Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.der wird Gefahr laufen auch seine Zuhörer zu erkälten und ihnen das Dr. Otto Kaemmel. Line Keirathsgeschichte aus alten Hagen. Ein Beitrag zur Sittengeschichte des 16. Jahrhunderts. Mitgetheilt von Hermann Heller. Es ist eine Heirathsgeschichte, die ich erzählen will, und zwar eine solche, Anton Lüdinghnsen, seit dem Jahre 1552 Rathsherr, seit dem Jahre 1562 Der Erste, mit welchem Frau Adelheid, der Sitte jener Zeit gemäß, über der wird Gefahr laufen auch seine Zuhörer zu erkälten und ihnen das Dr. Otto Kaemmel. Line Keirathsgeschichte aus alten Hagen. Ein Beitrag zur Sittengeschichte des 16. Jahrhunderts. Mitgetheilt von Hermann Heller. Es ist eine Heirathsgeschichte, die ich erzählen will, und zwar eine solche, Anton Lüdinghnsen, seit dem Jahre 1552 Rathsherr, seit dem Jahre 1562 Der Erste, mit welchem Frau Adelheid, der Sitte jener Zeit gemäß, über <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138333"/> <p xml:id="ID_289" prev="#ID_288"> der wird Gefahr laufen auch seine Zuhörer zu erkälten und ihnen das<lb/> Beste zu rauben, was wir schließlich ans der Geschichte schöpfen: die Begeisterung.</p><lb/> <note type="byline"> Dr. Otto Kaemmel.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Line Keirathsgeschichte aus alten Hagen.<lb/> Ein Beitrag zur Sittengeschichte des 16. Jahrhunderts.<lb/><note type="byline"> Mitgetheilt von Hermann Heller.</note></head><lb/> <p xml:id="ID_290"> Es ist eine Heirathsgeschichte, die ich erzählen will, und zwar eine solche,<lb/> die einst in der freien Hansastadt Lübeck eine ungewöhnliche Wichtigkeit erlangt<lb/> hat und eben dnrch diese Wichtigkeit und durch die Konflikte, in welche sie<lb/> die Betheiligten mit den höchsten Autoritäten nicht Lübecks allein setzte, iuteressnnt<lb/> für die Charakterisirung ihrer Zeit geworden ist. Und eben weil es eine<lb/> Heirathsgeschichte ist, dürfte ihre Erzählung auch in unseren Tagen um so<lb/> mehr Anklang finden, als gerade jetzt die ehelichen Verhältnisse, insbesondere<lb/> die Gesetzgebung über die Ehe, in unserem Vaterlande einen Gegenstand leb¬<lb/> hafter Verhandlungen gebildet haben, ja zum Theil noch bilden. Wir werden<lb/> aus dem Mitzutheilenden, wenn nicht mehr, doch wenigstens soviel ersehen, wie<lb/> man vor nunmehr 300 Jahren in einem einzelnen Falle bei uns verfuhr.</p><lb/> <p xml:id="ID_291"> Anton Lüdinghnsen, seit dem Jahre 1552 Rathsherr, seit dem Jahre 1562<lb/> Bürgermeister der freien Reichs- und Hansastadt Lübeck, starb am 28. April<lb/> 1571. Er hinterließ anßer einem Sohne erster Ehe eine Wittwe, die Fran<lb/> Adelheid, geborene Lampe, eine nicht nur im Aeußern stattliche, sondern auch<lb/> geistig regsame und kräftige Frau; er hinterließ sie in den besten Verhältnissen.<lb/> Fünf Jahre hatte die Frau Bürgermeisterin im Wittwenstande gelebt, als sie<lb/> mit dem Anfange des Jahres 1576 sich wieder zu verheirathen gedachte, und<lb/> zwar mit ihres verstorbenen Mannes Schwester-Tochter-Sohn, ihren: Gro߬<lb/> neffen, dein Kaufmann Hermann Buning, mit dem sie also, was wohl zu<lb/> beachten ist, im dritten Grade der Schwiegerschaft ungleicher Linie verwandt war.</p><lb/> <p xml:id="ID_292" next="#ID_293"> Der Erste, mit welchem Frau Adelheid, der Sitte jener Zeit gemäß, über<lb/> diesen ihren Entschluß Rücksprache nahm, war ihr Beichtvater, der Pastor der<lb/> Se. Petri-Kirche und spätere Senior des Lübeckischen Ministeriums, Gerhard<lb/> Schröder, ein freundlicher und milder Mann. Derselbe rieth ihr („so zart wie<lb/> möglich", sagt er selbst) von ihrem Vorhaben ab, dieses Mal aus keinem anderen<lb/> Grnnde, als weil eine Ehe in so nahen Verwandtschaftsgraben dem göttlichen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
der wird Gefahr laufen auch seine Zuhörer zu erkälten und ihnen das
Beste zu rauben, was wir schließlich ans der Geschichte schöpfen: die Begeisterung.
