Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

glückte aber, indem Smiths Sonnabend, den 27. August in einer Tiefe voll
22 Metern eine sechszöllige ölführende Kluft öffnete. Als Smiths am nächsten
Montag wieder zum Bohrloche kam, fand er es mit Petroleum gefüllt, so daß
er täglich 400 Gallonen herausholen konnte. Nach Erbauung einer Pumpe
steigerte sich die tägliche Production auf 1050 Gallonen oder etwa 39 Hektoliter,
die man im Durchschnitt zu 58 Mark pro Hektoliter verkaufte. Der 27. August ^
1859 ist also als der Geburtstag der gestimmten amerikanischen Petroleum-
Industrie zu betrachten.

Und damit war denn auch das "Oelfieber" geschaffen, jene unbeschreibliche
echt amerikanische Hast, dnrch glückliche Petroleumfnnde in kürzester Frist reich
zu werdeu. Es bewirkte, daß das Land an den Ufern des Oil Creek und
des Alleghany-Flusses wie im Nu zu bis dahin unerhörten Preisen pacht-
oder kausweise in Hände kam, welche Bohrnngen auf Petroleum beabsichtigten.
Die Aufregung stieg mit dem günstigen Erfolge mehrerer Unternehmer. Im
November erreichten Barnsdale, Meade und Ronse in der Nähe des Drake'schen
Bohrbrnnnens in einer Tiefe von 26 Metern ebenfalls die ölführende Schicht,
doch gab dieselbe hier nur ungefähr 8 Hektoliter täglich, bis man das Bohr¬
loch auf 52 Meter abteufte, wo man sich mit einer Tageserzeugnng von 63
bis 79 Hektolitern oder 40 bis 50 Fässern belohnt sah. Ein solcher Erfolg
beschleunigte natürlich die Pulsschläge des Oelfiebers. Alles bestrebte sich, so
rasch wie möglich Brunnen anzulegen, und hierbei ersetzte allgemein die
Dampfkraft die zu laugsam arbeitende Menschenhand, ein Vorgang, wie er
damals in Europa im Bohrwesen selten war. Eine zweite Petroleum enthaltende
Schicht wurde im Februar 1861 voll Funk in der Nähe von Petroleum Centre
w einer Tiefe von 200 Fuß erreicht. Bald eröffnete derselbe ebendaselbst eine
dritte, die 400 Fuß tief lag und in einem überfließenden Brunnen, dem
ersten seiner Art in Pennsylvanien, täglich 477 Hektoliter lieferte. Ein noch
gewaltigeres Ergebniß gewann man anf der sogenannten Tarsarin, wo mau
durch den Phillips Well täglich 4770 Hektoliter oder 3000 Faß zu Tage
förderte, während der Empire Well und der noble Well ähnliche Massen von
Steinöl ergossen.

Die Aufregung der Petrolenmspeknlanten, die Einwanderung einer bunt
Zusammengewürfelten Menschenmasse stieg, als dieß bekannt wurde, ganz außer¬
ordentlich. Das Kapital, die Arbeit, aber auch Abenteurer aller Art, der Abhub
der bürgerlichen Gesellschaft wendeten sich den Oelregionen zu, und eine Zeitlang
konnte man glauben, daß die entlegneren Goldfelder Californiens ihre Anziehungs¬
kraft völlig verloren hätten. Städte mit vielen Tausenden von Einwohnern,
die in netten Holzhäusern wohnten, mit Post- und Telegraphenämtern, Hotels
i'n großen Stil, Theatern, Restaurationen, elegant und reich ausgestatteten


glückte aber, indem Smiths Sonnabend, den 27. August in einer Tiefe voll
22 Metern eine sechszöllige ölführende Kluft öffnete. Als Smiths am nächsten
Montag wieder zum Bohrloche kam, fand er es mit Petroleum gefüllt, so daß
er täglich 400 Gallonen herausholen konnte. Nach Erbauung einer Pumpe
steigerte sich die tägliche Production auf 1050 Gallonen oder etwa 39 Hektoliter,
die man im Durchschnitt zu 58 Mark pro Hektoliter verkaufte. Der 27. August ^
1859 ist also als der Geburtstag der gestimmten amerikanischen Petroleum-
Industrie zu betrachten.

