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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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spannender Erwartung voll empfangen ihn Belial und Belzebub, zwei
mächtige Himmelsfürsten, denen er nnn in glühenden Farben die Vorzüge
des Erdengartens und die Seligkeit seiner Bewohner schildert. Da ist alles
schöner als im Himmel:


"Und unser Paradies -- man gäb's für Adam's Garten,
Der Engel Glück muß vor dem Glück der Menschen weichen "

Und als er die unschuldige Schönheit des Menschenpaares und ihre süßen,
reinen Genüsse schildert, da verlangt's Belzebub nach der Beschreibung der
"Braut":


"Mit Recht wird Adam wohl der Preis
Durch Adel der Gestalt und Majestät und Wesen,
Als sei zum Herrscher er der Erde auserkoren;
Doch Eva bietet ihm, wonach sein Herz verlangt:
So weich die Haut, das Fleisch, die Zartheit ihrer Glieder,
Der Farbe sanftrcr Ton, der Angen Lieblichkeit,
Die Anmuth ihres Munds, die Sprache, deren Macht
Besteht in edleren Klang, von Elfenbein zwei Bronnen,
Und -- was verschwiegen sei -- es könnte Geister reizen!
Schau alle Engel an, wie schön sie auch erscheinen,
Was sind sie im Vergleich zum Morgenlicht der Frauen?"


, Belzeb,:

Das weibliche Geschöpf hat -- scheint es -- dich entflammt.
Ich hab' die Schwingen mir an diesem schönen Feiler
Versengt; es ward mir schwer, von unten aufzusteigen . . .,
Ich schied, allein mit Schmerz, und sah mich dreimal um.
So glänzt kein Seraph in des Himmels heilgen Räumen
Wie sie.....wie reinerm Licht entsprossen
Erscheint sie und entzückt den Tag durch ihr Gesicht.
Die Perlen nennet ihr, die Perlenmutter rein:
Doch sie ist weißer noch als Perl' und Perlenmutter." *)

Apoll.:

Apollyon setzt seiue Schilderung fort: Durch den Baum des Lebens


"genießt der Mensch
Unsterblichkeit nud wird den Engeln gleich auf ewig.
Ja übertrifft sie selbst; denn er wird seine Macht
Ausbreiten überall.
Nun überlege selbst, zu welchem Ziel das führt!
'

Belzeb.:

Der Mensch hat also Macht, uus übers Haupt zu wachsen."


Kaum jedoch ist dieses neidvolle Wort gesprochen, da tritt Gabriel mit
Engelschaareu auf und verkündet Gottes Rathschluß von des Menschen Er¬
schaffung nach Gottes Bilde und seiner zukünftigen Erhebung selbst über die
Engel. Vollendet wird das Meuschthum -.im ewgen Worte, dem Herrn und
Richter aller Dinge, vor dem sich auch Lucifer und die Seinen beugen sollen.
Nachdem die himmlischen Heerschaaren, deren -- auch von Milton benutzte --
Rangordnung uns Gabriel verräth, diesen: Beschlusse beigestimmt, fordert der



*) Hierzu vergleiche man "VerlornesParadies" 4. Gesang 208--26S; W7-"23; W6-

spannender Erwartung voll empfangen ihn Belial und Belzebub, zwei
mächtige Himmelsfürsten, denen er nnn in glühenden Farben die Vorzüge
des Erdengartens und die Seligkeit seiner Bewohner schildert. Da ist alles
schöner als im Himmel:


„Und unser Paradies — man gäb's für Adam's Garten,
Der Engel Glück muß vor dem Glück der Menschen weichen "

Und als er die unschuldige Schönheit des Menschenpaares und ihre süßen,
reinen Genüsse schildert, da verlangt's Belzebub nach der Beschreibung der
„Braut":


„Mit Recht wird Adam wohl der Preis
Durch Adel der Gestalt und Majestät und Wesen,
Als sei zum Herrscher er der Erde auserkoren;
Doch Eva bietet ihm, wonach sein Herz verlangt:
So weich die Haut, das Fleisch, die Zartheit ihrer Glieder,
Der Farbe sanftrcr Ton, der Angen Lieblichkeit,
Die Anmuth ihres Munds, die Sprache, deren Macht
Besteht in edleren Klang, von Elfenbein zwei Bronnen,
Und — was verschwiegen sei — es könnte Geister reizen!
Schau alle Engel an, wie schön sie auch erscheinen,
Was sind sie im Vergleich zum Morgenlicht der Frauen?"


