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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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birge, jedoch nicht übrig hoch, an etlichen Orten ist es eben. Man grübe auch
allda Blei und Zinn, schmelzen auch und finden im Blei viel Silber. Den
Sitten nach haben die Engelländer dreierlei Art und Unterscheid, damit sie
andern Nationen und Völkern zum Theil mögen verglichen werden, nämlich
mit Pracht und Dieberei den Polen, mit Grobheit und viel andern Dingen
auch mit wüthender Grausamkeit den Ungarn, mit List und Geiz den Lombar¬
den. Doch übertreffen sie die Polen in Schalkheit, denn die Polen lieben
mehr Ehrbarkeit und Ehr, denn die Engelländer. Es hat auch Engelland
wenig von Schlössern oder mit Mauern verwcihrete Städte, deren fast keine
drinnen ist, so mit Mauern verwahret, haben auch darum weder Brustwehren
noch Pasteten oder Festen, ja es hat auch in polnischen Städten stärkere
Häuser, denn in Engelland."

"Es vergleichet sich auch Engelland mit Polen gar fast in dem, daß da
es sich zuträgt, daß ein Feind ins Land füllt, zeucht der König mit seinem
Heer dem entgegen und wer den König im Feld überwindet, der besitzet das
ganze Land, wie dann solches auch in Polen der Gebrauch ist. Sie wagen
auch große Unkosten auf Gastereien und Wohlleben, jedoch so herrlich nicht
als die Polen. Sie wissen auch wegen Zurichtung der Speisen nicht viel Be¬
scheid, sondern lassen sich leicht begnügen um groben Speisen, die nicht viel
kosten, damit ja nicht ihrem Einkommen, Geld und Gut kein Abbruch ge¬
schehe."

Von Cambridge ging der Ritter nach Stamford in Lincoln Shire ("Steitt-
fnrt"), dann nach Newark in Nottingham Shire ("Nenwerg"), Doncaster in
Jork Shire und Jork. "Ist eine große Stadt und war des Königs von
Engelland, so zur selben Zeit lebte und ehe denn er gewählt ward oder aus
eigner Gewalt König ward, sein Patrimonium oder väterlich Anfall."

"Es ist auch zehn Meilen von Doneaster, als man gen Jork reiset, ein
festes Schloß, darauf der König seinen Schatz und alle großen Herren, als
des Königs Kinder und der Fürsten Söhne, verwahret werden, welche den
Gefangenen gleich gehalten werden, und heißet dasselbe Schloß auf Latein
?c>n,8 ö^Oos*), wie mir denn der König selbst, mit Namen Reichardus, König
in England, welcher zuvor der Herzog von Aork geheißen ward, selbst münd¬
lich bekannt, und zu verstehen gab. Dahin kam ich am Tag Philippi und
Jacobi, das ist den ersten Mai 1484, am Sonnabend, und fand den König
allda.^) Der gab mir sobald des andern Tages gnädige Audienz und Verhör
in Gegenwart aller Fürsten, Grafen, Räthe und seines ganzen Adels, vor




*) Pomfret,
Richard III.

birge, jedoch nicht übrig hoch, an etlichen Orten ist es eben. Man grübe auch
allda Blei und Zinn, schmelzen auch und finden im Blei viel Silber. Den
Sitten nach haben die Engelländer dreierlei Art und Unterscheid, damit sie
andern Nationen und Völkern zum Theil mögen verglichen werden, nämlich
mit Pracht und Dieberei den Polen, mit Grobheit und viel andern Dingen
auch mit wüthender Grausamkeit den Ungarn, mit List und Geiz den Lombar¬
den. Doch übertreffen sie die Polen in Schalkheit, denn die Polen lieben
mehr Ehrbarkeit und Ehr, denn die Engelländer. Es hat auch Engelland
wenig von Schlössern oder mit Mauern verwcihrete Städte, deren fast keine
drinnen ist, so mit Mauern verwahret, haben auch darum weder Brustwehren
noch Pasteten oder Festen, ja es hat auch in polnischen Städten stärkere
Häuser, denn in Engelland."

„Es vergleichet sich auch Engelland mit Polen gar fast in dem, daß da
es sich zuträgt, daß ein Feind ins Land füllt, zeucht der König mit seinem
Heer dem entgegen und wer den König im Feld überwindet, der besitzet das
ganze Land, wie dann solches auch in Polen der Gebrauch ist. Sie wagen
auch große Unkosten auf Gastereien und Wohlleben, jedoch so herrlich nicht
als die Polen. Sie wissen auch wegen Zurichtung der Speisen nicht viel Be¬
scheid, sondern lassen sich leicht begnügen um groben Speisen, die nicht viel
kosten, damit ja nicht ihrem Einkommen, Geld und Gut kein Abbruch ge¬
schehe."

