Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.als denjenigen Fluß, welcher den Mittelwerth des fließenden Wassers für die Fragen wir um, wie sind die verschiedenen Arten des Thier- und Pflanzen¬ Halten wir diese Behauptungen an den allein brauchbaren Prüfstein, als denjenigen Fluß, welcher den Mittelwerth des fließenden Wassers für die Fragen wir um, wie sind die verschiedenen Arten des Thier- und Pflanzen¬ Halten wir diese Behauptungen an den allein brauchbaren Prüfstein, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138246"/> <p xml:id="ID_18" prev="#ID_17"> als denjenigen Fluß, welcher den Mittelwerth des fließenden Wassers für die<lb/> ganze Erde darstellt, »ut vergleichen wir die mittlere Höhe der Kontinente mit<lb/> der Leistung des letzteren, so finden wir, daß, da jene mittlere Höhe zu etwa<lb/> tausend Fuß angenommen werden kann, eine Masse fester Bestandtheile gleich<lb/> der aller Kontinente im Verlauf von ungefähr sieben Millionen Jahren in<lb/> das Meer geschafft werden würde. Sehen wir nun, daß ein Theil der ältesten<lb/> Schichtensysteme nicht von jüngeren bedeckt, also ungeschützt den Wirkungen der<lb/> Atmosphäre und ihrer Bestandtheile, den über sie hinfließenden und in sie sich<lb/> eiufressendeil Gewässern ausgesetzt waren, so können nur Angesichts der That'<lb/> sache, daß diese Wirkungen zu allen Zeiten ohne Unterbrechung stattfanden,<lb/> unmöglich noch längere Zeiträume annehmen. Die obigen Zahlen in Betreff<lb/> der abtragenden Thätigkeit des fließenden Wassers zeigen allerdings, daß kaum<lb/> ein Jahrtausend hinreicht, um eine merkliche Veränderung der Konfiguration<lb/> der Erdoberfläche durch jene Abtragung zu erzeugen, andrerseits aber anch,<lb/> daß es verkehrt wäre, nun sür die Dauer der Erdgeschichte gleich auf unent<lb/> liebe Zeiträume schließen zu wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_19"> Fragen wir um, wie sind die verschiedenen Arten des Thier- und Pflanzen¬<lb/> reichs entstanden, so müssen wir als allein richtigen Standpunkt den natur¬<lb/> historischen einnehmen. Was sagt uns, mit andern Worten, die Beobachtung,<lb/> die Erfahrung darüber? Sie antwortet zunächst, daß uoch niemand die Ent-<lb/> stehung eiuer neuen Art gesehen habe, und damit ist entschieden festgestellt, daß<lb/> alles, was über die Bildung der Arten behauptet wird, bloße Vermuthung ist,<lb/> die wir an den Thatsachen zu prüfen haben, welche uns die Entwickelungs¬<lb/> geschichte der Erde an die Hand gibt. Darauf gestützt, haben früher Cuvier,<lb/> zuletzt Agassiz gesagt: Die Art ist etwas Unveränderliches, alle die Individuen<lb/> umfassend, welche in ihren wesentlichen Eigenschaften miteinander überein¬<lb/> stimmen und keine größeren Abweichungen erkennen lassen, als die Individuen,<lb/> welche nachweisbar von einem einzigen Paare abstammen. Von Zeit zu Zeit<lb/> fanden auf der Erde gewaltige Katastrophen statt, durch welche sämmtliche<lb/> Arten zu Grunde gingen, um dann durch eine neue Schöpfung ersetzt zu<lb/> werdeu. Dagegen behaupten Darwin und seine Schule: Es gibt gar keine<lb/> Arten, jede Form ist unaufhörlich der Veränderung unterworfen, jede erzeugt<lb/> so in ihren Nachkommen ganz andere Wesen, die wir nur willkürlich als neue<lb/> Arten ansehen. Alle organischen Wesen stammen von einem einzigen Urwesen,<lb/> einem belebten Schleimkörpercheu, ab. Durch sehr allmähliche, im Verlause<lb/> unendlicher Zeiten infolge von Vererbung und Weiterausbildung sich summirende<lb/> Veränderungen haben sich unablässig neue Gestalten entwickelt und sind die<lb/> alten erloschen.</p><lb/> <p xml:id="ID_20" next="#ID_21"> Halten wir diese Behauptungen an den allein brauchbaren Prüfstein,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
