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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Handbuch der Geschichte Oesterreichs von der ältesten bis neuesten
Zeit mit besonderer Rücksicht auf Länder-, Völkerkunde und Kulturgeschichte bearbeitet
von Fr. Krones. Berlin, Th. Grieben.

Eine nach deutschen Begriffen brauchbare Geschichte Oesterreichs, welche die
ganze Entwickelung des Doppelreichs an der Donau umfaßte, gab es bisher
nicht, nur eine Geschichte der Erdtaube, Ungarns, Böhmens, Galiziens u. s. w.;
was Meynert in jener Beziehung geleistet, entsprach weder der Form noch dem
Inhalt nach gerechten Anforderungen. Büdinger, der Besseres Hütte liefern
können, hat seine Arbeit unvollendet gelassen. So nennen wir das vorliegende
Werk, von dem die größere Hälfte erschienen ist, eine willkommene Gabe, obwohl
sich auch an ihr Mancherlei aussetzen läßt, und namentlich das Deutsch des
Verfassers nichts weniger als korrekt ist. Besonderen Werth hat die mittels
älterliche Geschichte Oesterreichs, aber auch die neuere läßt nichts von Be¬
deutung vermissen, und überall begegnet man den Spuren gründlicher Forschung,
allenthalben werden bisher allgemein verbreitete falsche Vorstellungen berichtigt.
Namentlich ist darunter die hervorzuheben, nach welcher der österreichische
Staat allein zufälligen persönlichen Geschicken, Heirathen, Erbschaften und dergl.
seine Entstehung zu danken habe. Die territorialgeschichtlichen Darstellungen
des Verfassers beweisen, daß die Ländergruppe des vom Hause Habsbnrg-
Lothringen beherrschten Reiches schou durch die Bodenverhältnisse zusammen^
gehalten wird. Schade ist, daß die Kulturgeschichte nur eine dürftige Be¬
handlung erfahren hat, namentlich ist wenig auf die literarischen Verhältnisse
Rücksicht genommen, und Mittheilungen über die volkswirthschaftliche Stellung
der einzelnen Länder in den verschiedenen Perioden fehlen gänzlich. Das
ganze Werk soll sich in vierundzwanzig Büchern vollenden, von denen jetzt
elf vorliegen. Wir wünschen dem Buche, welches trotz der Ausstellungen,
die wir zu machen hatten, sich ein großes Verdienst um die bessere Kenntniß
Oesterreichs auch in Deutschland zu erwerben im Begriff steht, den besten
Erfolg.


Die Wiener Journalistik im Jahre 1848. Von Freiherr Alexander v. Heisere.
Wien, Verlag von Manz, 1877.

Ein sehr interessantes Thema, das schon vielfach, aber noch nie mit solcher
Gründlichkeit behandelt worden ist. Ganz unbefangen freilich urtheilt und
schildert der Verfasser nicht, und man wird das auch von ihm nicht erwarten,
wenn man sich erinnert, daß er in der Reaktionszeit als Staatssekretär unter
dem Kultusminister Leo Thun fungirte, und wenn man sein Buch über
Oesterreich seit der Oktoberrevolution kennt. Aber reich an neuen und bedeut¬
samen Mittheilungen ist das Werk, und auch an der Form ist außer einigen
spezifisch österreichischen Ausdrücken und Wendungen nicht viel auszusetzen. Mit
Vergnügen wird man sich diese tolle Zeit wieder einmal vergegenwärtigen.




Verantwortlicher Redakteur - or. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. -- Druck von Hüthel ä- Herrmann in Leipzig.
Handbuch der Geschichte Oesterreichs von der ältesten bis neuesten
Zeit mit besonderer Rücksicht auf Länder-, Völkerkunde und Kulturgeschichte bearbeitet
von Fr. Krones. Berlin, Th. Grieben.

Eine nach deutschen Begriffen brauchbare Geschichte Oesterreichs, welche die
ganze Entwickelung des Doppelreichs an der Donau umfaßte, gab es bisher
nicht, nur eine Geschichte der Erdtaube, Ungarns, Böhmens, Galiziens u. s. w.;
was Meynert in jener Beziehung geleistet, entsprach weder der Form noch dem
Inhalt nach gerechten Anforderungen. Büdinger, der Besseres Hütte liefern
können, hat seine Arbeit unvollendet gelassen. So nennen wir das vorliegende
Werk, von dem die größere Hälfte erschienen ist, eine willkommene Gabe, obwohl
sich auch an ihr Mancherlei aussetzen läßt, und namentlich das Deutsch des
Verfassers nichts weniger als korrekt ist. Besonderen Werth hat die mittels
älterliche Geschichte Oesterreichs, aber auch die neuere läßt nichts von Be¬
deutung vermissen, und überall begegnet man den Spuren gründlicher Forschung,
allenthalben werden bisher allgemein verbreitete falsche Vorstellungen berichtigt.
Namentlich ist darunter die hervorzuheben, nach welcher der österreichische
Staat allein zufälligen persönlichen Geschicken, Heirathen, Erbschaften und dergl.
seine Entstehung zu danken habe. Die territorialgeschichtlichen Darstellungen
des Verfassers beweisen, daß die Ländergruppe des vom Hause Habsbnrg-
Lothringen beherrschten Reiches schou durch die Bodenverhältnisse zusammen^
gehalten wird. Schade ist, daß die Kulturgeschichte nur eine dürftige Be¬
handlung erfahren hat, namentlich ist wenig auf die literarischen Verhältnisse
Rücksicht genommen, und Mittheilungen über die volkswirthschaftliche Stellung
der einzelnen Länder in den verschiedenen Perioden fehlen gänzlich. Das
ganze Werk soll sich in vierundzwanzig Büchern vollenden, von denen jetzt
elf vorliegen. Wir wünschen dem Buche, welches trotz der Ausstellungen,
die wir zu machen hatten, sich ein großes Verdienst um die bessere Kenntniß
Oesterreichs auch in Deutschland zu erwerben im Begriff steht, den besten
Erfolg.


