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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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gehen pflegen, da man denn vor ihnen beiden Majestäten, das Schwerd, damit
die Stadt gewonnen und erobert worden, welches kurz, umgeschaffen, unflätig,
schwarz und ganz altfränkisch ist, vorträgt. Das Schwerd aber, so man sonsten nach
Gewonheit vor dem Könige, die ^ustitia damit anzuzeigen, zu tragen Pfleget,
kehret man allewege im Tragen dasselbe mit dem Krenz und Kopf über sich
und mit der Spitzen uuter sich und gegen der Erden und dies darumb, daß
er die Schlacht, so er wieder den König von Portugal, des itzt regierenden
Vater, fürgenvmmen und aeführt, mit alle seinem Heer verloren hat und mit
den Seinigen feldflüchtig worden ist. Also ward ich desselben Tages gewahr,
daß der König der Königin Diener ist, denn in der Prozession führete er die
Königin zur Rechten, der kardinal aber zur Linken. Es dienen auch fürchten
alle Edelleute die Königin mehr denn den König, der König befleißiget sich
auch alle Stunden, wie er allein der Königinne Befehl, Gebot und Wohlgefallen
erfüllen und vollbringen möge. Wo auch der König Jemandem Briefe giebet,
werden dieselben doch ohne Verwilligung der Königinne nicht gesiegelt, denn
sie überliefet zuvor alle Briefe selbst und wo ihr darinnen was nicht gefällt,
Zerreißt sie dieselben, auch in Gegenwart des Königes. Der König darf auch
ohne Verwilligung der Königin nichts thun, was die Königin aber mit ihm
schafft, muß er thun. Denn was der Kardinal, der ein geborener Graf aus
Spanien ist, und sehr gewaltig im Königreich mit der Königin übereinträgt,
dem muß der König hold thun. Darum redet man in Aragonien und Katalonien
dem Kardinal sehr schändlich und übel nach, geben auch weder auf des Königs
noch des Kardinals Gebot etwas, so brieflich ausgehet an obbemeldte Länder,
sonderlich aber in ihrem Land fürchten sie die Königin vielmehr denn den
König. Der König ist ein natürlicher Herr von Aragonien, Katalonien und
Civilieu, doch wird der König umb der Königin Willen durch ganz Hispania,
darinn die Königin eine Erbfrau ist, mehr gefürchtet und geehret, denn in
seinen eigenen Landen. Es reden auch die Unterthanen des Königes in
Catalonien und Aragonien unverholen und sagen öffentlich, Habs auch von
vielen in Hispanien gehöret, daß die Königin eine geborene Judenmutter sei,
denn wie ich's mit Augen gesehen habe, vertraut sie den getauften Juden
(welche jedoch gar viel ärger denn die beschnittenen Juden) vielmehr denn den
Christen, denn sie Habens nnter Händen und nehmen alle ihre Renten und
Zinsen ein, sind ihre Räthe und ihre Sekretarii, dergleichen des Königs, darumb
ihn auch Viele einen getauften Mohren oder Juden heißen, daß es mich auch
nur sehr Wunder nahm, daß sie umb solcher schändlicher Schmähwort, die
sie ihren eigenen Herren nachreden, nicht gestrafet werden, sondern ihnen solches
alles ungenossen aufgehet, aber das ist die Ursach, weil es ein klein Regiment
in selben Lande hat, so sind auch wenig Gesetz, darumb lebet ein jeder, wie


Grnizbotcn IV. 1377. 63

gehen pflegen, da man denn vor ihnen beiden Majestäten, das Schwerd, damit
die Stadt gewonnen und erobert worden, welches kurz, umgeschaffen, unflätig,
schwarz und ganz altfränkisch ist, vorträgt. Das Schwerd aber, so man sonsten nach
Gewonheit vor dem Könige, die ^ustitia damit anzuzeigen, zu tragen Pfleget,
kehret man allewege im Tragen dasselbe mit dem Krenz und Kopf über sich
und mit der Spitzen uuter sich und gegen der Erden und dies darumb, daß
er die Schlacht, so er wieder den König von Portugal, des itzt regierenden
Vater, fürgenvmmen und aeführt, mit alle seinem Heer verloren hat und mit
den Seinigen feldflüchtig worden ist. Also ward ich desselben Tages gewahr,
daß der König der Königin Diener ist, denn in der Prozession führete er die
Königin zur Rechten, der kardinal aber zur Linken. Es dienen auch fürchten
alle Edelleute die Königin mehr denn den König, der König befleißiget sich
auch alle Stunden, wie er allein der Königinne Befehl, Gebot und Wohlgefallen
erfüllen und vollbringen möge. Wo auch der König Jemandem Briefe giebet,
werden dieselben doch ohne Verwilligung der Königinne nicht gesiegelt, denn
sie überliefet zuvor alle Briefe selbst und wo ihr darinnen was nicht gefällt,
Zerreißt sie dieselben, auch in Gegenwart des Königes. Der König darf auch
ohne Verwilligung der Königin nichts thun, was die Königin aber mit ihm
schafft, muß er thun. Denn was der Kardinal, der ein geborener Graf aus
Spanien ist, und sehr gewaltig im Königreich mit der Königin übereinträgt,
dem muß der König hold thun. Darum redet man in Aragonien und Katalonien
dem Kardinal sehr schändlich und übel nach, geben auch weder auf des Königs
noch des Kardinals Gebot etwas, so brieflich ausgehet an obbemeldte Länder,
sonderlich aber in ihrem Land fürchten sie die Königin vielmehr denn den
König. Der König ist ein natürlicher Herr von Aragonien, Katalonien und
Civilieu, doch wird der König umb der Königin Willen durch ganz Hispania,
darinn die Königin eine Erbfrau ist, mehr gefürchtet und geehret, denn in
seinen eigenen Landen. Es reden auch die Unterthanen des Königes in
Catalonien und Aragonien unverholen und sagen öffentlich, Habs auch von
vielen in Hispanien gehöret, daß die Königin eine geborene Judenmutter sei,
denn wie ich's mit Augen gesehen habe, vertraut sie den getauften Juden
(welche jedoch gar viel ärger denn die beschnittenen Juden) vielmehr denn den
Christen, denn sie Habens nnter Händen und nehmen alle ihre Renten und
Zinsen ein, sind ihre Räthe und ihre Sekretarii, dergleichen des Königs, darumb
ihn auch Viele einen getauften Mohren oder Juden heißen, daß es mich auch
nur sehr Wunder nahm, daß sie umb solcher schändlicher Schmähwort, die
sie ihren eigenen Herren nachreden, nicht gestrafet werden, sondern ihnen solches
alles ungenossen aufgehet, aber das ist die Ursach, weil es ein klein Regiment
in selben Lande hat, so sind auch wenig Gesetz, darumb lebet ein jeder, wie


Grnizbotcn IV. 1377. 63
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/501>, abgerufen am 22.07.2024.