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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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ihnen drei Dukaten geben, denn also waren sie mit einander über mich eins
worden, wie ich dann anch that. O wie große Hinterlist ist mir von dem
Doktor mitgespielet, denn er achtet seines Herrn des Kardinals Befehl ganz
für nichts. Es war zwar kein Wunder, denn er wegen seines Betruges und
Schalkheit vom Könige aus Frankreich verjagt und bandiret worden. Ich
war zwar bei vier Wochen am Königlichen Hofe, ehe denn ich einige Antwort
bekommen mochte, aus Ursachen, sie dachten, ich würde vom Könige was bitten,
des furchten sie sich; da ich mich aber vernehmen ließ, ich wollte vom Könige
nichts begehren noch bitten, denn alleine sichere Geleitsbriefe, denn ich wäre
kein Bettler, daß ich um Begabung und Geschenk willen zum Könige kommen
wär, da sie solches vernahmen, sagten sie, wenn dem also ist, so möchte ich
alle Stunden fürkommen. Es ist aber eine schändliche Ehre einem Könige
was an Ehren zu ersparen, daraus hernach Schand erwächst, und ob ich wohl
mich was vom König zu bitten niemalen unterstanden oder fürgenommen, sollten
sie doch solches von mir als von einem ausländischen Wandersmanne, da ich
soviel Königreiche durchzogen mit Gefahr meines Leibes und Gutes, damit ich
ihren König gleichfalls sehen möchte, seiner Majestät zu Ehren zu reden und
solches sich vermerken zu lassen enthalten haben. Darumb that auch der
bemeldte Doktor nichts, ob er mir wohl viel zusagte, denn er wollte, wie auch
andre, die mich vor den König zu kommen befördern sollten, beschenkt sein.
Ob ich ihn wohl zwei oder dreimal zu mir eingeladen, wollte es doch bei ihm
kein Ansehen haben, denn es war keine Ehre in ihnen. Mittlerweile kam ein
Ambasiator oder gesandter Orator des Herzogen von Bnrgundien, mit Namen
Lupian, welcher ein Edelmann war, dem legte ich diese Sachen für, der nahm
mich so bald mit der Hand und führte mich mit sich für den König und
erzählte Seiner Majestät meine Tugenden. Desselben Tages begehrete ich
Geleitsbriefe, die wurden mir auch folgenden Tages zugestellt. Also gesegnet
ich Seiner Majestät, welche mir hundert Dublonen, der eine anderthalben
Dukaten gilt, in die Herberge schickte, mich aus der Herberge zu lösen, desgleichen
mir auch zwei Roß verehret. Die Königin aber war gar übel kontent, daß
ich dem Könige von Kaiserlicher Majestät und dem Herzoge von Bnrgundien
Briefe brachte und überantwortet hätte, und ihr der Königin keine. Denn es
gehet allda gar widersinnisch zu; die Königin ist König und der König ist ihr
Diener. Dieses Hoff Regiment war mir gar unbewußt. Am Christ-Abend
lernte ich es erst durch diese Weise. Am selbem Tage ist ein jährlich Gedächt¬
niß, daß Sevilla von Christen belagert und die Pagani oder Heiden (so matt
noch itzund hin und wieder im Lande Barbaros nennt) ausgetrieben sein,
darumb wird jährlich umb diese Zeit eine Prozession und Kreuzgang gehalten,
darinnen auch beide, König und Königinn?, so ferne sie einheimisch sein, zu


ihnen drei Dukaten geben, denn also waren sie mit einander über mich eins
worden, wie ich dann anch that. O wie große Hinterlist ist mir von dem
Doktor mitgespielet, denn er achtet seines Herrn des Kardinals Befehl ganz
für nichts. Es war zwar kein Wunder, denn er wegen seines Betruges und
Schalkheit vom Könige aus Frankreich verjagt und bandiret worden. Ich
war zwar bei vier Wochen am Königlichen Hofe, ehe denn ich einige Antwort
bekommen mochte, aus Ursachen, sie dachten, ich würde vom Könige was bitten,
des furchten sie sich; da ich mich aber vernehmen ließ, ich wollte vom Könige
nichts begehren noch bitten, denn alleine sichere Geleitsbriefe, denn ich wäre
kein Bettler, daß ich um Begabung und Geschenk willen zum Könige kommen
wär, da sie solches vernahmen, sagten sie, wenn dem also ist, so möchte ich
alle Stunden fürkommen. Es ist aber eine schändliche Ehre einem Könige
was an Ehren zu ersparen, daraus hernach Schand erwächst, und ob ich wohl
mich was vom König zu bitten niemalen unterstanden oder fürgenommen, sollten
sie doch solches von mir als von einem ausländischen Wandersmanne, da ich
soviel Königreiche durchzogen mit Gefahr meines Leibes und Gutes, damit ich
ihren König gleichfalls sehen möchte, seiner Majestät zu Ehren zu reden und
solches sich vermerken zu lassen enthalten haben. Darumb that auch der
bemeldte Doktor nichts, ob er mir wohl viel zusagte, denn er wollte, wie auch
andre, die mich vor den König zu kommen befördern sollten, beschenkt sein.
Ob ich ihn wohl zwei oder dreimal zu mir eingeladen, wollte es doch bei ihm
kein Ansehen haben, denn es war keine Ehre in ihnen. Mittlerweile kam ein
Ambasiator oder gesandter Orator des Herzogen von Bnrgundien, mit Namen
Lupian, welcher ein Edelmann war, dem legte ich diese Sachen für, der nahm
mich so bald mit der Hand und führte mich mit sich für den König und
erzählte Seiner Majestät meine Tugenden. Desselben Tages begehrete ich
Geleitsbriefe, die wurden mir auch folgenden Tages zugestellt. Also gesegnet
ich Seiner Majestät, welche mir hundert Dublonen, der eine anderthalben
Dukaten gilt, in die Herberge schickte, mich aus der Herberge zu lösen, desgleichen
mir auch zwei Roß verehret. Die Königin aber war gar übel kontent, daß
ich dem Könige von Kaiserlicher Majestät und dem Herzoge von Bnrgundien
Briefe brachte und überantwortet hätte, und ihr der Königin keine. Denn es
gehet allda gar widersinnisch zu; die Königin ist König und der König ist ihr
Diener. Dieses Hoff Regiment war mir gar unbewußt. Am Christ-Abend
lernte ich es erst durch diese Weise. Am selbem Tage ist ein jährlich Gedächt¬
niß, daß Sevilla von Christen belagert und die Pagani oder Heiden (so matt
noch itzund hin und wieder im Lande Barbaros nennt) ausgetrieben sein,
darumb wird jährlich umb diese Zeit eine Prozession und Kreuzgang gehalten,
darinnen auch beide, König und Königinn?, so ferne sie einheimisch sein, zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/500>, abgerufen am 22.07.2024.