Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Königreiche England und Schottland giebt der Ritter folgende Nachricht über
Irland: "Es sind zwar beide Königreiche, England und Schottland mit dem
Meere umflossen, desgleichen die Insel Hibernia, auf deutsch Irland, welche in
England 60 Meilen über Meer liegt und wohl dreimal so groß, lang und
breit ist, als England, und gehöret auch dem König aus Engelland zu. Darin
sind arbeitsame, schnelle, gute Pferde, gute, grobe, einfältige Leute, die eiuen
Tag viel Meilen zu Fuß gehen können, sind fertig aus ihren Bogen zu schießen,
maaßen die Engländer thun; ihre Pferde mögen wohl den türkischen Pferden
verglichen werden. Es ist auch am Ende derselben Insel eine Grube in einem
Kloster, das man bei uns zu Lande das Patritzen-Loch heißet, darin, wie man
sagt, der heilige Patricius soll gebüßet haben; davon Londulus und Johannes
von Montevil aus England geschrieben haben, daß allda das Ende der Welt
sein soll. Da ich noch in England war, hab ich von vielen Leuten, die im
Patritzenloch gewesen, gehört, -- denn ich dieselben mit sondern: Fleiß gefraget,
-~ wie sichs damit verhielte. Die haben mir alle gesagt: daß es ein lauter
Betrug !sei. Denn die Menschen, sagten sie, wenn sie hinein gehen wollen,
miissen zuvor 9 oder 13 Tage zu Wasser und Brot fasten, lassen sich berichten
und gehen alsdann mit schwachen und halbwnhnsinnigen Köpfen in das Loch,
darin müssen sie 24 Stunden bleiben; da sehen sie allerlei seltsame Gespenster
und Tenfelslarven aus Schwachheit des Hauptes, weilen sie darin nicht wohl
verwahret sein, welche Phantasmata ihnen der Teufel also vorbildet. Etliche
überkommen es, darnach sie stark im Kopf und Glauben seien, welche aber
schwach, furchtsam und verzagt seien, werden verloren, müssen allda bleiben und
kommen nicht wieder. Darum ist dieselbe Grube und Loch mehrentheils zuge¬
mauert und beschlossen, damit man, Gefahr zu vermeiden, nicht zu tief hinein¬
fahren oder dahin, wie zuvor geschehen, kommen kann."

Der Ritter reiste hierauf nach London zurück, blieb dort an sechs Tage,
besuchte dann noch Southampton ("Hanton"), die Insel Wight ("Enewicht")
und auf dieser Jarmouth ("Jermut"). Von Jarmouth fuhr er "gen Se. Jacobs-
wärts fast 60 Meilen" wurde aber durch Sturm uach Irland zurückverschlagen
uach einer Stadt, die er Jochbein nenut.

Am Pfingstabend 1484*) schiffte er sich dann von dort wieder ein, um
Portugal und Spanien zu besuchen.


3. In Portugal.

Am 21. Juli landete der Ritter an der spanischen
Küste in San Jago ti Kompostella und ging von da theils zu Lande theils
Su Wasser nach Lissabon, wo er am 1l. August eintraf. Er erzählt: "die Stadt



6. Juni 1484.

Königreiche England und Schottland giebt der Ritter folgende Nachricht über
Irland: „Es sind zwar beide Königreiche, England und Schottland mit dem
Meere umflossen, desgleichen die Insel Hibernia, auf deutsch Irland, welche in
England 60 Meilen über Meer liegt und wohl dreimal so groß, lang und
breit ist, als England, und gehöret auch dem König aus Engelland zu. Darin
sind arbeitsame, schnelle, gute Pferde, gute, grobe, einfältige Leute, die eiuen
Tag viel Meilen zu Fuß gehen können, sind fertig aus ihren Bogen zu schießen,
maaßen die Engländer thun; ihre Pferde mögen wohl den türkischen Pferden
verglichen werden. Es ist auch am Ende derselben Insel eine Grube in einem
Kloster, das man bei uns zu Lande das Patritzen-Loch heißet, darin, wie man
sagt, der heilige Patricius soll gebüßet haben; davon Londulus und Johannes
von Montevil aus England geschrieben haben, daß allda das Ende der Welt
sein soll. Da ich noch in England war, hab ich von vielen Leuten, die im
Patritzenloch gewesen, gehört, — denn ich dieselben mit sondern: Fleiß gefraget,
-~ wie sichs damit verhielte. Die haben mir alle gesagt: daß es ein lauter
Betrug !sei. Denn die Menschen, sagten sie, wenn sie hinein gehen wollen,
miissen zuvor 9 oder 13 Tage zu Wasser und Brot fasten, lassen sich berichten
und gehen alsdann mit schwachen und halbwnhnsinnigen Köpfen in das Loch,
darin müssen sie 24 Stunden bleiben; da sehen sie allerlei seltsame Gespenster
und Tenfelslarven aus Schwachheit des Hauptes, weilen sie darin nicht wohl
verwahret sein, welche Phantasmata ihnen der Teufel also vorbildet. Etliche
überkommen es, darnach sie stark im Kopf und Glauben seien, welche aber
schwach, furchtsam und verzagt seien, werden verloren, müssen allda bleiben und
kommen nicht wieder. Darum ist dieselbe Grube und Loch mehrentheils zuge¬
mauert und beschlossen, damit man, Gefahr zu vermeiden, nicht zu tief hinein¬
fahren oder dahin, wie zuvor geschehen, kommen kann."