Dr. Otto Kaemmel.
Line Keirathsgeschichte aus alten Hagen.
Ein Beitrag zur Sittengeschichte des 16. Jahrhunderts.
Mitgetheilt von Hermann Heller.
Es ist eine Heirathsgeschichte, die ich erzählen will, und zwar eine solche,
die einst in der freien Hansastadt Lübeck eine ungewöhnliche Wichtigkeit erlangt
hat und eben dnrch diese Wichtigkeit und durch die Konflikte, in welche sie
die Betheiligten mit den höchsten Autoritäten nicht Lübecks allein setzte, iuteressnnt
für die Charakterisirung ihrer Zeit geworden ist. Und eben weil es eine
Heirathsgeschichte ist, dürfte ihre Erzählung auch in unseren Tagen um so
mehr Anklang finden, als gerade jetzt die ehelichen Verhältnisse, insbesondere
die Gesetzgebung über die Ehe, in unserem Vaterlande einen Gegenstand leb¬
hafter Verhandlungen gebildet haben, ja zum Theil noch bilden. Wir werden
aus dem Mitzutheilenden, wenn nicht mehr, doch wenigstens soviel ersehen, wie
man vor nunmehr 300 Jahren in einem einzelnen Falle bei uns verfuhr.
Anton Lüdinghnsen, seit dem Jahre 1552 Rathsherr, seit dem Jahre 1562
Bürgermeister der freien Reichs- und Hansastadt Lübeck, starb am 28. April
1571. Er hinterließ anßer einem Sohne erster Ehe eine Wittwe, die Fran
Adelheid, geborene Lampe, eine nicht nur im Aeußern stattliche, sondern auch
geistig regsame und kräftige Frau; er hinterließ sie in den besten Verhältnissen.
Fünf Jahre hatte die Frau Bürgermeisterin im Wittwenstande gelebt, als sie
mit dem Anfange des Jahres 1576 sich wieder zu verheirathen gedachte, und
zwar mit ihres verstorbenen Mannes Schwester-Tochter-Sohn, ihren: Gro߬
neffen, dein Kaufmann Hermann Buning, mit dem sie also, was wohl zu
beachten ist, im dritten Grade der Schwiegerschaft ungleicher Linie verwandt war.
Der Erste, mit welchem Frau Adelheid, der Sitte jener Zeit gemäß, über
diesen ihren Entschluß Rücksprache nahm, war ihr Beichtvater, der Pastor der
Se. Petri-Kirche und spätere Senior des Lübeckischen Ministeriums, Gerhard
Schröder, ein freundlicher und milder Mann. Derselbe rieth ihr („so zart wie
möglich", sagt er selbst) von ihrem Vorhaben ab, dieses Mal aus keinem anderen
Grnnde, als weil eine Ehe in so nahen Verwandtschaftsgraben dem göttlichen
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