als denjenigen Fluß, welcher den Mittelwerth des fließenden Wassers für die
ganze Erde darstellt, »ut vergleichen wir die mittlere Höhe der Kontinente mit
der Leistung des letzteren, so finden wir, daß, da jene mittlere Höhe zu etwa
tausend Fuß angenommen werden kann, eine Masse fester Bestandtheile gleich
der aller Kontinente im Verlauf von ungefähr sieben Millionen Jahren in
das Meer geschafft werden würde. Sehen wir nun, daß ein Theil der ältesten
Schichtensysteme nicht von jüngeren bedeckt, also ungeschützt den Wirkungen der
Atmosphäre und ihrer Bestandtheile, den über sie hinfließenden und in sie sich
eiufressendeil Gewässern ausgesetzt waren, so können nur Angesichts der That'
sache, daß diese Wirkungen zu allen Zeiten ohne Unterbrechung stattfanden,
unmöglich noch längere Zeiträume annehmen. Die obigen Zahlen in Betreff
der abtragenden Thätigkeit des fließenden Wassers zeigen allerdings, daß kaum
ein Jahrtausend hinreicht, um eine merkliche Veränderung der Konfiguration
der Erdoberfläche durch jene Abtragung zu erzeugen, andrerseits aber anch,
daß es verkehrt wäre, nun sür die Dauer der Erdgeschichte gleich auf unent
liebe Zeiträume schließen zu wollen.
Fragen wir um, wie sind die verschiedenen Arten des Thier- und Pflanzen¬
reichs entstanden, so müssen wir als allein richtigen Standpunkt den natur¬
historischen einnehmen. Was sagt uns, mit andern Worten, die Beobachtung,
die Erfahrung darüber? Sie antwortet zunächst, daß uoch niemand die Ent-
stehung eiuer neuen Art gesehen habe, und damit ist entschieden festgestellt, daß
alles, was über die Bildung der Arten behauptet wird, bloße Vermuthung ist,
die wir an den Thatsachen zu prüfen haben, welche uns die Entwickelungs¬
geschichte der Erde an die Hand gibt. Darauf gestützt, haben früher Cuvier,
zuletzt Agassiz gesagt: Die Art ist etwas Unveränderliches, alle die Individuen
umfassend, welche in ihren wesentlichen Eigenschaften miteinander überein¬
stimmen und keine größeren Abweichungen erkennen lassen, als die Individuen,
welche nachweisbar von einem einzigen Paare abstammen. Von Zeit zu Zeit
fanden auf der Erde gewaltige Katastrophen statt, durch welche sämmtliche
Arten zu Grunde gingen, um dann durch eine neue Schöpfung ersetzt zu
werdeu. Dagegen behaupten Darwin und seine Schule: Es gibt gar keine
Arten, jede Form ist unaufhörlich der Veränderung unterworfen, jede erzeugt
so in ihren Nachkommen ganz andere Wesen, die wir nur willkürlich als neue
Arten ansehen. Alle organischen Wesen stammen von einem einzigen Urwesen,
einem belebten Schleimkörpercheu, ab. Durch sehr allmähliche, im Verlause
unendlicher Zeiten infolge von Vererbung und Weiterausbildung sich summirende
Veränderungen haben sich unablässig neue Gestalten entwickelt und sind die
alten erloschen.
Halten wir diese Behauptungen an den allein brauchbaren Prüfstein,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |