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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Einwohnern verwandelten, und daß Enniskillen, 1860 noch von dichten Ur¬
wäldern bedeckt und fast menschenleer, zu einer wohlknltivirten Gegend wurde.

Gegenwärtig treffen wir in allen hervorragenden Orten der Oelregion
Nordamerikas Petrolenmbörsen, die gewohnlich im ersten Hotel eingemiethet
sind und ein anstoßendes eigenes Telegraphenbureau mit fünf bis sechs Be¬
amten von früh bis Abends, beschäftigen. Jeder dieser Orte besitzt ferner ein
täglich erscheinendes und ost noch ein Wochenblatt, welches ausschließlich den
Interessen der Petroleum-Industrie dient, um die sich hier selbstverständlich
alle übrigen drehen. Die hervorragendsten Handelsstädte für das gereinigte
Petroleum sind gegenwärtig New-York, Baltimore und Philadelphia.

Wenn wir von den überaus schwankenden Preisen der ersten drei Jahre
absehen, so ergibt sich für die Jahre 1862 bis inclusive 1875 als Durch¬
schnittspreis für das Hektoliter Rossi 8 Mark 8 Pfennige. Besonders niedrig
waren die Preise der Jahre 1873 bis 1875, wo sie bis auf 6 Mark gesunken
waren. Die Ursache hiervon lag darin, daß die Nachfrage von auswärts theils
w Folge der allgemein eingetretenen mißlichen Lage in Europa, theils wegen
übergroßer Lagervorräthe auf den dortigen Märkten stark zurückging, während
das Angebot durch die vorzüglich seit 1873 plötzlich wieder ergiebiger gewor¬
denen Quellen der unteren Oelregion in unerhörtem Grade gesteigert wurde.
Diesem Uebelstande abzuhelfen, wurde der sogenannte "Petrolenmring" gebildet,
eine Verbindung von Interessenten der Steinöl-Jndustrie zum Behuf der Er¬
höhung des Preises für ihre Erzeugnisse. Es ist viel über diese Genossen¬
schaft vermuthet, gerathen und gefabelt worden. Der Verfasser unserer Schrift
gibt zum ersten Mal ans guten Quellen geschöpfte und zuverlässige Mitthei¬
lungen über dieselbe, die wir in abgekürzter Gestalt folgen lassen.

Die tief gefallenen Preise des Petroleums in den genannten drei Jahren
drückten das ganze Geschäft der Art, daß es ohne Gewinn, ja mit erheblichem
Verlust arbeitete. Dieß erzeugte den Wunsch nach Abhülfe und gesunderen
Verhältnissen, und schließlich empfand man, daß etwas geschehen müsse, wenn
die Petroleum-Industrie nicht dem Untergange anheimfallen folle. Dem Uebel
hätte durch Herabminderung der Erzeugung von Rossi gesteuert werden können,
^me gänzliche zeitweilige Einstellung des Betriebes der Oelbrunnen, die wenig¬
stens tausend Besitzern gehören, war aber nicht durchführbar, auch hätte sie
Monate lang dauern müssen, wenn unter den Vorräthen der Märkte merklich
"ut wirksam aufgeräumt werden sollte. Ein theilweise vorgenommenes Ein¬
stellen des Betriebes Hütte, wenn hierzu auch viele Besitzer von Brunnen ge¬
neigt gewesen wären, große Schädigung und zuletzt vollkommene Entwerthung
des Besitzes der Ruhenden zur Folge gehabt, da die momentan Oel liefernden
Brunnen mit ihrer Thätigkeit nicht aufhören konnten, indem benachbarte das-
^


Grcnzboten IV. 1377.

Einwohnern verwandelten, und daß Enniskillen, 1860 noch von dichten Ur¬
wäldern bedeckt und fast menschenleer, zu einer wohlknltivirten Gegend wurde.

Gegenwärtig treffen wir in allen hervorragenden Orten der Oelregion
Nordamerikas Petrolenmbörsen, die gewohnlich im ersten Hotel eingemiethet
sind und ein anstoßendes eigenes Telegraphenbureau mit fünf bis sechs Be¬
amten von früh bis Abends, beschäftigen. Jeder dieser Orte besitzt ferner ein
täglich erscheinendes und ost noch ein Wochenblatt, welches ausschließlich den
Interessen der Petroleum-Industrie dient, um die sich hier selbstverständlich
alle übrigen drehen. Die hervorragendsten Handelsstädte für das gereinigte
Petroleum sind gegenwärtig New-York, Baltimore und Philadelphia.

Wenn wir von den überaus schwankenden Preisen der ersten drei Jahre
absehen, so ergibt sich für die Jahre 1862 bis inclusive 1875 als Durch¬
schnittspreis für das Hektoliter Rossi 8 Mark 8 Pfennige. Besonders niedrig
waren die Preise der Jahre 1873 bis 1875, wo sie bis auf 6 Mark gesunken
waren. Die Ursache hiervon lag darin, daß die Nachfrage von auswärts theils
w Folge der allgemein eingetretenen mißlichen Lage in Europa, theils wegen
übergroßer Lagervorräthe auf den dortigen Märkten stark zurückging, während
das Angebot durch die vorzüglich seit 1873 plötzlich wieder ergiebiger gewor¬
denen Quellen der unteren Oelregion in unerhörtem Grade gesteigert wurde.
Diesem Uebelstande abzuhelfen, wurde der sogenannte „Petrolenmring" gebildet,
eine Verbindung von Interessenten der Steinöl-Jndustrie zum Behuf der Er¬
höhung des Preises für ihre Erzeugnisse. Es ist viel über diese Genossen¬
schaft vermuthet, gerathen und gefabelt worden. Der Verfasser unserer Schrift
gibt zum ersten Mal ans guten Quellen geschöpfte und zuverlässige Mitthei¬
lungen über dieselbe, die wir in abgekürzter Gestalt folgen lassen.

Die tief gefallenen Preise des Petroleums in den genannten drei Jahren
drückten das ganze Geschäft der Art, daß es ohne Gewinn, ja mit erheblichem
Verlust arbeitete. Dieß erzeugte den Wunsch nach Abhülfe und gesunderen
Verhältnissen, und schließlich empfand man, daß etwas geschehen müsse, wenn
die Petroleum-Industrie nicht dem Untergange anheimfallen folle. Dem Uebel
hätte durch Herabminderung der Erzeugung von Rossi gesteuert werden können,
^me gänzliche zeitweilige Einstellung des Betriebes der Oelbrunnen, die wenig¬
stens tausend Besitzern gehören, war aber nicht durchführbar, auch hätte sie
Monate lang dauern müssen, wenn unter den Vorräthen der Märkte merklich
"ut wirksam aufgeräumt werden sollte. Ein theilweise vorgenommenes Ein¬
stellen des Betriebes Hütte, wenn hierzu auch viele Besitzer von Brunnen ge¬
neigt gewesen wären, große Schädigung und zuletzt vollkommene Entwerthung
des Besitzes der Ruhenden zur Folge gehabt, da die momentan Oel liefernden
Brunnen mit ihrer Thätigkeit nicht aufhören konnten, indem benachbarte das-
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Grcnzboten IV. 1377.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/61>, abgerufen am 24.08.2024.