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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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selbe unterirdische Oelfeld auspumpen und die zeitweilige Betriebsunterbrechung
des A dem B eine größere Oelmenge geliefert, den Brunnen des A aber voll¬
ständig werthlos gemacht haben würde.

Von den Rossi-Produzenten war also nichts zu hoffen. Dagegen be¬
fanden sich die Raffinerien, deren Gesammtkapazitnt etwa zweimal großer als der
gegenwärtige Konsum ist, in günstigerer Lage. Sie waren in wenigen Händen,
und so war es leicht, die Interessenten zu veranlassen, daß sie gemeinsame
Schritte thaten, um das Angebot fertiger Waare zu regeln. Diesen Gedanken
ergriff auch eine der größten Naffineriegesellschaften, die Standard Oil Cvm-
pagny zu Cleveland im Staat Ohio. Dieselbe stellte sich als Aufgabe nicht
blos die Erreichung von Preisen, bei denen man bestehen könne, sondern anch
die Monopolisirung des gescunmten Petroleumhandels. Zu diesem Behufe ver¬
mehrte sie zunächst ihr Kapital und setzte dann alle irgend zur Verfügung
stehenden Mittel in Bewegung, um wo möglich sämmtliche Raffinerien für
ihren Plan zu gewinnen. Dieß gelang nach längerem Bemühen beinahe voll¬
ständig. Im Frühling des vorigen Jahres waren nicht weniger als elf Zwölftel
der gestimmten Industriellen dieser Geschäftsbräuche zu einem "Ringe", einem
Bunde zusammengetreten, dessen Mitglieder ihre Fabriken und den Verkauf
ihrer Fabrikate uuter eine gemeinsame Verwaltung stellten und den sich er¬
gebenden Gewinn nach der Leistungsfähigkeit und dem Werthe der einzelnen
Etablissements zur Vertheilung zu bringen beschlossen. Gegen diejenigen Be¬
sitzer von Anstalten zur Herstellung gereinigten Petroleums, die sich von dein
Ringe fern hielten, wurde mit Aufwand aller Kräfte Krieg geführt, ein Ver¬
fahren, welches zur Folge hatte, daß die Mehrzahl dieser Widerspenstigen dem
Bankerott versiele und ihre Werkstätten und Oellager in den Besitz der Stan¬
dard Oil Compagny überginge.

Die wichtigste und wirksamste Waffe in diesen: wiederum echt amerikanischen
Vernichtungs- und Eroberungskriege boten die Gesellschaften dar, welche die
Eisenbahnen zwischen der Oelregion Pennsylvaniens und den verschiedenen
Naffineriewerken und Handelsplätzen der atlantischen Küste besaßen und nun
den Mitgliedern des Ringes fehr erhebliche Frachtermäßigungen gewährten,
während die außerhalb dieses Verbandes Gebliebenen nicht blos unter dem
lahmlegenden Drucke eines höheren Tarifs zu leiden hatten, sondern zugleich
verschiedenen anderen Benachtheiligungen ausgesetzt waren, von denen wir nur
erwähnen, daß man sie längere Zeit ans Beförderung ihrer Waaren durch die
Bahnen warten ließ.

Wir in Europa haben von diesem Ringe erst dann Nachricht erhalten,
als er sich nach Ueberwindung aller Schwierigkeiten in voller Kraft fühlte und
nun die Preise des Raffinats plötzlich anzogen. Diejenigen des rohen Petro-


selbe unterirdische Oelfeld auspumpen und die zeitweilige Betriebsunterbrechung
des A dem B eine größere Oelmenge geliefert, den Brunnen des A aber voll¬
ständig werthlos gemacht haben würde.

Von den Rossi-Produzenten war also nichts zu hoffen. Dagegen be¬
fanden sich die Raffinerien, deren Gesammtkapazitnt etwa zweimal großer als der
gegenwärtige Konsum ist, in günstigerer Lage. Sie waren in wenigen Händen,
und so war es leicht, die Interessenten zu veranlassen, daß sie gemeinsame
Schritte thaten, um das Angebot fertiger Waare zu regeln. Diesen Gedanken
ergriff auch eine der größten Naffineriegesellschaften, die Standard Oil Cvm-
pagny zu Cleveland im Staat Ohio. Dieselbe stellte sich als Aufgabe nicht
blos die Erreichung von Preisen, bei denen man bestehen könne, sondern anch
die Monopolisirung des gescunmten Petroleumhandels. Zu diesem Behufe ver¬
mehrte sie zunächst ihr Kapital und setzte dann alle irgend zur Verfügung
stehenden Mittel in Bewegung, um wo möglich sämmtliche Raffinerien für
ihren Plan zu gewinnen. Dieß gelang nach längerem Bemühen beinahe voll¬
ständig. Im Frühling des vorigen Jahres waren nicht weniger als elf Zwölftel
der gestimmten Industriellen dieser Geschäftsbräuche zu einem „Ringe", einem
Bunde zusammengetreten, dessen Mitglieder ihre Fabriken und den Verkauf
ihrer Fabrikate uuter eine gemeinsame Verwaltung stellten und den sich er¬
gebenden Gewinn nach der Leistungsfähigkeit und dem Werthe der einzelnen
Etablissements zur Vertheilung zu bringen beschlossen. Gegen diejenigen Be¬
sitzer von Anstalten zur Herstellung gereinigten Petroleums, die sich von dein
Ringe fern hielten, wurde mit Aufwand aller Kräfte Krieg geführt, ein Ver¬
fahren, welches zur Folge hatte, daß die Mehrzahl dieser Widerspenstigen dem
Bankerott versiele und ihre Werkstätten und Oellager in den Besitz der Stan¬
dard Oil Compagny überginge.

Die wichtigste und wirksamste Waffe in diesen: wiederum echt amerikanischen
Vernichtungs- und Eroberungskriege boten die Gesellschaften dar, welche die
Eisenbahnen zwischen der Oelregion Pennsylvaniens und den verschiedenen
Naffineriewerken und Handelsplätzen der atlantischen Küste besaßen und nun
den Mitgliedern des Ringes fehr erhebliche Frachtermäßigungen gewährten,
während die außerhalb dieses Verbandes Gebliebenen nicht blos unter dem
lahmlegenden Drucke eines höheren Tarifs zu leiden hatten, sondern zugleich
verschiedenen anderen Benachtheiligungen ausgesetzt waren, von denen wir nur
erwähnen, daß man sie längere Zeit ans Beförderung ihrer Waaren durch die
Bahnen warten ließ.

Wir in Europa haben von diesem Ringe erst dann Nachricht erhalten,
als er sich nach Ueberwindung aller Schwierigkeiten in voller Kraft fühlte und
nun die Preise des Raffinats plötzlich anzogen. Diejenigen des rohen Petro-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/62>, abgerufen am 24.08.2024.