Der Ritter reiste hierauf nach London zurück, blieb dort an sechs Tage,
besuchte dann noch Southampton („Hanton"), die Insel Wight („Enewicht")
und auf dieser Jarmouth („Jermut"). Von Jarmouth fuhr er „gen Se. Jacobs-
wärts fast 60 Meilen" wurde aber durch Sturm uach Irland zurückverschlagen
uach einer Stadt, die er Jochbein nenut.

Am Pfingstabend 1484*) schiffte er sich dann von dort wieder ein, um
Portugal und Spanien zu besuchen.


3. In Portugal.

Am 21. Juli landete der Ritter an der spanischen
Küste in San Jago ti Kompostella und ging von da theils zu Lande theils
Su Wasser nach Lissabon, wo er am 1l. August eintraf. Er erzählt: „die Stadt



6. Juni 1484.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0459" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139218"/>
            <p xml:id="ID_1325" prev="#ID_1324"> Königreiche England und Schottland giebt der Ritter folgende Nachricht über<lb/>
Irland: &#x201E;Es sind zwar beide Königreiche, England und Schottland mit dem<lb/>
Meere umflossen, desgleichen die Insel Hibernia, auf deutsch Irland, welche in<lb/>
England 60 Meilen über Meer liegt und wohl dreimal so groß, lang und<lb/>
breit ist, als England, und gehöret auch dem König aus Engelland zu. Darin<lb/>
sind arbeitsame, schnelle, gute Pferde, gute, grobe, einfältige Leute, die eiuen<lb/>
Tag viel Meilen zu Fuß gehen können, sind fertig aus ihren Bogen zu schießen,<lb/>
maaßen die Engländer thun; ihre Pferde mögen wohl den türkischen Pferden<lb/>
verglichen werden. Es ist auch am Ende derselben Insel eine Grube in einem<lb/>
Kloster, das man bei uns zu Lande das Patritzen-Loch heißet, darin, wie man<lb/>
sagt, der heilige Patricius soll gebüßet haben; davon Londulus und Johannes<lb/>
von Montevil aus England geschrieben haben, daß allda das Ende der Welt<lb/>
sein soll. Da ich noch in England war, hab ich von vielen Leuten, die im<lb/>
Patritzenloch gewesen, gehört, &#x2014; denn ich dieselben mit sondern: Fleiß gefraget,<lb/>
-~ wie sichs damit verhielte. Die haben mir alle gesagt: daß es ein lauter<lb/>
Betrug !sei. Denn die Menschen, sagten sie, wenn sie hinein gehen wollen,<lb/>
miissen zuvor 9 oder 13 Tage zu Wasser und Brot fasten, lassen sich berichten<lb/>
und gehen alsdann mit schwachen und halbwnhnsinnigen Köpfen in das Loch,<lb/>
darin müssen sie 24 Stunden bleiben; da sehen sie allerlei seltsame Gespenster<lb/>
und Tenfelslarven aus Schwachheit des Hauptes, weilen sie darin nicht wohl<lb/>
verwahret sein, welche Phantasmata ihnen der Teufel also vorbildet. Etliche<lb/>
überkommen es, darnach sie stark im Kopf und Glauben seien, welche aber<lb/>
schwach, furchtsam und verzagt seien, werden verloren, müssen allda bleiben und<lb/>
kommen nicht wieder. Darum ist dieselbe Grube und Loch mehrentheils zuge¬<lb/>
mauert und beschlossen, damit man, Gefahr zu vermeiden, nicht zu tief hinein¬<lb/>
fahren oder dahin, wie zuvor geschehen, kommen kann."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1326"> Der Ritter reiste hierauf nach London zurück, blieb dort an sechs Tage,<lb/>
besuchte dann noch Southampton (&#x201E;Hanton"), die Insel Wight (&#x201E;Enewicht")<lb/>
und auf dieser Jarmouth (&#x201E;Jermut"). Von Jarmouth fuhr er &#x201E;gen Se. Jacobs-<lb/>
wärts fast 60 Meilen" wurde aber durch Sturm uach Irland zurückverschlagen<lb/>
