Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.ermuthigt durch diese Erfolge und vielleicht erst veranlaßt durch eine Bemer¬ Der "Besuch im Carcer" hatte die Bahn gebrochen auf dem Gebiete der Ein Lehrer des Gymnasiums -- die ganzen Geschichten sollen beiläufig *) Bergl. die mit miriihmlicher Offenheit erzählte Knallerbsenneschichte: Aus Secunda
und Prima S. 8S--90. ermuthigt durch diese Erfolge und vielleicht erst veranlaßt durch eine Bemer¬ Der „Besuch im Carcer" hatte die Bahn gebrochen auf dem Gebiete der Ein Lehrer des Gymnasiums — die ganzen Geschichten sollen beiläufig *) Bergl. die mit miriihmlicher Offenheit erzählte Knallerbsenneschichte: Aus Secunda
und Prima S. 8S—90. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0263" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139022"/> <p xml:id="ID_790" prev="#ID_789"> ermuthigt durch diese Erfolge und vielleicht erst veranlaßt durch eine Bemer¬<lb/> kung der „Wiener Presse": „Die Geschichte erziele die Wirkung eines netten<lb/> Lustspiels" — auf die Idee, die Herren Heinzerling und Rumpf zu einem<lb/> dramatischen Scherz zu verarbeiten, der in der That — ans den königlichen<lb/> Hvfbühnen (!) in Berlin und Hannover und in einigen Prvvinzialtheatern<lb/> zur Aufführung kam. Schließlich ist derselbe noch als besonderes Stück „den<lb/> Bühnen gegenüber Manuskript" im Theaterverlage von Eduard Block) in<lb/> Berlin erschienen. Mehr kann man doch aus einem — und was für einem!<lb/> ^ Stoff nicht machen! Wenn das nicht das nov xlus ultra, literarischer<lb/> Wiederkäuerei ist, dann verstehen wir nichts von diesem Kapitel der Natur¬<lb/> geschichte.</p><lb/> <p xml:id="ID_791"> Der „Besuch im Carcer" hatte die Bahn gebrochen auf dem Gebiete der<lb/> »Gymnasialhumoresken"; er hatte feinem Verfasser einen Namen und klin¬<lb/> gende Anerkennung in Fülle eingetragen. Wie verlockend nun für Autor und<lb/> Verleger der Gedanke, den einmal rege gemachten Appetit der Leser durch eine<lb/> Fülle solcher Bücher zu befriedigen! Und sie thaten also. Eine wahre Sünd-<lb/> fluth von neuen Büchern, alle von demselben Vater stammend, alle von gleicher<lb/> Tendenz, alle ausgeschmückt mit Anekdoten, in welchen der Triumph des frechen<lb/> Schülers über seinen Lehrer gefeiert wird, überschwemmte den Markt. Die<lb/> „Stimmungsbilder aus dem Gymnasium." „Aus Secunda und<lb/> Prima." „Die Mädchen des Pensionats." „Katheder und Schul¬<lb/> bank." „Schnlmysterien." „Samuel Heinzerlings Tagebuch"<lb/> und Anderes — alles dieselben Skandalgeschichten Z. 1 Mark; dieselben Nie¬<lb/> derlagen der Lehrer, welche das Gespötte und Hohnlachen der Jugend heraus¬<lb/> fordern nur immer mit anderen Etiquetten, um die Kauflust zu reizen-<lb/> Es ist nicht möglich und wäre mir leid um Zeit und Papier, diese Erzeugnisse<lb/> buchhändlerischer Spekulation auf die schmalen Geldbörsen der Schüler im<lb/> Einzelnen kritisch zu durchmustern; um dem Leser aber doch von dem Inhalte<lb/> eine Probe zu geben, wähle ich mit möglichster Abkürzung noch eine Anekdote,<lb/> genannt Humoreske aus den „Stimmungsbildern".