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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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MoWre, Ccilderon und Goethe hat auch Milton fremde Stoffe benutzt "kraft
göttlichen Rechtes mit höchster Unbefangenheit". Er bleibt trotz cilledem ein
originaler Dichter wie wenig andere. Noch hat Niemand Shakespeare's Troi-
lus und Cressida ein Plagiat aus Homer genannt, so harmonisch sind die
homerischen Helden in die englische Dichtung eingefügt: so bleibt auch Miltons
Künstlerschaft durchaus von fremden Vorbildern unerreichbar hoch verschieden.
Es scheint allerdings, so ist wiederholt und mit Recht gesagt worden, daß
manche große Stoffe der Poesie erst durch viele Hände gehen müssen, ehe sie
ihren Meister finden, der den fremden Stoff und fremden Zierrat mit durchaus
selbständiger und phantasiereicher Kraft umzubilden versteht. Das ist dann
eine Neuschöpfung, ausgestaltet in unvergänglichen Zügen und für alle Zeiten
in eine feste Form gebracht.


Rudolf Buddensieg.


Die Herrlichkeit Knipfiausen und die gräflich
Aentincksche Iwrgmilice.
ii.

Zu der Zeit, die wir jetzt im Auge haben, d. h. als der Abgang des
dänischen Kommandos in Aussicht stand und man bereits die nöthigen Schritte
zur Augmentation der Burgmilice getroffen hatte, war man wegen der Artillerie-
Bedienung in einiger Verlegenheit, wie aus dem nachfolgenden Schreiben der
Kanzlei-Verordneten vom 2. März 1763, auf welches vorher schon hingedeutet
worden ist, hervorgeht. In diesem Berichte heißt es wörtlich: "Wir müssen
hierbei bemerken, daß wir unter denen noch mangelnden Soldaten wenigstens
eines oder einiger sehr benöthigt wären, die mit denen Canonen etwas umzu¬
gehen wüßten, wozu wir allhier nicht werden rathen können. Es befindet sich
zwar in Fedderwarden ein Kleinschmied, welcher ziemlich damit umzugehen
weiß, der aber im Fall der Nothwendigkeit nicht bei der Hand sein dürfte."
Hierauf wurde aus dem Kabinet der Bescheid ertheilt, "daß von denen Sol¬
daten einige durch den Kleinschmied gegen billige Entschädigung in der Artillerie-
Bedienung zu unterrichten wären." Wir wissen jedoch bereits, daß bei Abgang
des dünischen Kommandos der Sergeant Niedtmcmn, der in der Kunst eines
Konstablers vollständig bewandert war, in gräflich Bentinck'sche Dienste über-


MoWre, Ccilderon und Goethe hat auch Milton fremde Stoffe benutzt „kraft
göttlichen Rechtes mit höchster Unbefangenheit". Er bleibt trotz cilledem ein
originaler Dichter wie wenig andere. Noch hat Niemand Shakespeare's Troi-
lus und Cressida ein Plagiat aus Homer genannt, so harmonisch sind die
homerischen Helden in die englische Dichtung eingefügt: so bleibt auch Miltons
Künstlerschaft durchaus von fremden Vorbildern unerreichbar hoch verschieden.
Es scheint allerdings, so ist wiederholt und mit Recht gesagt worden, daß
manche große Stoffe der Poesie erst durch viele Hände gehen müssen, ehe sie
ihren Meister finden, der den fremden Stoff und fremden Zierrat mit durchaus
selbständiger und phantasiereicher Kraft umzubilden versteht. Das ist dann
eine Neuschöpfung, ausgestaltet in unvergänglichen Zügen und für alle Zeiten
in eine feste Form gebracht.


Rudolf Buddensieg.


Die Herrlichkeit Knipfiausen und die gräflich
Aentincksche Iwrgmilice.
ii.

