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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Jeutsche Ilottenbesirebungen vor zweihundert Zähren.

Als ich im Jahre 1863 in Leipzig Gelegenheit hatte, den bekannten
submarine-Ingenieur Wilhelm Bauer über seine Bestrebungen sprechen zu
hören, da fehlte mir denn doch sehr der Glcinbe an die jetzt zum Theil sich
wahrhaft prophetisch erweisenden Paradoxen des gerade durch den Fürsten¬
tag und andere Umstände doppelt aufgeregten Mannes. Wer hätte auch glauben
können, daß schon in den nächsten Jahrzehnten die unterseeischen Angriffs- und
Bertheidigungsmittel in den europäischen Mariner eine solche Bedeutung
gewinnen würden, daß selbst das Interesse an den sich zu immer höheren
Leistungen gegenseitig provozirendeu Schiffsgeschützen und Schiffspanzern dagegen
zurücktritt, wer aber hätte vollends geglaubt, daß schon nach 14 Jahren unter
diesen europäischen Marineu eine Kaiserlich deutsche eine achtunggebietende
Stellung einnehmen, und daß diese deutsche Marine so, wie sie entstanden ist,
entstehen würde? Was konnten jene wohlgemeinten, aber unklaren und deshalb
unpraktischen deutschen Flottenbestrebungen helfen, denen man damals, und nicht
am wenigsten in Leipzig, häufig begegnete und für die wir Studenten nicht
nur Worte, sondern sogar bciar Geld zu spenden für nöthig hielten?

Preußens Politik wurde deutsch und mit ihr seine Flotte der entwicklungs¬
fähige Stamm für die seither kräftig sich entfaltende deutsche Marine, und wenn
^und die für die folgenden Zeilen zum Gegenstande gewählten deutschen Flotten¬
bestrebungen vor zweihundert Jahren an sich nicht unser deutsches National¬
gefühl besonders erbaulich anmuthen können, so sind sie immerhin, wenn nicht
^n Anfang, fo doch der Vorläufer der preußischen und deutschen, jetzt mit so
schönen Resultaten gekrönten Bestrebungen und in sofern schon der Beachtung
werth. Nicht die wiederholt dargestellte unfruchtbare brandenburgische Kolonial¬
politik jener Zeit, sondern eben wirklich die Entwicklung und der Zustand der
Rotte des Großen Kurfürsten als solcher, bildet den Gegenstand eines als


"Arenzlioten IV. 1877. 26
Jeutsche Ilottenbesirebungen vor zweihundert Zähren.

Als ich im Jahre 1863 in Leipzig Gelegenheit hatte, den bekannten
submarine-Ingenieur Wilhelm Bauer über seine Bestrebungen sprechen zu
hören, da fehlte mir denn doch sehr der Glcinbe an die jetzt zum Theil sich
wahrhaft prophetisch erweisenden Paradoxen des gerade durch den Fürsten¬
tag und andere Umstände doppelt aufgeregten Mannes. Wer hätte auch glauben
können, daß schon in den nächsten Jahrzehnten die unterseeischen Angriffs- und
Bertheidigungsmittel in den europäischen Mariner eine solche Bedeutung
gewinnen würden, daß selbst das Interesse an den sich zu immer höheren
Leistungen gegenseitig provozirendeu Schiffsgeschützen und Schiffspanzern dagegen
zurücktritt, wer aber hätte vollends geglaubt, daß schon nach 14 Jahren unter
diesen europäischen Marineu eine Kaiserlich deutsche eine achtunggebietende
Stellung einnehmen, und daß diese deutsche Marine so, wie sie entstanden ist,
entstehen würde? Was konnten jene wohlgemeinten, aber unklaren und deshalb
unpraktischen deutschen Flottenbestrebungen helfen, denen man damals, und nicht
am wenigsten in Leipzig, häufig begegnete und für die wir Studenten nicht
nur Worte, sondern sogar bciar Geld zu spenden für nöthig hielten?

Preußens Politik wurde deutsch und mit ihr seine Flotte der entwicklungs¬
fähige Stamm für die seither kräftig sich entfaltende deutsche Marine, und wenn
^und die für die folgenden Zeilen zum Gegenstande gewählten deutschen Flotten¬
bestrebungen vor zweihundert Jahren an sich nicht unser deutsches National¬
gefühl besonders erbaulich anmuthen können, so sind sie immerhin, wenn nicht
^n Anfang, fo doch der Vorläufer der preußischen und deutschen, jetzt mit so
schönen Resultaten gekrönten Bestrebungen und in sofern schon der Beachtung
werth. Nicht die wiederholt dargestellte unfruchtbare brandenburgische Kolonial¬
politik jener Zeit, sondern eben wirklich die Entwicklung und der Zustand der
Rotte des Großen Kurfürsten als solcher, bildet den Gegenstand eines als


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[0205] Jeutsche Ilottenbesirebungen vor zweihundert Zähren. Als ich im Jahre 1863 in Leipzig Gelegenheit hatte, den bekannten submarine-Ingenieur Wilhelm Bauer über seine Bestrebungen sprechen zu hören, da fehlte mir denn doch sehr der Glcinbe an die jetzt zum Theil sich wahrhaft prophetisch erweisenden Paradoxen des gerade durch den Fürsten¬ tag und andere Umstände doppelt aufgeregten Mannes. Wer hätte auch glauben können, daß schon in den nächsten Jahrzehnten die unterseeischen Angriffs- und Bertheidigungsmittel in den europäischen Mariner eine solche Bedeutung gewinnen würden, daß selbst das Interesse an den sich zu immer höheren Leistungen gegenseitig provozirendeu Schiffsgeschützen und Schiffspanzern dagegen zurücktritt, wer aber hätte vollends geglaubt, daß schon nach 14 Jahren unter diesen europäischen Marineu eine Kaiserlich deutsche eine achtunggebietende Stellung einnehmen, und daß diese deutsche Marine so, wie sie entstanden ist, entstehen würde? Was konnten jene wohlgemeinten, aber unklaren und deshalb unpraktischen deutschen Flottenbestrebungen helfen, denen man damals, und nicht am wenigsten in Leipzig, häufig begegnete und für die wir Studenten nicht nur Worte, sondern sogar bciar Geld zu spenden für nöthig hielten? Preußens Politik wurde deutsch und mit ihr seine Flotte der entwicklungs¬ fähige Stamm für die seither kräftig sich entfaltende deutsche Marine, und wenn ^und die für die folgenden Zeilen zum Gegenstande gewählten deutschen Flotten¬ bestrebungen vor zweihundert Jahren an sich nicht unser deutsches National¬ gefühl besonders erbaulich anmuthen können, so sind sie immerhin, wenn nicht ^n Anfang, fo doch der Vorläufer der preußischen und deutschen, jetzt mit so schönen Resultaten gekrönten Bestrebungen und in sofern schon der Beachtung werth. Nicht die wiederholt dargestellte unfruchtbare brandenburgische Kolonial¬ politik jener Zeit, sondern eben wirklich die Entwicklung und der Zustand der Rotte des Großen Kurfürsten als solcher, bildet den Gegenstand eines als «Arenzlioten IV. 1877. 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/205>, abgerufen am 22.07.2024.