Von Cambridge ging der Ritter nach Stamford in Lincoln Shire („Steitt-
fnrt"), dann nach Newark in Nottingham Shire („Nenwerg"), Doncaster in
Jork Shire und Jork. „Ist eine große Stadt und war des Königs von
Engelland, so zur selben Zeit lebte und ehe denn er gewählt ward oder aus
eigner Gewalt König ward, sein Patrimonium oder väterlich Anfall."

„Es ist auch zehn Meilen von Doneaster, als man gen Jork reiset, ein
festes Schloß, darauf der König seinen Schatz und alle großen Herren, als
des Königs Kinder und der Fürsten Söhne, verwahret werden, welche den
Gefangenen gleich gehalten werden, und heißet dasselbe Schloß auf Latein
?c>n,8 ö^Oos*), wie mir denn der König selbst, mit Namen Reichardus, König
in England, welcher zuvor der Herzog von Aork geheißen ward, selbst münd¬
lich bekannt, und zu verstehen gab. Dahin kam ich am Tag Philippi und
Jacobi, das ist den ersten Mai 1484, am Sonnabend, und fand den König
allda.^) Der gab mir sobald des andern Tages gnädige Audienz und Verhör
in Gegenwart aller Fürsten, Grafen, Räthe und seines ganzen Adels, vor




*) Pomfret,
Richard III.
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[0456] birge, jedoch nicht übrig hoch, an etlichen Orten ist es eben. Man grübe auch allda Blei und Zinn, schmelzen auch und finden im Blei viel Silber. Den Sitten nach haben die Engelländer dreierlei Art und Unterscheid, damit sie andern Nationen und Völkern zum Theil mögen verglichen werden, nämlich mit Pracht und Dieberei den Polen, mit Grobheit und viel andern Dingen auch mit wüthender Grausamkeit den Ungarn, mit List und Geiz den Lombar¬ den. Doch übertreffen sie die Polen in Schalkheit, denn die Polen lieben mehr Ehrbarkeit und Ehr, denn die Engelländer. Es hat auch Engelland wenig von Schlössern oder mit Mauern verwcihrete Städte, deren fast keine drinnen ist, so mit Mauern verwahret, haben auch darum weder Brustwehren noch Pasteten oder Festen, ja es hat auch in polnischen Städten stärkere Häuser, denn in Engelland." „Es vergleichet sich auch Engelland mit Polen gar fast in dem, daß da es sich zuträgt, daß ein Feind ins Land füllt, zeucht der König mit seinem Heer dem entgegen und wer den König im Feld überwindet, der besitzet das ganze Land, wie dann solches auch in Polen der Gebrauch ist. Sie wagen auch große Unkosten auf Gastereien und Wohlleben, jedoch so herrlich nicht als die Polen. Sie wissen auch wegen Zurichtung der Speisen nicht viel Be¬ scheid, sondern lassen sich leicht begnügen um groben Speisen, die nicht viel kosten, damit ja nicht ihrem Einkommen, Geld und Gut kein Abbruch ge¬ schehe." Von Cambridge ging der Ritter nach Stamford in Lincoln Shire („Steitt- fnrt"), dann nach Newark in Nottingham Shire („Nenwerg"), Doncaster in Jork Shire und Jork. „Ist eine große Stadt und war des Königs von Engelland, so zur selben Zeit lebte und ehe denn er gewählt ward oder aus eigner Gewalt König ward, sein Patrimonium oder väterlich Anfall." „Es ist auch zehn Meilen von Doneaster, als man gen Jork reiset, ein festes Schloß, darauf der König seinen Schatz und alle großen Herren, als des Königs Kinder und der Fürsten Söhne, verwahret werden, welche den Gefangenen gleich gehalten werden, und heißet dasselbe Schloß auf Latein ?c>n,8 ö^Oos*), wie mir denn der König selbst, mit Namen Reichardus, König in England, welcher zuvor der Herzog von Aork geheißen ward, selbst münd¬ lich bekannt, und zu verstehen gab. Dahin kam ich am Tag Philippi und Jacobi, das ist den ersten Mai 1484, am Sonnabend, und fand den König allda.^) Der gab mir sobald des andern Tages gnädige Audienz und Verhör in Gegenwart aller Fürsten, Grafen, Räthe und seines ganzen Adels, vor *) Pomfret, Richard III.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/456>, abgerufen am 25.08.2024.