Zu der Zeit, die wir jetzt im Auge haben, d. h. als der Abgang des
dänischen Kommandos in Aussicht stand und man bereits die nöthigen Schritte
zur Augmentation der Burgmilice getroffen hatte, war man wegen der Artillerie-
Bedienung in einiger Verlegenheit, wie aus dem nachfolgenden Schreiben der
Kanzlei-Verordneten vom 2. März 1763, auf welches vorher schon hingedeutet
worden ist, hervorgeht. In diesem Berichte heißt es wörtlich: „Wir müssen
hierbei bemerken, daß wir unter denen noch mangelnden Soldaten wenigstens
eines oder einiger sehr benöthigt wären, die mit denen Canonen etwas umzu¬
gehen wüßten, wozu wir allhier nicht werden rathen können. Es befindet sich
zwar in Fedderwarden ein Kleinschmied, welcher ziemlich damit umzugehen
weiß, der aber im Fall der Nothwendigkeit nicht bei der Hand sein dürfte."
Hierauf wurde aus dem Kabinet der Bescheid ertheilt, „daß von denen Sol¬
daten einige durch den Kleinschmied gegen billige Entschädigung in der Artillerie-
Bedienung zu unterrichten wären." Wir wissen jedoch bereits, daß bei Abgang
des dünischen Kommandos der Sergeant Niedtmcmn, der in der Kunst eines
Konstablers vollständig bewandert war, in gräflich Bentinck'sche Dienste über-


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[0266] MoWre, Ccilderon und Goethe hat auch Milton fremde Stoffe benutzt „kraft göttlichen Rechtes mit höchster Unbefangenheit". Er bleibt trotz cilledem ein originaler Dichter wie wenig andere. Noch hat Niemand Shakespeare's Troi- lus und Cressida ein Plagiat aus Homer genannt, so harmonisch sind die homerischen Helden in die englische Dichtung eingefügt: so bleibt auch Miltons Künstlerschaft durchaus von fremden Vorbildern unerreichbar hoch verschieden. Es scheint allerdings, so ist wiederholt und mit Recht gesagt worden, daß manche große Stoffe der Poesie erst durch viele Hände gehen müssen, ehe sie ihren Meister finden, der den fremden Stoff und fremden Zierrat mit durchaus selbständiger und phantasiereicher Kraft umzubilden versteht. Das ist dann eine Neuschöpfung, ausgestaltet in unvergänglichen Zügen und für alle Zeiten in eine feste Form gebracht. Rudolf Buddensieg. Die Herrlichkeit Knipfiausen und die gräflich Aentincksche Iwrgmilice. ii. Zu der Zeit, die wir jetzt im Auge haben, d. h. als der Abgang des dänischen Kommandos in Aussicht stand und man bereits die nöthigen Schritte zur Augmentation der Burgmilice getroffen hatte, war man wegen der Artillerie- Bedienung in einiger Verlegenheit, wie aus dem nachfolgenden Schreiben der Kanzlei-Verordneten vom 2. März 1763, auf welches vorher schon hingedeutet worden ist, hervorgeht. In diesem Berichte heißt es wörtlich: „Wir müssen hierbei bemerken, daß wir unter denen noch mangelnden Soldaten wenigstens eines oder einiger sehr benöthigt wären, die mit denen Canonen etwas umzu¬ gehen wüßten, wozu wir allhier nicht werden rathen können. Es befindet sich zwar in Fedderwarden ein Kleinschmied, welcher ziemlich damit umzugehen weiß, der aber im Fall der Nothwendigkeit nicht bei der Hand sein dürfte." Hierauf wurde aus dem Kabinet der Bescheid ertheilt, „daß von denen Sol¬ daten einige durch den Kleinschmied gegen billige Entschädigung in der Artillerie- Bedienung zu unterrichten wären." Wir wissen jedoch bereits, daß bei Abgang des dünischen Kommandos der Sergeant Niedtmcmn, der in der Kunst eines Konstablers vollständig bewandert war, in gräflich Bentinck'sche Dienste über-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/266>, abgerufen am 29.09.2024.