Und damit war denn auch das „Oelfieber" geschaffen, jene unbeschreibliche
echt amerikanische Hast, dnrch glückliche Petroleumfnnde in kürzester Frist reich
zu werdeu. Es bewirkte, daß das Land an den Ufern des Oil Creek und
des Alleghany-Flusses wie im Nu zu bis dahin unerhörten Preisen pacht-
oder kausweise in Hände kam, welche Bohrnngen auf Petroleum beabsichtigten.
Die Aufregung stieg mit dem günstigen Erfolge mehrerer Unternehmer. Im
November erreichten Barnsdale, Meade und Ronse in der Nähe des Drake'schen
Bohrbrnnnens in einer Tiefe von 26 Metern ebenfalls die ölführende Schicht,
doch gab dieselbe hier nur ungefähr 8 Hektoliter täglich, bis man das Bohr¬
loch auf 52 Meter abteufte, wo man sich mit einer Tageserzeugnng von 63
bis 79 Hektolitern oder 40 bis 50 Fässern belohnt sah. Ein solcher Erfolg
beschleunigte natürlich die Pulsschläge des Oelfiebers. Alles bestrebte sich, so
rasch wie möglich Brunnen anzulegen, und hierbei ersetzte allgemein die
Dampfkraft die zu laugsam arbeitende Menschenhand, ein Vorgang, wie er
damals in Europa im Bohrwesen selten war. Eine zweite Petroleum enthaltende
Schicht wurde im Februar 1861 voll Funk in der Nähe von Petroleum Centre
w einer Tiefe von 200 Fuß erreicht. Bald eröffnete derselbe ebendaselbst eine
dritte, die 400 Fuß tief lag und in einem überfließenden Brunnen, dem
ersten seiner Art in Pennsylvanien, täglich 477 Hektoliter lieferte. Ein noch
gewaltigeres Ergebniß gewann man anf der sogenannten Tarsarin, wo mau
durch den Phillips Well täglich 4770 Hektoliter oder 3000 Faß zu Tage
förderte, während der Empire Well und der noble Well ähnliche Massen von
Steinöl ergossen.

Die Aufregung der Petrolenmspeknlanten, die Einwanderung einer bunt
Zusammengewürfelten Menschenmasse stieg, als dieß bekannt wurde, ganz außer¬
ordentlich. Das Kapital, die Arbeit, aber auch Abenteurer aller Art, der Abhub
der bürgerlichen Gesellschaft wendeten sich den Oelregionen zu, und eine Zeitlang
konnte man glauben, daß die entlegneren Goldfelder Californiens ihre Anziehungs¬
kraft völlig verloren hätten. Städte mit vielen Tausenden von Einwohnern,
die in netten Holzhäusern wohnten, mit Post- und Telegraphenämtern, Hotels
i'n großen Stil, Theatern, Restaurationen, elegant und reich ausgestatteten