uach einer Stadt, die er Jochbein nenut.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1327"> Am Pfingstabend 1484*) schiffte er sich dann von dort wieder ein, um<lb/>
Portugal und Spanien zu besuchen.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 3. In Portugal.</head>
            <p xml:id="ID_1328" next="#ID_1329"> Am 21. Juli landete der Ritter an der spanischen<lb/>
Küste in San Jago ti Kompostella und ging von da theils zu Lande theils<lb/>
Su Wasser nach Lissabon, wo er am 1l. August eintraf. Er erzählt: &#x201E;die Stadt</p><lb/>
            <note xml:id="FID_63" place="foot"> 6. Juni 1484.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0459] Königreiche England und Schottland giebt der Ritter folgende Nachricht über Irland: „Es sind zwar beide Königreiche, England und Schottland mit dem Meere umflossen, desgleichen die Insel Hibernia, auf deutsch Irland, welche in England 60 Meilen über Meer liegt und wohl dreimal so groß, lang und breit ist, als England, und gehöret auch dem König aus Engelland zu. Darin sind arbeitsame, schnelle, gute Pferde, gute, grobe, einfältige Leute, die eiuen Tag viel Meilen zu Fuß gehen können, sind fertig aus ihren Bogen zu schießen, maaßen die Engländer thun; ihre Pferde mögen wohl den türkischen Pferden verglichen werden. Es ist auch am Ende derselben Insel eine Grube in einem Kloster, das man bei uns zu Lande das Patritzen-Loch heißet, darin, wie man sagt, der heilige Patricius soll gebüßet haben; davon Londulus und Johannes von Montevil aus England geschrieben haben, daß allda das Ende der Welt sein soll. Da ich noch in England war, hab ich von vielen Leuten, die im Patritzenloch gewesen, gehört, — denn ich dieselben mit sondern: Fleiß gefraget, -~ wie sichs damit verhielte. Die haben mir alle gesagt: daß es ein lauter Betrug !sei. Denn die Menschen, sagten sie, wenn sie hinein gehen wollen, miissen zuvor 9 oder 13 Tage zu Wasser und Brot fasten, lassen sich berichten und gehen alsdann mit schwachen und halbwnhnsinnigen Köpfen in das Loch, darin müssen sie 24 Stunden bleiben; da sehen sie allerlei seltsame Gespenster und Tenfelslarven aus Schwachheit des Hauptes, weilen sie darin nicht wohl verwahret sein, welche Phantasmata ihnen der Teufel also vorbildet. Etliche überkommen es, darnach sie stark im Kopf und Glauben seien, welche aber schwach, furchtsam und verzagt seien, werden verloren, müssen allda bleiben und kommen nicht wieder. Darum ist dieselbe Grube und Loch mehrentheils zuge¬ mauert und beschlossen, damit man, Gefahr zu vermeiden, nicht zu tief hinein¬ fahren oder dahin, wie zuvor geschehen, kommen kann." Der Ritter reiste hierauf nach London zurück, blieb dort an sechs Tage, besuchte dann noch Southampton („Hanton"), die Insel Wight („Enewicht") und auf dieser Jarmouth („Jermut"). Von Jarmouth fuhr er „gen Se. Jacobs- wärts fast 60 Meilen" wurde aber durch Sturm uach Irland zurückverschlagen uach einer Stadt, die er Jochbein nenut. Am Pfingstabend 1484*) schiffte er sich dann von dort wieder ein, um Portugal und Spanien zu besuchen. 3. In Portugal. Am 21. Juli landete der Ritter an der spanischen Küste in San Jago ti Kompostella und ging von da theils zu Lande theils Su Wasser nach Lissabon, wo er am 1l. August eintraf. Er erzählt: „die Stadt 6. Juni 1484.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/459
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/459>, abgerufen am 25.08.2024.