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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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trage Hardenbergs durchaus gewachsen; er hatte 1814 schon eine schätzbare
Sammlung von Dokumenten zur Zeitgeschichte veröffentlicht; (Menon 6<z MevK
otüeiöllczs äestine^ ü civtromxer lessur los eveinzmons eini se sont
Mös^s äexuis c^uelsiues ann^es) er hatte das Koch'sche Werk über neuere Ge¬
schichte einer neuen selbständigen Umarbeitung unterzogen (llistoirs aw'6->'66 (iss
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entikiement rskonäv. tMA'akut.6 et. eontinuü .juLciu'an eougrös et-z Visnniz, 14
vol. 1817); er hatte in dieser Arbeit großen Fleiß und wirkliches Verständniß
der Zeitgeschichte bewiesen; mit dem günstigsten Vorurtheil würde man nach
diesen Leistungen des Mannes an sein auf der besten Grundlage beruhendes
Werk über Hardenbergs Wirksamkeit herangetreten sein, -- wenn es 1822 hätte
veröffentlicht werden können! ja es ist ein empfindlicher Verlust unseres histo¬
rischen Wissens zu nennen, daß wir ein halbes Jahrhundert hindurch dieses
zuverlässigen Führers entbehrt haben. Aber was 1822 eine gewaltige Wohl¬
that gewesen, mußte 1877 doch veraltet erscheinen und seltsam anzusehen sein.
"Die Sammlung zu publiziren, wie sie war, würde geheißen haben, eine sehr
umfangreiche und doch fragmentarische, durch die Zeit bereits überholte Pro¬
duktion vorlegen." Ranke mußte sich entschließen, ein selbständiges Buch zu
schreiben auf Grund des Hardenberg'schen Nachlasses, mit Benutzung der Aus¬
arbeitungen sowohl als der Sammlungen aktenmäßigen Materiales, die von
scholl's Hand sich im Archiv vorfanden. Aber es entsprach Ranke's eigener
Art nicht, sich dabei zu beruhigen; er dehnte seine Forschung vielmehr noch
selbständig über das ihm mitgetheilte aus: geistig ist es seine Leistung, die
uns in der von ihm gegebenen historischen Darstellung, d. h. im ersten und
vierten Bande der Publikation, entgegentritt.

So ist das, was Ranke unter dem Titel "Hardenbergs Denkwürdigkeiten"
der Öffentlichkeit übergeben hat, in der That ein doppeltes: 1) Hardenbergs
Denkschrift von 1808, über die preußische Politik von 1805. 1806. 1807, in
welche viele Aktenstücke eingeflochten sind (einzelne umfangreichere, die schon im
Texte von ihm benutzt siud, hatte Hardenberg selbst als xivcvsMMcktives
abgesondert und einem Anhang sie vorbehalten; Ranke verspricht dieselben,
durch anderes von ihm selbst gesammeltes Material noch vermehrt, im 5. Bande
uachzulieferu), - 2) Ranke's Darstellung des Urtheiles, welchen Hardenberg
an der preußischen und deutschen Geschichte feiner Zeit gehabt hat. Diese eigene
Arbeit Ranke's beruht hauptsächlich auf dem Materielle, das der Hardenberg'sche
Nachlaß ihm bot, aber nicht ausschließlich auf demselben; Ranke hat die Masse
des schon anderweitig gedruckten Stoffes in weitester Ausdehnung herangezogen
und selbst noch eigene nrchivalische Studien angestellt; mit unabhängiger Kritik
steht er seinem Stoffe und seinem Helden gegenüber; selbst dem ungeübten Leser


trage Hardenbergs durchaus gewachsen; er hatte 1814 schon eine schätzbare
Sammlung von Dokumenten zur Zeitgeschichte veröffentlicht; (Menon 6<z MevK
otüeiöllczs äestine^ ü civtromxer lessur los eveinzmons eini se sont
Mös^s äexuis c^uelsiues ann^es) er hatte das Koch'sche Werk über neuere Ge¬
schichte einer neuen selbständigen Umarbeitung unterzogen (llistoirs aw'6->'66 (iss
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vol. 1817); er hatte in dieser Arbeit großen Fleiß und wirkliches Verständniß
der Zeitgeschichte bewiesen; mit dem günstigsten Vorurtheil würde man nach
diesen Leistungen des Mannes an sein auf der besten Grundlage beruhendes
Werk über Hardenbergs Wirksamkeit herangetreten sein, — wenn es 1822 hätte
veröffentlicht werden können! ja es ist ein empfindlicher Verlust unseres histo¬
rischen Wissens zu nennen, daß wir ein halbes Jahrhundert hindurch dieses
zuverlässigen Führers entbehrt haben. Aber was 1822 eine gewaltige Wohl¬
that gewesen, mußte 1877 doch veraltet erscheinen und seltsam anzusehen sein.
„Die Sammlung zu publiziren, wie sie war, würde geheißen haben, eine sehr
umfangreiche und doch fragmentarische, durch die Zeit bereits überholte Pro¬
duktion vorlegen." Ranke mußte sich entschließen, ein selbständiges Buch zu
schreiben auf Grund des Hardenberg'schen Nachlasses, mit Benutzung der Aus¬
arbeitungen sowohl als der Sammlungen aktenmäßigen Materiales, die von
scholl's Hand sich im Archiv vorfanden. Aber es entsprach Ranke's eigener
Art nicht, sich dabei zu beruhigen; er dehnte seine Forschung vielmehr noch
selbständig über das ihm mitgetheilte aus: geistig ist es seine Leistung, die
uns in der von ihm gegebenen historischen Darstellung, d. h. im ersten und
vierten Bande der Publikation, entgegentritt.

So ist das, was Ranke unter dem Titel „Hardenbergs Denkwürdigkeiten"
der Öffentlichkeit übergeben hat, in der That ein doppeltes: 1) Hardenbergs
Denkschrift von 1808, über die preußische Politik von 1805. 1806. 1807, in
welche viele Aktenstücke eingeflochten sind (einzelne umfangreichere, die schon im
Texte von ihm benutzt siud, hatte Hardenberg selbst als xivcvsMMcktives
abgesondert und einem Anhang sie vorbehalten; Ranke verspricht dieselben,
durch anderes von ihm selbst gesammeltes Material noch vermehrt, im 5. Bande
uachzulieferu), - 2) Ranke's Darstellung des Urtheiles, welchen Hardenberg
an der preußischen und deutschen Geschichte feiner Zeit gehabt hat. Diese eigene
Arbeit Ranke's beruht hauptsächlich auf dem Materielle, das der Hardenberg'sche
Nachlaß ihm bot, aber nicht ausschließlich auf demselben; Ranke hat die Masse
des schon anderweitig gedruckten Stoffes in weitester Ausdehnung herangezogen
und selbst noch eigene nrchivalische Studien angestellt; mit unabhängiger Kritik
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/11>, abgerufen am 22.07.2024.