</p><lb/> <p xml:id="ID_792" next="#ID_793"> Ein Lehrer des Gymnasiums — die ganzen Geschichten sollen beiläufig<lb/> i» Gießen spielen, wo Eckstein 1860 als Secundaner beinahe relegirt wurde*)<lb/> ^ Dr. Peruer, steht im Kreuzfeuer einer Sekuudcmerrotte. Der Lehrer, welcher<lb/> an Kongestionen leidet, wünscht, daß ein Fenster geöffnet werde; ein Flegel,<lb/> Namens Hntzler, behauptet, er habe einen schweren Husten und dürfe sich nicht<lb/> der frischen Luft aussetzen. Er muß hierauf eiuen andern Platz einnehmen,</p><lb/> <note xml:id="FID_33" place="foot"> *) Bergl. die mit miriihmlicher Offenheit erzählte Knallerbsenneschichte: Aus Secunda<lb/> und Prima S. 8S—90.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0263]
ermuthigt durch diese Erfolge und vielleicht erst veranlaßt durch eine Bemer¬
kung der „Wiener Presse": „Die Geschichte erziele die Wirkung eines netten
Lustspiels" — auf die Idee, die Herren Heinzerling und Rumpf zu einem
dramatischen Scherz zu verarbeiten, der in der That — ans den königlichen
Hvfbühnen (!) in Berlin und Hannover und in einigen Prvvinzialtheatern
zur Aufführung kam. Schließlich ist derselbe noch als besonderes Stück „den
Bühnen gegenüber Manuskript" im Theaterverlage von Eduard Block) in
Berlin erschienen. Mehr kann man doch aus einem — und was für einem!
^ Stoff nicht machen! Wenn das nicht das nov xlus ultra, literarischer
Wiederkäuerei ist, dann verstehen wir nichts von diesem Kapitel der Natur¬
geschichte.
Der „Besuch im Carcer" hatte die Bahn gebrochen auf dem Gebiete der
»Gymnasialhumoresken"; er hatte feinem Verfasser einen Namen und klin¬
gende Anerkennung in Fülle eingetragen. Wie verlockend nun für Autor und
Verleger der Gedanke, den einmal rege gemachten Appetit der Leser durch eine
Fülle solcher Bücher zu befriedigen! Und sie thaten also. Eine wahre Sünd-
fluth von neuen Büchern, alle von demselben Vater stammend, alle von gleicher
Tendenz, alle ausgeschmückt mit Anekdoten, in welchen der Triumph des frechen
Schülers über seinen Lehrer gefeiert wird, überschwemmte den Markt. Die
„Stimmungsbilder aus dem Gymnasium." „Aus Secunda und
Prima." „Die Mädchen des Pensionats." „Katheder und Schul¬
bank." „Schnlmysterien." „Samuel Heinzerlings Tagebuch"
und Anderes — alles dieselben Skandalgeschichten Z. 1 Mark; dieselben Nie¬
derlagen der Lehrer, welche das Gespötte und Hohnlachen der Jugend heraus¬
fordern nur immer mit anderen Etiquetten, um die Kauflust zu reizen-
Es ist nicht möglich und wäre mir leid um Zeit und Papier, diese Erzeugnisse
buchhändlerischer Spekulation auf die schmalen Geldbörsen der Schüler im
Einzelnen kritisch zu durchmustern; um dem Leser aber doch von dem Inhalte
eine Probe zu geben, wähle ich mit möglichster Abkürzung noch eine Anekdote,
genannt Humoreske aus den „Stimmungsbildern".
Ein Lehrer des Gymnasiums — die ganzen Geschichten sollen beiläufig
i» Gießen spielen, wo Eckstein 1860 als Secundaner beinahe relegirt wurde*)
^ Dr. Peruer, steht im Kreuzfeuer einer Sekuudcmerrotte. Der Lehrer, welcher
an Kongestionen leidet, wünscht, daß ein Fenster geöffnet werde; ein Flegel,
Namens Hntzler, behauptet, er habe einen schweren Husten und dürfe sich nicht
der frischen Luft aussetzen. Er muß hierauf eiuen andern Platz einnehmen,
*) Bergl. die mit miriihmlicher Offenheit erzählte Knallerbsenneschichte: Aus Secunda
und Prima S. 8S—90.
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