Die Wiener Journalistik im Jahre 1848. Von Freiherr Alexander v. Heisere.
Wien, Verlag von Manz, 1877.

Ein sehr interessantes Thema, das schon vielfach, aber noch nie mit solcher
Gründlichkeit behandelt worden ist. Ganz unbefangen freilich urtheilt und
schildert der Verfasser nicht, und man wird das auch von ihm nicht erwarten,
wenn man sich erinnert, daß er in der Reaktionszeit als Staatssekretär unter
dem Kultusminister Leo Thun fungirte, und wenn man sein Buch über
Oesterreich seit der Oktoberrevolution kennt. Aber reich an neuen und bedeut¬
samen Mittheilungen ist das Werk, und auch an der Form ist außer einigen
spezifisch österreichischen Ausdrücken und Wendungen nicht viel auszusetzen. Mit
Vergnügen wird man sich diese tolle Zeit wieder einmal vergegenwärtigen.




Verantwortlicher Redakteur - or. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hüthel ä- Herrmann in Leipzig.
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[0248] Handbuch der Geschichte Oesterreichs von der ältesten bis neuesten Zeit mit besonderer Rücksicht auf Länder-, Völkerkunde und Kulturgeschichte bearbeitet von Fr. Krones. Berlin, Th. Grieben. Eine nach deutschen Begriffen brauchbare Geschichte Oesterreichs, welche die ganze Entwickelung des Doppelreichs an der Donau umfaßte, gab es bisher nicht, nur eine Geschichte der Erdtaube, Ungarns, Böhmens, Galiziens u. s. w.; was Meynert in jener Beziehung geleistet, entsprach weder der Form noch dem Inhalt nach gerechten Anforderungen. Büdinger, der Besseres Hütte liefern können, hat seine Arbeit unvollendet gelassen. So nennen wir das vorliegende Werk, von dem die größere Hälfte erschienen ist, eine willkommene Gabe, obwohl sich auch an ihr Mancherlei aussetzen läßt, und namentlich das Deutsch des Verfassers nichts weniger als korrekt ist. Besonderen Werth hat die mittels älterliche Geschichte Oesterreichs, aber auch die neuere läßt nichts von Be¬ deutung vermissen, und überall begegnet man den Spuren gründlicher Forschung, allenthalben werden bisher allgemein verbreitete falsche Vorstellungen berichtigt. Namentlich ist darunter die hervorzuheben, nach welcher der österreichische Staat allein zufälligen persönlichen Geschicken, Heirathen, Erbschaften und dergl. seine Entstehung zu danken habe. Die territorialgeschichtlichen Darstellungen des Verfassers beweisen, daß die Ländergruppe des vom Hause Habsbnrg- Lothringen beherrschten Reiches schou durch die Bodenverhältnisse zusammen^ gehalten wird. Schade ist, daß die Kulturgeschichte nur eine dürftige Be¬ handlung erfahren hat, namentlich ist wenig auf die literarischen Verhältnisse Rücksicht genommen, und Mittheilungen über die volkswirthschaftliche Stellung der einzelnen Länder in den verschiedenen Perioden fehlen gänzlich. Das ganze Werk soll sich in vierundzwanzig Büchern vollenden, von denen jetzt elf vorliegen. Wir wünschen dem Buche, welches trotz der Ausstellungen, die wir zu machen hatten, sich ein großes Verdienst um die bessere Kenntniß Oesterreichs auch in Deutschland zu erwerben im Begriff steht, den besten Erfolg. Die Wiener Journalistik im Jahre 1848. Von Freiherr Alexander v. Heisere. Wien, Verlag von Manz, 1877. Ein sehr interessantes Thema, das schon vielfach, aber noch nie mit solcher Gründlichkeit behandelt worden ist. Ganz unbefangen freilich urtheilt und schildert der Verfasser nicht, und man wird das auch von ihm nicht erwarten, wenn man sich erinnert, daß er in der Reaktionszeit als Staatssekretär unter dem Kultusminister Leo Thun fungirte, und wenn man sein Buch über Oesterreich seit der Oktoberrevolution kennt. Aber reich an neuen und bedeut¬ samen Mittheilungen ist das Werk, und auch an der Form ist außer einigen spezifisch österreichischen Ausdrücken und Wendungen nicht viel auszusetzen. Mit Vergnügen wird man sich diese tolle Zeit wieder einmal vergegenwärtigen. Verantwortlicher Redakteur - or. Haus Blum in Leipzig. Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hüthel ä- Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/248>, abgerufen am 28.09.2024.