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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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das diese Untreue erwachsen, davon sich vielleicht andere vielmehr Unglück
spinnen werden."

"Desgleichen hat der König zur selben Zeit einen Bischof von Ever,*)
der ein Grase war, sambt andern großen Herren gefangen, welcher auch in
des Königs Tod verwilliget hatte, denn die andern waren entgangen. Den
Bischof aber hat er in eine Cisterne mit Banden gesetzet, darinnen ist er in
Wasser bis an die Brust gesessen, etliche Tage ungessen. Auf fleißiges Bitten
aber, der König wollte ihme seine harte Gefängniß leidlicher machen, er wollte
Seiner Majestät die rechte Wahrheit sagen, hat der König befohlen, das Wasser
in der Cisterne abzulassen und ihme Bette hinein zu geben und Speise gleich¬
falls darzureichen. Da hat er frei öffentlich bekennet, daß mehr denn 60 Edel¬
leute und große Herren mit ihme und dem ertödteten Fürsten in Verbündniß
gestanden waren, den König umzubringen. Bald des andern Tages oder kurz
darnach danket der König Gotte, dem Allmächtigen, vor alle seinem Hofgesinde
öffentlich ans seinen Knien, daß er ihn vor des Todes Gefahr fo gnädiglich
errettet hätte, unter andern redet er diese Worte: "Ich schäme mich und darf
nicht bekennen vor Euch die große Menge und Anzahl meiner Verräther";
schicket sobald nach Lissabon, zur Zeit als ich noch da war, und befahl bei
strenger Strafe allen Einwohnern, daß sie Prozessiones und Kreuzgang hielten
und Gott dankten, der ihm, dem König, gegen seine Feinde Sieg und Ueber¬
windung verliehen hätte. Die Prozession hab ich mit meinen Augen gesehen,
das andre, so eben vom Bischof geschrieben stehet, haben mir gewisse und
glaubhafte Leute zu Lissabon gesaget, die auch von Satuber kamen. Etliche
vom Hofe sagten, sie wären dabei gewest, stimmten doch nicht allenthalben
überein, sondern redeten mancherlei Weise davon. Das gemeine Geschrei ging,
der König wäre heimlich und verborgen uuter dem Kleide gewapnet gewesen,
dann er zuvor und allbereit in Erfahrung kommen war, welche mit einander
Wider ihn in Verbündniß gewesen, und daß er eben diesen Tag, da er ihm
gen Alcacer*), das Schloß oder Stadt, zu ziehen Hütte fürgenommen, im Schiff
hätte sollen erwürget werden. Darum hat er den Fürsten zu ihm gefodert
und ihme die Briefe, welche er über den König, ihn zu erwürgen geschrieben
hätte, unter Augen gehalten, den Fürsten also mit einer Hand ergriffen und
mit der andern Hand einen Dollich ihme in die Brust gestoßen. Darnach
waren ihrer zeer, die ins Königs Kammer verborgen, herzugelaufen und ihn
in die rechte und' linke Seiten gestochen. Etliche aber sagten, der Fürst Hütte




*) Garcia de Menezes. Bischof von Evora wurde sofort nach dem Tode des Herzogs
von Alsen als Mitvcrschworcncr verhaftet und soll in eine Cisterne gesetzt und dort an Gift
gestorben sein.
*'
) Alcaceo do Sal.

das diese Untreue erwachsen, davon sich vielleicht andere vielmehr Unglück
spinnen werden."

„Desgleichen hat der König zur selben Zeit einen Bischof von Ever,*)
der ein Grase war, sambt andern großen Herren gefangen, welcher auch in
des Königs Tod verwilliget hatte, denn die andern waren entgangen. Den
Bischof aber hat er in eine Cisterne mit Banden gesetzet, darinnen ist er in
Wasser bis an die Brust gesessen, etliche Tage ungessen. Auf fleißiges Bitten
aber, der König wollte ihme seine harte Gefängniß leidlicher machen, er wollte
Seiner Majestät die rechte Wahrheit sagen, hat der König befohlen, das Wasser
in der Cisterne abzulassen und ihme Bette hinein zu geben und Speise gleich¬
falls darzureichen. Da hat er frei öffentlich bekennet, daß mehr denn 60 Edel¬
leute und große Herren mit ihme und dem ertödteten Fürsten in Verbündniß
gestanden waren, den König umzubringen. Bald des andern Tages oder kurz
darnach danket der König Gotte, dem Allmächtigen, vor alle seinem Hofgesinde
öffentlich ans seinen Knien, daß er ihn vor des Todes Gefahr fo gnädiglich
errettet hätte, unter andern redet er diese Worte: „Ich schäme mich und darf
nicht bekennen vor Euch die große Menge und Anzahl meiner Verräther";
schicket sobald nach Lissabon, zur Zeit als ich noch da war, und befahl bei
strenger Strafe allen Einwohnern, daß sie Prozessiones und Kreuzgang hielten
und Gott dankten, der ihm, dem König, gegen seine Feinde Sieg und Ueber¬
windung verliehen hätte. Die Prozession hab ich mit meinen Augen gesehen,
das andre, so eben vom Bischof geschrieben stehet, haben mir gewisse und
glaubhafte Leute zu Lissabon gesaget, die auch von Satuber kamen. Etliche
vom Hofe sagten, sie wären dabei gewest, stimmten doch nicht allenthalben
überein, sondern redeten mancherlei Weise davon. Das gemeine Geschrei ging,
der König wäre heimlich und verborgen uuter dem Kleide gewapnet gewesen,
dann er zuvor und allbereit in Erfahrung kommen war, welche mit einander
Wider ihn in Verbündniß gewesen, und daß er eben diesen Tag, da er ihm
gen Alcacer*), das Schloß oder Stadt, zu ziehen Hütte fürgenommen, im Schiff
hätte sollen erwürget werden. Darum hat er den Fürsten zu ihm gefodert
und ihme die Briefe, welche er über den König, ihn zu erwürgen geschrieben
hätte, unter Augen gehalten, den Fürsten also mit einer Hand ergriffen und
mit der andern Hand einen Dollich ihme in die Brust gestoßen. Darnach
waren ihrer zeer, die ins Königs Kammer verborgen, herzugelaufen und ihn
in die rechte und' linke Seiten gestochen. Etliche aber sagten, der Fürst Hütte




