nor'n. — Mönche
sind des Teufels Mastschweine — ein Wort, das ebenfalls von Luther her¬
rührt, welcher schreibt: „Es ist ein müßig Volk, darum können sie nichts,
weder regieren noch Haushalten; sie thun nichts denn plärren in den Kirchen,
essen, trinken, schlafen und sind wie die Mastschweine. Darum bleiben's strick¬
grobe Tölpel und faule Schelme." — Mönche und müßige Pfaffen schaden
mehr als der Trümmel im Weizen. — Müßiggang ist aller Laster Anfang,
sagte der Mönch und ritt spazieren.

Gelehrter Mönch und weißer Spatz sind ein seltner Schatz, ein Sprich¬
wort, zu dem der Herausgeber die Anmerkung macht: In Pistoja antwortete
einmal ein Mönch dem Bischof: Fragt mich nach Möbeln, nach einem Gefäß,
das zum Nutzen oder zur Annehmlichkeit dient, ich werde es Euch angeben,
von Büchern aber kennen wir nur den Kalender, den Sakristei und das Koch¬
buch. In einem Kloster konnte der Obere lange den Ort nicht ausfindig
machen, wo er das geräucherte Fleisch sicher aufbewahren möchte; seine Mönche
wußten es überall zu finden. Endlich siel ihm die Bibliothek ein, wo er es
verwahrte und sicher behielt; denn unter den Büchern suchte kein Mönch
etwas. In einem griechischen Kloster, welchem 1852 ein deutscher Professor
seinen Besuch abstattete, hatten die Mönche zwar nicht den Schlüssel zum Wein-
keller, wohl aber den zur Bibliothek verlegt und konnten ihn auch nicht wieder¬
finden. — Ein gelehrter Mönch ist ein ungestaltetes Meerwunder, sagte der
Abt zu den Novizen. — Rom possumus sagte der Pfaff, als der Bauer das
Lied gesungen haben wollte: Denket doch, ihr Menschenkinder. — Leere Tonnen
geben großen Schall, daher schreien die Mönche auf den Kanzeln so laut. —
Viel Predigen macht Kopfweh, sagte der Mönch, als er den Text gelesen, und
ging wieder hinunter. — Ich habe zwanzig Mönche, sagte der Abt, als man


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[0030] Dummheit und Unwissenheit der Mönche und Pfaffen geißeln und daraus hin¬ weisen, daß sie nicht thun, was sie predigen. Einige der besten davon sind folgende: Mönche arbeiten, daß sie frieren, und essen, daß sie schwitzen. — Gottesjunker (Domherrn, Prälaten und Mönche in reichen Klöstern) und Drohnen essen gut, thun nichts und haben frei Wohnen. — Möncherei ist das Schlaraffenland fauler Brüder. (Nach einem Ausspruch Luther's, wo er sagt: „Es findet sich in Wahrheit, daß Möncherei sei das wahre Schlaraffenland, das Alles voll ist für die faulen Brüder.") — „Das ist Mönchsarbeit/ sagt man sprichwörtlich in katholischen Gegenden für leichte oder langsam vor¬ rückende Arbeit. — Der Mönch scheut die Arbeit, wie der Teufel das Kreuz. Es steckt ihm ein Pfaff in den Händen, heißt soviel als, er hegt Abneigung vor anstrengender Arbeit. — Der Pfaff will haben, aber nicht graben. — Wären die heiligen Gebeine (Reliquien, mit denen die Kleriker hantieren) so schwer wie ein Malter Korn, es bliebe Keiner ein Pfaff bis nor'n. — Mönche sind des Teufels Mastschweine — ein Wort, das ebenfalls von Luther her¬ rührt, welcher schreibt: „Es ist ein müßig Volk, darum können sie nichts, weder regieren noch Haushalten; sie thun nichts denn plärren in den Kirchen, essen, trinken, schlafen und sind wie die Mastschweine. Darum bleiben's strick¬ grobe Tölpel und faule Schelme." — Mönche und müßige Pfaffen schaden mehr als der Trümmel im Weizen. — Müßiggang ist aller Laster Anfang, sagte der Mönch und ritt spazieren. Gelehrter Mönch und weißer Spatz sind ein seltner Schatz, ein Sprich¬ wort, zu dem der Herausgeber die Anmerkung macht: In Pistoja antwortete einmal ein Mönch dem Bischof: Fragt mich nach Möbeln, nach einem Gefäß, das zum Nutzen oder zur Annehmlichkeit dient, ich werde es Euch angeben, von Büchern aber kennen wir nur den Kalender, den Sakristei und das Koch¬ buch. In einem Kloster konnte der Obere lange den Ort nicht ausfindig machen, wo er das geräucherte Fleisch sicher aufbewahren möchte; seine Mönche wußten es überall zu finden. Endlich siel ihm die Bibliothek ein, wo er es verwahrte und sicher behielt; denn unter den Büchern suchte kein Mönch etwas. In einem griechischen Kloster, welchem 1852 ein deutscher Professor seinen Besuch abstattete, hatten die Mönche zwar nicht den Schlüssel zum Wein- keller, wohl aber den zur Bibliothek verlegt und konnten ihn auch nicht wieder¬ finden. — Ein gelehrter Mönch ist ein ungestaltetes Meerwunder, sagte der Abt zu den Novizen. — Rom possumus sagte der Pfaff, als der Bauer das Lied gesungen haben wollte: Denket doch, ihr Menschenkinder. — Leere Tonnen geben großen Schall, daher schreien die Mönche auf den Kanzeln so laut. — Viel Predigen macht Kopfweh, sagte der Mönch, als er den Text gelesen, und ging wieder hinunter. — Ich habe zwanzig Mönche, sagte der Abt, als man

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/30>, abgerufen am 28.09.2024.