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0057" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138816"/>
          <p xml:id="ID_138" prev="#ID_137"> glückte aber, indem Smiths Sonnabend, den 27. August in einer Tiefe voll<lb/>
22 Metern eine sechszöllige ölführende Kluft öffnete. Als Smiths am nächsten<lb/>
Montag wieder zum Bohrloche kam, fand er es mit Petroleum gefüllt, so daß<lb/>
er täglich 400 Gallonen herausholen konnte. Nach Erbauung einer Pumpe<lb/>
steigerte sich die tägliche Production auf 1050 Gallonen oder etwa 39 Hektoliter,<lb/>
die man im Durchschnitt zu 58 Mark pro Hektoliter verkaufte. Der 27. August ^<lb/>
1859 ist also als der Geburtstag der gestimmten amerikanischen Petroleum-<lb/>
Industrie zu betrachten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_139"> Und damit war denn auch das &#x201E;Oelfieber" geschaffen, jene unbeschreibliche<lb/>
echt amerikanische Hast, dnrch glückliche Petroleumfnnde in kürzester Frist reich<lb/>
zu werdeu. Es bewirkte, daß das Land an den Ufern des Oil Creek und<lb/>
des Alleghany-Flusses wie im Nu zu bis dahin unerhörten Preisen pacht-<lb/>
oder kausweise in Hände kam, welche Bohrnngen auf Petroleum beabsichtigten.<lb/>
Die Aufregung stieg mit dem günstigen Erfolge mehrerer Unternehmer. Im<lb/>
November erreichten Barnsdale, Meade und Ronse in der Nähe des Drake'schen<lb/>
Bohrbrnnnens in einer Tiefe von 26 Metern ebenfalls die ölführende Schicht,<lb/>
doch gab dieselbe hier nur ungefähr 8 Hektoliter täglich, bis man das Bohr¬<lb/>
loch auf 52 Meter abteufte, wo man sich mit einer Tageserzeugnng von 63<lb/>
bis 79 Hektolitern oder 40 bis 50 Fässern belohnt sah. Ein solcher Erfolg<lb/>
beschleunigte natürlich die Pulsschläge des Oelfiebers. Alles bestrebte sich, so<lb/>
rasch wie möglich Brunnen anzulegen, und hierbei ersetzte allgemein die<lb/>
Dampfkraft die zu laugsam arbeitende Menschenhand, ein Vorgang, wie er<lb/>
damals in Europa im Bohrwesen selten war. Eine zweite Petroleum enthaltende<lb/>
Schicht wurde im Februar 1861 voll Funk in der Nähe von Petroleum Centre<lb/>
w einer Tiefe von 200 Fuß erreicht. Bald eröffnete derselbe ebendaselbst eine<lb/>
dritte, die 400 Fuß tief lag und in einem überfließenden Brunnen, dem<lb/>
ersten seiner Art in Pennsylvanien, täglich 477 Hektoliter lieferte. Ein noch<lb/>
gewaltigeres Ergebniß gewann man anf der sogenannten Tarsarin, wo mau<lb/>
durch den Phillips Well täglich 4770 Hektoliter oder 3000 Faß zu Tage<lb/>
förderte, während der Empire Well und der noble Well ähnliche Massen von<lb/>
Steinöl ergossen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_140" next="#ID_141"> Die Aufregung der Petrolenmspeknlanten, die Einwanderung einer bunt<lb/>
Zusammengewürfelten Menschenmasse stieg, als dieß bekannt wurde, ganz außer¬<lb/>
ordentlich. Das Kapital, die Arbeit, aber auch Abenteurer aller Art, der Abhub<lb/>
der bürgerlichen Gesellschaft wendeten sich den Oelregionen zu, und eine Zeitlang<lb/>
konnte man glauben, daß die entlegneren Goldfelder Californiens ihre Anziehungs¬<lb/>
kraft völlig verloren hätten. Städte mit vielen Tausenden von Einwohnern,<lb/>
die in netten Holzhäusern wohnten, mit Post- und Telegraphenämtern, Hotels<lb/>
i'n großen Stil, Theatern, Restaurationen, elegant und reich ausgestatteten</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0057] glückte aber, indem Smiths Sonnabend, den 27. August in einer Tiefe voll 22 Metern eine sechszöllige ölführende Kluft öffnete. Als Smiths am nächsten Montag wieder zum Bohrloche kam, fand er es mit Petroleum gefüllt, so daß er täglich 400 Gallonen herausholen konnte. Nach Erbauung einer Pumpe steigerte sich die tägliche Production auf 1050 Gallonen oder etwa 39 Hektoliter, die man im Durchschnitt zu 58 Mark pro Hektoliter verkaufte. Der 27. August ^ 1859 ist also als der Geburtstag der gestimmten amerikanischen Petroleum- Industrie zu betrachten. Und damit war denn auch das „Oelfieber" geschaffen, jene unbeschreibliche echt amerikanische Hast, dnrch glückliche Petroleumfnnde in kürzester Frist reich zu werdeu. Es bewirkte, daß das Land an den Ufern des Oil Creek und des Alleghany-Flusses wie im Nu zu bis dahin unerhörten Preisen pacht- oder kausweise in Hände kam, welche Bohrnngen auf Petroleum beabsichtigten. Die Aufregung stieg mit dem günstigen Erfolge mehrerer Unternehmer. Im November erreichten Barnsdale, Meade und Ronse in der Nähe des Drake'schen Bohrbrnnnens in einer Tiefe von 26 Metern ebenfalls die ölführende Schicht, doch gab dieselbe hier nur ungefähr 8 Hektoliter täglich, bis man das Bohr¬ loch auf 52 Meter abteufte, wo man sich mit einer Tageserzeugnng von 63 bis 79 Hektolitern oder 40 bis 50 Fässern belohnt sah. Ein solcher Erfolg beschleunigte natürlich die Pulsschläge des Oelfiebers. Alles bestrebte sich, so rasch wie möglich Brunnen anzulegen, und hierbei ersetzte allgemein die Dampfkraft die zu laugsam arbeitende Menschenhand, ein Vorgang, wie er damals in Europa im Bohrwesen selten war. Eine zweite Petroleum enthaltende Schicht wurde im Februar 1861 voll Funk in der Nähe von Petroleum Centre w einer Tiefe von 200 Fuß erreicht. Bald eröffnete derselbe ebendaselbst eine dritte, die 400 Fuß tief lag und in einem überfließenden Brunnen, dem ersten seiner Art in Pennsylvanien, täglich 477 Hektoliter lieferte. Ein noch gewaltigeres Ergebniß gewann man anf der sogenannten Tarsarin, wo mau durch den Phillips Well täglich 4770 Hektoliter oder 3000 Faß zu Tage förderte, während der Empire Well und der noble Well ähnliche Massen von Steinöl ergossen. Die Aufregung der Petrolenmspeknlanten, die Einwanderung einer bunt Zusammengewürfelten Menschenmasse stieg, als dieß bekannt wurde, ganz außer¬ ordentlich. Das Kapital, die Arbeit, aber auch Abenteurer aller Art, der Abhub der bürgerlichen Gesellschaft wendeten sich den Oelregionen zu, und eine Zeitlang konnte man glauben, daß die entlegneren Goldfelder Californiens ihre Anziehungs¬ kraft völlig verloren hätten. Städte mit vielen Tausenden von Einwohnern, die in netten Holzhäusern wohnten, mit Post- und Telegraphenämtern, Hotels i'n großen Stil, Theatern, Restaurationen, elegant und reich ausgestatteten

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/57
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/57>, abgerufen am 25.08.2024.