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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Zeugnisse der Aerzte war sein Tod mehr die Folge des durch tiefen
Seelenschmerz erschütterten Zustandes seiner Nerven, als der Krankheit, von
welcher er einen verhältnißmäßig nur leichten Anfall gehabt hatte.

Von diesen letzten Dingen, sowie von den Wittwenjahren der Fran von
Clausewitz, welche die Herausgabe der Werke ihres Gatten unternahm, handelt
der 17. Abschnitt. Frau von Clausewitz war so glücklich noch selbst acht
Bände der Werke ihres Gatten, zu dessen erstem sie selbst die Vorrede schrieb,
der Öffentlichkeit übergeben zu können. Die beiden letzten Bände gab nach
ihrem Tode Graf Carl von der Groben heraus. Die mit solcher ungewohnten
Arbeit verbundenen geistigen Anstrengungen und unvermeidlichen Gemüthser¬
regungen griffen ihre sonst gute Gesundheit in hohem Grade an. Am 18. Januar
1836 erlag sie dem Nervenfieber und ruht nun an der Seite ihres Gatten auf
dem Militärkirchhofe zu Breslau. Der Sockel des Kreuzes, welches die gemein¬
schaftliche Grabstätte ziert, hat die Inschrift:


^.rils,rs, Noi's ^morsin Kori Lexg.rs.t.

Der 18. und letzte Abschnitt handelt von Clausewitz als Schriftsteller.
Vorausgeschickt sind die drei "Historischen Briefe über die großen Kriegs¬
ereignisse im Oktober 1806", die im Jahre 1807 in der Minerva erschienen, und
die wohl ohne Zweifel zu den ersten literarischen Erzeugnissen von Clausewitz
gehören. In diesen Berichten sind schon die Spuren des Geistes zu erkenne",
der in der Folge so herrliche Blüthen getrieben hat. Wir finden in diesem
Abschnitte eine Menge von werthvollen Material zur Beurtheilung des Schrift¬
stellers und seiner Werke. Auch Gegner und Antagonisten wie Müffling und
Prinz Eugen von Würtemberg werden zu Worte gelassen. Beiläufig wollen
wir bemerken, daß wohl zuerst die Berliner Militär-Literatur-Zeitung, von
Blesson und Decker redigirt, Clausewitz' Werke in die literarische Welt einführte.
Hier wurden sie gleich nach Erscheinen des 1. Bandes in bedeutungsvollen
Artikeln angekündigt. Es würde zu weit führen, auf dies Alles näher einzugehen-
Um jedoch unseren Lesern eine kurze Charakteristik des Grundgedankens von
Clausewitz' Schriften, der namentlich in feinem Werke "Vom Kriege" scharf he^
vortritt, zu geben, wollen wir hier aus einem vom Obersten von Meerheimb
gehaltenen Vortrage eine Stelle anführen: "Er hat uns befreit von der hohlen
Gelehrsamkeit früherer Zeiten, er hat uns vor allem zuerst gelehrt, wie man
den Krieg studiren und seine Geschichte schreiben soll und uns gezeigt, daß lM
Kriege, wie in der Politik und im gewöhnlichen Leben, die intellektuellen und
moralischen Potenzen die materiellen unendlich überwiegen. Die Freiheit und
die ideale Erhebung des Geistes, die Stärke der Zucht des Willens im Dienste
der Pflicht athmen in jedem Satze seiner Werke."

So wollen wir denn so recht aus Herzensgrunde die vorstehend besprochen


Zeugnisse der Aerzte war sein Tod mehr die Folge des durch tiefen
Seelenschmerz erschütterten Zustandes seiner Nerven, als der Krankheit, von
welcher er einen verhältnißmäßig nur leichten Anfall gehabt hatte.

Von diesen letzten Dingen, sowie von den Wittwenjahren der Fran von
Clausewitz, welche die Herausgabe der Werke ihres Gatten unternahm, handelt
der 17. Abschnitt. Frau von Clausewitz war so glücklich noch selbst acht
Bände der Werke ihres Gatten, zu dessen erstem sie selbst die Vorrede schrieb,
der Öffentlichkeit übergeben zu können. Die beiden letzten Bände gab nach
ihrem Tode Graf Carl von der Groben heraus. Die mit solcher ungewohnten
Arbeit verbundenen geistigen Anstrengungen und unvermeidlichen Gemüthser¬
regungen griffen ihre sonst gute Gesundheit in hohem Grade an. Am 18. Januar
1836 erlag sie dem Nervenfieber und ruht nun an der Seite ihres Gatten auf
dem Militärkirchhofe zu Breslau. Der Sockel des Kreuzes, welches die gemein¬
schaftliche Grabstätte ziert, hat die Inschrift:


^.rils,rs, Noi's ^morsin Kori Lexg.rs.t.