*) Garcia de Menezes. Bischof von Evora wurde sofort nach dem Tode des Herzogs
von Alsen als Mitvcrschworcncr verhaftet und soll in eine Cisterne gesetzt und dort an Gift
gestorben sein.
*'
) Alcaceo do Sal.
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[0467] das diese Untreue erwachsen, davon sich vielleicht andere vielmehr Unglück spinnen werden." „Desgleichen hat der König zur selben Zeit einen Bischof von Ever,*) der ein Grase war, sambt andern großen Herren gefangen, welcher auch in des Königs Tod verwilliget hatte, denn die andern waren entgangen. Den Bischof aber hat er in eine Cisterne mit Banden gesetzet, darinnen ist er in Wasser bis an die Brust gesessen, etliche Tage ungessen. Auf fleißiges Bitten aber, der König wollte ihme seine harte Gefängniß leidlicher machen, er wollte Seiner Majestät die rechte Wahrheit sagen, hat der König befohlen, das Wasser in der Cisterne abzulassen und ihme Bette hinein zu geben und Speise gleich¬ falls darzureichen. Da hat er frei öffentlich bekennet, daß mehr denn 60 Edel¬ leute und große Herren mit ihme und dem ertödteten Fürsten in Verbündniß gestanden waren, den König umzubringen. Bald des andern Tages oder kurz darnach danket der König Gotte, dem Allmächtigen, vor alle seinem Hofgesinde öffentlich ans seinen Knien, daß er ihn vor des Todes Gefahr fo gnädiglich errettet hätte, unter andern redet er diese Worte: „Ich schäme mich und darf nicht bekennen vor Euch die große Menge und Anzahl meiner Verräther"; schicket sobald nach Lissabon, zur Zeit als ich noch da war, und befahl bei strenger Strafe allen Einwohnern, daß sie Prozessiones und Kreuzgang hielten und Gott dankten, der ihm, dem König, gegen seine Feinde Sieg und Ueber¬ windung verliehen hätte. Die Prozession hab ich mit meinen Augen gesehen, das andre, so eben vom Bischof geschrieben stehet, haben mir gewisse und glaubhafte Leute zu Lissabon gesaget, die auch von Satuber kamen. Etliche vom Hofe sagten, sie wären dabei gewest, stimmten doch nicht allenthalben überein, sondern redeten mancherlei Weise davon. Das gemeine Geschrei ging, der König wäre heimlich und verborgen uuter dem Kleide gewapnet gewesen, dann er zuvor und allbereit in Erfahrung kommen war, welche mit einander Wider ihn in Verbündniß gewesen, und daß er eben diesen Tag, da er ihm gen Alcacer*), das Schloß oder Stadt, zu ziehen Hütte fürgenommen, im Schiff hätte sollen erwürget werden. Darum hat er den Fürsten zu ihm gefodert und ihme die Briefe, welche er über den König, ihn zu erwürgen geschrieben hätte, unter Augen gehalten, den Fürsten also mit einer Hand ergriffen und mit der andern Hand einen Dollich ihme in die Brust gestoßen. Darnach waren ihrer zeer, die ins Königs Kammer verborgen, herzugelaufen und ihn in die rechte und' linke Seiten gestochen. Etliche aber sagten, der Fürst Hütte *) Garcia de Menezes. Bischof von Evora wurde sofort nach dem Tode des Herzogs von Alsen als Mitvcrschworcncr verhaftet und soll in eine Cisterne gesetzt und dort an Gift gestorben sein. *' ) Alcaceo do Sal.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/467>, abgerufen am 22.07.2024.