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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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eine passende Illustration zugeschickt, und nnn --: Schreib' Vogel, oder stirb!
Ein Konversationslexikon, ein Atlas, vielleicht der Daniel und, wenn es sehr
hoch kommt, ein Reisewerk, in welchem der Schriftsteller etwas Taugliches M
finden hofft, helfen über alle Verlegenheiten fort; und ist der Artikel nur erst
einmal gedruckt, so macht er sich ja auch recht hübsch.

Trauriger aber uoch, wenn in einer Fachzeitschrift Arbeiten voller --
wir "vollen hoffen vorm nac geschriebener -- Unwahrheiten erscheinen dürfen.
Die Redaktion hat da einen schweren Stand, der Verleger glaubt alle Hohlheit
des ciceeptirten oder gar im Auftrage geschriebenen Artikels hinter dem in
irgend einer Weise berühmt gewordenen Namen des Autors versteckt und
seinem Blatt einen großen Dienst erwiesen zu haben, wenn er der Zahl der
früheren Mitarbeiter auch noch jenen Namen als Reklame beigesellen kann. --

So lasen wir vor mehreren Monaten in einer hochgeachteten und weitver¬
breiteten naturwissenschaftliche,: Wochenschrift einen Artikel über Krokodile,
dessen Autor einen "bekannten" Namen trägt, sich aber dessen ungeachtet doch
nicht entblödet, wissenschaftliche Unwahrheiten für passendes Material zur
Verbreitung von Kenntnißen auszugeben. In jener Skizze ist u. A. die sehr
naive Behauptung aufgestellt, "daß die Neger -- die Jagdgeschichte spielt
uäiulich in Afrika -- das torrente Steppengras anzünden, um Dünger
für die höher liegenden Gartenücker zu erhalten, oder auch nur,
um es "einfach" brennen zu sehen, da für jeden Neger der
Aublick wogender Feuermassen das anziehendste Schauspiel
sei! -- Leider denkt aber der Neger an das "Düngen" seiner Ackerstücke,
(wozu jene verbrannten Grashalme ja auch keine Verwendung finden könnten)
ebenso wenig, als er aus kindischer Lust am Feuer das oft übermanushohe
Steppengras anzündet, sondern er thut dies uur in der Absicht, um freiere,
ungehindertere Bewegung auf seinen Jagden und bei der Urbarmachung des
Steppenbodens für einzelne Feldfrüchte leichtere Arbeit zu haben. -- Die
öftere Erwähnung von häufigen "Teichen" in der Steppe enthält gleichfalls
Unrichtigkeiten und führt irre, da die Teiche des Verfassers keine in sich abge¬
schlossenen Wasseransammlungen sondern mit dem Fluß in Verbindung stehende
Lagunen oder Flüßchen sind. -- Von der Meuge der Krokodile, welche "wie
Häringe neben einander liegen", sehen wir ganz ab, da selbst der Laie
derartige Zumuthungen eum g'rlmo salis aufnehmen wird , und solche Ueber¬
treibungen, wenn auch am Wenigsten für ein wissenschaftliches Blatt passend,
uns nach der Häufigkeit und Vielseitigkeit ihrer Anwendung fast verständlich
und geheiligt erscheinen. --

Komisch wirken oft Artikel, welche ihren Ursprung irgend einer sensationellen
odex interessanten Zeitungsnotiz, wie z. B. von der glücklichen Ankunft eines


eine passende Illustration zugeschickt, und nnn —: Schreib' Vogel, oder stirb!
Ein Konversationslexikon, ein Atlas, vielleicht der Daniel und, wenn es sehr
hoch kommt, ein Reisewerk, in welchem der Schriftsteller etwas Taugliches M
finden hofft, helfen über alle Verlegenheiten fort; und ist der Artikel nur erst
einmal gedruckt, so macht er sich ja auch recht hübsch.

Trauriger aber uoch, wenn in einer Fachzeitschrift Arbeiten voller —
wir »vollen hoffen vorm nac geschriebener — Unwahrheiten erscheinen dürfen.
Die Redaktion hat da einen schweren Stand, der Verleger glaubt alle Hohlheit
des ciceeptirten oder gar im Auftrage geschriebenen Artikels hinter dem in
irgend einer Weise berühmt gewordenen Namen des Autors versteckt und
seinem Blatt einen großen Dienst erwiesen zu haben, wenn er der Zahl der
früheren Mitarbeiter auch noch jenen Namen als Reklame beigesellen kann. —

So lasen wir vor mehreren Monaten in einer hochgeachteten und weitver¬
breiteten naturwissenschaftliche,: Wochenschrift einen Artikel über Krokodile,
dessen Autor einen „bekannten" Namen trägt, sich aber dessen ungeachtet doch
nicht entblödet, wissenschaftliche Unwahrheiten für passendes Material zur
Verbreitung von Kenntnißen auszugeben. In jener Skizze ist u. A. die sehr
naive Behauptung aufgestellt, „daß die Neger — die Jagdgeschichte spielt
uäiulich in Afrika — das torrente Steppengras anzünden, um Dünger
für die höher liegenden Gartenücker zu erhalten, oder auch nur,
um es „einfach" brennen zu sehen, da für jeden Neger der
Aublick wogender Feuermassen das anziehendste Schauspiel
sei! — Leider denkt aber der Neger an das „Düngen" seiner Ackerstücke,
(wozu jene verbrannten Grashalme ja auch keine Verwendung finden könnten)
ebenso wenig, als er aus kindischer Lust am Feuer das oft übermanushohe
Steppengras anzündet, sondern er thut dies uur in der Absicht, um freiere,
ungehindertere Bewegung auf seinen Jagden und bei der Urbarmachung des
Steppenbodens für einzelne Feldfrüchte leichtere Arbeit zu haben. — Die
öftere Erwähnung von häufigen „Teichen" in der Steppe enthält gleichfalls
Unrichtigkeiten und führt irre, da die Teiche des Verfassers keine in sich abge¬
schlossenen Wasseransammlungen sondern mit dem Fluß in Verbindung stehende
Lagunen oder Flüßchen sind. — Von der Meuge der Krokodile, welche „wie
Häringe neben einander liegen", sehen wir ganz ab, da selbst der Laie
derartige Zumuthungen eum g'rlmo salis aufnehmen wird , und solche Ueber¬
treibungen, wenn auch am Wenigsten für ein wissenschaftliches Blatt passend,
uns nach der Häufigkeit und Vielseitigkeit ihrer Anwendung fast verständlich
und geheiligt erscheinen. —

Komisch wirken oft Artikel, welche ihren Ursprung irgend einer sensationellen
odex interessanten Zeitungsnotiz, wie z. B. von der glücklichen Ankunft eines


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/154>, abgerufen am 22.07.2024.