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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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meine Rede und Werbung vor dem Könige that, da ich vom Tische in die
Kammer geführet ward, wie oben vermeldet, und redete mir hart zu. Ich
antwortet, ich harret, bis mir der König die Hand böte, welches nicht
geschah. Darauf er wiederumb: Ihr sollt von euch selbst dem König
die Hand genommen und die geküsset haben. Da antwortete ich wieder: Ich
bin in diesem Königreich nicht geboren, weiß umb dies Hofes Weise und Ge¬
brauch nichts, bin auch dessen von Euer keinem nie berichtet noch unterwiesen
worden. Wann Ihr bei uns Kaiserlicher Majestät ans eignem Bewegniß Ihre
Hand nehmen und Eures Gefallens küssen wolltet, oder auch anderen Königen
unsers Landes, ehe denn Sie Euch die Hand selbsten darreichten, würdet Ihr
vor eine Bestia angesehen werden. Darum habe ich Seiner Königlichen Ma¬
jestät nach unsers Landes Gewohnheit alle Ehre bezeuget, welche ich Kaiserlicher
Majestät je bezeuget habe; man küsset anch dem Kaiser nicht die Hände, darumb
habe ich dies mehr zu Ehren Seiner Majestät denn zu Schanden unterlassen
und gewartet, bis mir Seine Königliche Majestät von gutten Willen die Hand
darböte und hab dieselbe nicht wie ein grober Bauer von mir selbst nehmen
wollen, denn es ist zu vielen Malen in einem Lande eine Schande, welches
im andern für Ehre geachtet wird und wiederumb. Darumb werde ich meines
Trachtens unbilliger Weise von Euch derhalben gestraft, wirds aber Seiner
Majestät gefällig sein, will ich nicht allein die Hände, sondern auch die Füße
Jhro Majestät küssen. Auf das schwieg der Doctor stille, antwortet gar nichts,
da fingen die anderen Herren zu Hofe an, straften ihn und sagten: Ich hätte
ihm die Wahrheit und Recht gesagt."

"Zur selben Zeit, als ich beim Könige mich aufhielt, war ein Fürst zu
Hofe, der wollte mich zu der Königin führen, denn er war der Bruder der
Königin*), dem antwortet ich, ja wenn es Königliche Majestät mir schaffet?,
daß ich Ihrer Majestät geliebtest Genäsel besuchen möcht, sollte es mir sehr
angenehm sein; von Seinen königlichen Gnaden, ohne Ihrer Majestät Erlaubniß
aber wollte es mir nicht geziemen noch gebüren."

..Am Sonnabend ehe ich von Lissabon abschied, schicket mir der König
einen eigenen Boten mit etlichen Schreiben an Kaiserliche Majestät, den König
wu Hungarn, wie er mir zusagete, als ich ihm gesegnete, mit Begehr, ich
wollte dieselben ja mit Fleiß bewaren und denen sie zustünden überantworten
und zustellen. Es bekam auch der Schatzmeister einen offenen Befehl, darinnen
vom Könige ihm befohlen ward, er sollte mir die besten zwei Mohren, so vor¬
handen und zu bekommen wären, kaufen und in Ihrer Majestät Namen ver¬
ehren. Welches denn auch geschah, denn man gab mir die Wahl unter etlichen



') Herzog Peter von Visen our der Bruder der Königin Leonore.

meine Rede und Werbung vor dem Könige that, da ich vom Tische in die
Kammer geführet ward, wie oben vermeldet, und redete mir hart zu. Ich
antwortet, ich harret, bis mir der König die Hand böte, welches nicht
geschah. Darauf er wiederumb: Ihr sollt von euch selbst dem König
die Hand genommen und die geküsset haben. Da antwortete ich wieder: Ich
bin in diesem Königreich nicht geboren, weiß umb dies Hofes Weise und Ge¬
brauch nichts, bin auch dessen von Euer keinem nie berichtet noch unterwiesen
worden. Wann Ihr bei uns Kaiserlicher Majestät ans eignem Bewegniß Ihre
Hand nehmen und Eures Gefallens küssen wolltet, oder auch anderen Königen
unsers Landes, ehe denn Sie Euch die Hand selbsten darreichten, würdet Ihr
vor eine Bestia angesehen werden. Darum habe ich Seiner Königlichen Ma¬
jestät nach unsers Landes Gewohnheit alle Ehre bezeuget, welche ich Kaiserlicher
Majestät je bezeuget habe; man küsset anch dem Kaiser nicht die Hände, darumb
habe ich dies mehr zu Ehren Seiner Majestät denn zu Schanden unterlassen
und gewartet, bis mir Seine Königliche Majestät von gutten Willen die Hand
darböte und hab dieselbe nicht wie ein grober Bauer von mir selbst nehmen
wollen, denn es ist zu vielen Malen in einem Lande eine Schande, welches
im andern für Ehre geachtet wird und wiederumb. Darumb werde ich meines
Trachtens unbilliger Weise von Euch derhalben gestraft, wirds aber Seiner
Majestät gefällig sein, will ich nicht allein die Hände, sondern auch die Füße
Jhro Majestät küssen. Auf das schwieg der Doctor stille, antwortet gar nichts,
da fingen die anderen Herren zu Hofe an, straften ihn und sagten: Ich hätte
ihm die Wahrheit und Recht gesagt."

„Zur selben Zeit, als ich beim Könige mich aufhielt, war ein Fürst zu
Hofe, der wollte mich zu der Königin führen, denn er war der Bruder der
Königin*), dem antwortet ich, ja wenn es Königliche Majestät mir schaffet?,
daß ich Ihrer Majestät geliebtest Genäsel besuchen möcht, sollte es mir sehr
angenehm sein; von Seinen königlichen Gnaden, ohne Ihrer Majestät Erlaubniß
aber wollte es mir nicht geziemen noch gebüren."

..Am Sonnabend ehe ich von Lissabon abschied, schicket mir der König
einen eigenen Boten mit etlichen Schreiben an Kaiserliche Majestät, den König
wu Hungarn, wie er mir zusagete, als ich ihm gesegnete, mit Begehr, ich
wollte dieselben ja mit Fleiß bewaren und denen sie zustünden überantworten
und zustellen. Es bekam auch der Schatzmeister einen offenen Befehl, darinnen
vom Könige ihm befohlen ward, er sollte mir die besten zwei Mohren, so vor¬
handen und zu bekommen wären, kaufen und in Ihrer Majestät Namen ver¬
ehren. Welches denn auch geschah, denn man gab mir die Wahl unter etlichen



') Herzog Peter von Visen our der Bruder der Königin Leonore.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/465>, abgerufen am 24.08.2024.