, Belzeb,:

Das weibliche Geschöpf hat — scheint es — dich entflammt.
Ich hab' die Schwingen mir an diesem schönen Feiler
Versengt; es ward mir schwer, von unten aufzusteigen . . .,
Ich schied, allein mit Schmerz, und sah mich dreimal um.
So glänzt kein Seraph in des Himmels heilgen Räumen
Wie sie.....wie reinerm Licht entsprossen
Erscheint sie und entzückt den Tag durch ihr Gesicht.
Die Perlen nennet ihr, die Perlenmutter rein:
Doch sie ist weißer noch als Perl' und Perlenmutter." *)

Apoll.:

Apollyon setzt seiue Schilderung fort: Durch den Baum des Lebens


„genießt der Mensch
Unsterblichkeit nud wird den Engeln gleich auf ewig.
Ja übertrifft sie selbst; denn er wird seine Macht
Ausbreiten überall.
Nun überlege selbst, zu welchem Ziel das führt!
'

Belzeb.:

Der Mensch hat also Macht, uus übers Haupt zu wachsen."


Kaum jedoch ist dieses neidvolle Wort gesprochen, da tritt Gabriel mit
Engelschaareu auf und verkündet Gottes Rathschluß von des Menschen Er¬
schaffung nach Gottes Bilde und seiner zukünftigen Erhebung selbst über die
Engel. Vollendet wird das Meuschthum -.im ewgen Worte, dem Herrn und
Richter aller Dinge, vor dem sich auch Lucifer und die Seinen beugen sollen.
Nachdem die himmlischen Heerschaaren, deren — auch von Milton benutzte —
Rangordnung uns Gabriel verräth, diesen: Beschlusse beigestimmt, fordert der



*) Hierzu vergleiche man „VerlornesParadies" 4. Gesang 208—26S; W7-»23; W6-
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[0254] spannender Erwartung voll empfangen ihn Belial und Belzebub, zwei mächtige Himmelsfürsten, denen er nnn in glühenden Farben die Vorzüge des Erdengartens und die Seligkeit seiner Bewohner schildert. Da ist alles schöner als im Himmel: „Und unser Paradies — man gäb's für Adam's Garten, Der Engel Glück muß vor dem Glück der Menschen weichen " Und als er die unschuldige Schönheit des Menschenpaares und ihre süßen, reinen Genüsse schildert, da verlangt's Belzebub nach der Beschreibung der „Braut": „Mit Recht wird Adam wohl der Preis Durch Adel der Gestalt und Majestät und Wesen, Als sei zum Herrscher er der Erde auserkoren; Doch Eva bietet ihm, wonach sein Herz verlangt: So weich die Haut, das Fleisch, die Zartheit ihrer Glieder, Der Farbe sanftrcr Ton, der Angen Lieblichkeit, Die Anmuth ihres Munds, die Sprache, deren Macht Besteht in edleren Klang, von Elfenbein zwei Bronnen, Und — was verschwiegen sei — es könnte Geister reizen! Schau alle Engel an, wie schön sie auch erscheinen, Was sind sie im Vergleich zum Morgenlicht der Frauen?" , Belzeb,: Das weibliche Geschöpf hat — scheint es — dich entflammt. Ich hab' die Schwingen mir an diesem schönen Feiler Versengt; es ward mir schwer, von unten aufzusteigen . . ., Ich schied, allein mit Schmerz, und sah mich dreimal um. So glänzt kein Seraph in des Himmels heilgen Räumen Wie sie.....wie reinerm Licht entsprossen Erscheint sie und entzückt den Tag durch ihr Gesicht. Die Perlen nennet ihr, die Perlenmutter rein: Doch sie ist weißer noch als Perl' und Perlenmutter." *) Apoll.: Apollyon setzt seiue Schilderung fort: Durch den Baum des Lebens „genießt der Mensch Unsterblichkeit nud wird den Engeln gleich auf ewig. Ja übertrifft sie selbst; denn er wird seine Macht Ausbreiten überall. Nun überlege selbst, zu welchem Ziel das führt! ' Belzeb.: Der Mensch hat also Macht, uus übers Haupt zu wachsen." Kaum jedoch ist dieses neidvolle Wort gesprochen, da tritt Gabriel mit Engelschaareu auf und verkündet Gottes Rathschluß von des Menschen Er¬ schaffung nach Gottes Bilde und seiner zukünftigen Erhebung selbst über die Engel. Vollendet wird das Meuschthum -.im ewgen Worte, dem Herrn und Richter aller Dinge, vor dem sich auch Lucifer und die Seinen beugen sollen. Nachdem die himmlischen Heerschaaren, deren — auch von Milton benutzte — Rangordnung uns Gabriel verräth, diesen: Beschlusse beigestimmt, fordert der *) Hierzu vergleiche man „VerlornesParadies" 4. Gesang 208—26S; W7-»23; W6-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/254>, abgerufen am 28.09.2024.