Der 18. und letzte Abschnitt handelt von Clausewitz als Schriftsteller.
Vorausgeschickt sind die drei „Historischen Briefe über die großen Kriegs¬
ereignisse im Oktober 1806", die im Jahre 1807 in der Minerva erschienen, und
die wohl ohne Zweifel zu den ersten literarischen Erzeugnissen von Clausewitz
gehören. In diesen Berichten sind schon die Spuren des Geistes zu erkenne»,
der in der Folge so herrliche Blüthen getrieben hat. Wir finden in diesem
Abschnitte eine Menge von werthvollen Material zur Beurtheilung des Schrift¬
stellers und seiner Werke. Auch Gegner und Antagonisten wie Müffling und
Prinz Eugen von Würtemberg werden zu Worte gelassen. Beiläufig wollen
wir bemerken, daß wohl zuerst die Berliner Militär-Literatur-Zeitung, von
Blesson und Decker redigirt, Clausewitz' Werke in die literarische Welt einführte.
Hier wurden sie gleich nach Erscheinen des 1. Bandes in bedeutungsvollen
Artikeln angekündigt. Es würde zu weit führen, auf dies Alles näher einzugehen-
Um jedoch unseren Lesern eine kurze Charakteristik des Grundgedankens von
Clausewitz' Schriften, der namentlich in feinem Werke „Vom Kriege" scharf he^
vortritt, zu geben, wollen wir hier aus einem vom Obersten von Meerheimb
gehaltenen Vortrage eine Stelle anführen: „Er hat uns befreit von der hohlen
Gelehrsamkeit früherer Zeiten, er hat uns vor allem zuerst gelehrt, wie man
den Krieg studiren und seine Geschichte schreiben soll und uns gezeigt, daß lM
Kriege, wie in der Politik und im gewöhnlichen Leben, die intellektuellen und
moralischen Potenzen die materiellen unendlich überwiegen. Die Freiheit und
die ideale Erhebung des Geistes, die Stärke der Zucht des Willens im Dienste
der Pflicht athmen in jedem Satze seiner Werke."

So wollen wir denn so recht aus Herzensgrunde die vorstehend besprochen


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[0416] Zeugnisse der Aerzte war sein Tod mehr die Folge des durch tiefen Seelenschmerz erschütterten Zustandes seiner Nerven, als der Krankheit, von welcher er einen verhältnißmäßig nur leichten Anfall gehabt hatte. Von diesen letzten Dingen, sowie von den Wittwenjahren der Fran von Clausewitz, welche die Herausgabe der Werke ihres Gatten unternahm, handelt der 17. Abschnitt. Frau von Clausewitz war so glücklich noch selbst acht Bände der Werke ihres Gatten, zu dessen erstem sie selbst die Vorrede schrieb, der Öffentlichkeit übergeben zu können. Die beiden letzten Bände gab nach ihrem Tode Graf Carl von der Groben heraus. Die mit solcher ungewohnten Arbeit verbundenen geistigen Anstrengungen und unvermeidlichen Gemüthser¬ regungen griffen ihre sonst gute Gesundheit in hohem Grade an. Am 18. Januar 1836 erlag sie dem Nervenfieber und ruht nun an der Seite ihres Gatten auf dem Militärkirchhofe zu Breslau. Der Sockel des Kreuzes, welches die gemein¬ schaftliche Grabstätte ziert, hat die Inschrift: ^.rils,rs, Noi's ^morsin Kori Lexg.rs.t. Der 18. und letzte Abschnitt handelt von Clausewitz als Schriftsteller. Vorausgeschickt sind die drei „Historischen Briefe über die großen Kriegs¬ ereignisse im Oktober 1806", die im Jahre 1807 in der Minerva erschienen, und die wohl ohne Zweifel zu den ersten literarischen Erzeugnissen von Clausewitz gehören. In diesen Berichten sind schon die Spuren des Geistes zu erkenne», der in der Folge so herrliche Blüthen getrieben hat. Wir finden in diesem Abschnitte eine Menge von werthvollen Material zur Beurtheilung des Schrift¬ stellers und seiner Werke. Auch Gegner und Antagonisten wie Müffling und Prinz Eugen von Würtemberg werden zu Worte gelassen. Beiläufig wollen wir bemerken, daß wohl zuerst die Berliner Militär-Literatur-Zeitung, von Blesson und Decker redigirt, Clausewitz' Werke in die literarische Welt einführte. Hier wurden sie gleich nach Erscheinen des 1. Bandes in bedeutungsvollen Artikeln angekündigt. Es würde zu weit führen, auf dies Alles näher einzugehen- Um jedoch unseren Lesern eine kurze Charakteristik des Grundgedankens von Clausewitz' Schriften, der namentlich in feinem Werke „Vom Kriege" scharf he^ vortritt, zu geben, wollen wir hier aus einem vom Obersten von Meerheimb gehaltenen Vortrage eine Stelle anführen: „Er hat uns befreit von der hohlen Gelehrsamkeit früherer Zeiten, er hat uns vor allem zuerst gelehrt, wie man den Krieg studiren und seine Geschichte schreiben soll und uns gezeigt, daß lM Kriege, wie in der Politik und im gewöhnlichen Leben, die intellektuellen und moralischen Potenzen die materiellen unendlich überwiegen. Die Freiheit und die ideale Erhebung des Geistes, die Stärke der Zucht des Willens im Dienste der Pflicht athmen in jedem Satze seiner Werke." So wollen wir denn so recht aus Herzensgrunde die vorstehend besprochen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/416>, abgerufen am 25.08.2024.