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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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schichten gehörig und zu rechter Zeit besorgt werden. Es ist der Friede
Kaiserlicher Majestät zu danken, und obwohl der höchste Gott uns diesen
Frieden verliehen und nichts zu befürchten ist, so steht doch zu erwägen, daß
unter den Potenzien in der Welt, absonderlich nach dem bisherigen Exempel,
daß man insgemein die Partei nach seiner Konvenieuz nimmt, kein Friede vor
beständig zu halten ist, und daß uns dieser nur durch eine durchgängig gute
Verfassung erhalten werden kann, welche die Schwerter von allen Seiten in
der Scheide hält, und künftig auch nur der Krieg vermieden werden kaun,
wenn die Balance in Europa erhalten wird, die darin besteht, daß jeder von
den Staaten bei dem Seinigen bleibt und die Wage durch Absonderung aus
der einen und Zulegung in die andere Schale nicht verrückt werden kann!"
Der Ausschuß bat diesem orakelhaften Ansinnen gegenüber, einen allgemeinen
Landtag zu halten, da er die Schwere der Verantwortung durch weitere
Steuerbewilligungen nicht tragen könne. Nach Befinden sei es auch gut, wenn man
com mehrjährigen Etat mache, zumal sich die Höhe der Steuern auf ein
^ahr stets nach der Fruchtbarkeit des Landes richten müsse. Für jetzt be¬
willigten sie dreizehn neue Steuern, wovon eine allein für die Qnartiergelder
nöthig war, und genehmigten auch, daß die sogenannte Wetzlarsche Steuer, die
s^it Anfang des Jahrhunderts erhoben wurde zur Revision des Reichskammer-
ämchts, das aber längst "revidirt" war, auch noch weiter dem Herzog zur
Verfügung gestellt werde. Außerdem wurden diesem abermals fünftausend
Thaler für den Erbprinzen und zweitausend noch extra zu dessen Er¬
setzung unterthänigst überreicht. Ernst August nahm die siebentausend
Thaler dankbar an und versicherte gegenüber der landständischen Mahnung,
welche auf Abtrag beschwerlicher Schulden gerichtet war, daß ihm selbst viel
6" der Konservativ:: und dein Wohlstande der Unterthanen und dem Kredit
der Landeskasse gelegen sei. Er hoffe, daß er die Militärverfassung so mi¬
schten könne, daß eins und das andere ohne Verfall bestehen werde. --

Ende 1732 wurde die Landschaft nochmals, zur Bewilligung der Trauer¬
ten einberufen, welche in Folge des Ablebens der Herzogin nöthig waren.
"rgends aber können wir entdecken, daß der Herzog von nun an bis 1737 einen
Landtag oder einen Ausschnßtag berufen habe. Die Vorstellung, daß schließlich die
starke Miliz Se. Durchlaucht selbst inkommodiren werde, da er endlich doch an
"le Reduktion derselben denken müsse, war ohne jeden Eindruck geblieben. Es
kerbt uoch heute ein Geheimniß, woher er die Mittel gewonnen, um die
Truppen seit 1733 in den Krieg gegen die Franzosen am Oberrhein zu schicken,
com Theil derselben sogar nach Italien und Tirol -- von wo sie im Winter
735/36 stark dezimirt zurückkehrten -- zumal ihn nachweislich auch die
kaiserliche- Kasse im Stiche ließ.


schichten gehörig und zu rechter Zeit besorgt werden. Es ist der Friede
Kaiserlicher Majestät zu danken, und obwohl der höchste Gott uns diesen
Frieden verliehen und nichts zu befürchten ist, so steht doch zu erwägen, daß
unter den Potenzien in der Welt, absonderlich nach dem bisherigen Exempel,
daß man insgemein die Partei nach seiner Konvenieuz nimmt, kein Friede vor
beständig zu halten ist, und daß uns dieser nur durch eine durchgängig gute
Verfassung erhalten werden kann, welche die Schwerter von allen Seiten in
der Scheide hält, und künftig auch nur der Krieg vermieden werden kaun,
wenn die Balance in Europa erhalten wird, die darin besteht, daß jeder von
den Staaten bei dem Seinigen bleibt und die Wage durch Absonderung aus
der einen und Zulegung in die andere Schale nicht verrückt werden kann!"
Der Ausschuß bat diesem orakelhaften Ansinnen gegenüber, einen allgemeinen
Landtag zu halten, da er die Schwere der Verantwortung durch weitere
Steuerbewilligungen nicht tragen könne. Nach Befinden sei es auch gut, wenn man
com mehrjährigen Etat mache, zumal sich die Höhe der Steuern auf ein
^ahr stets nach der Fruchtbarkeit des Landes richten müsse. Für jetzt be¬
willigten sie dreizehn neue Steuern, wovon eine allein für die Qnartiergelder
nöthig war, und genehmigten auch, daß die sogenannte Wetzlarsche Steuer, die
s^it Anfang des Jahrhunderts erhoben wurde zur Revision des Reichskammer-
ämchts, das aber längst „revidirt" war, auch noch weiter dem Herzog zur
Verfügung gestellt werde. Außerdem wurden diesem abermals fünftausend
Thaler für den Erbprinzen und zweitausend noch extra zu dessen Er¬
setzung unterthänigst überreicht. Ernst August nahm die siebentausend
Thaler dankbar an und versicherte gegenüber der landständischen Mahnung,
welche auf Abtrag beschwerlicher Schulden gerichtet war, daß ihm selbst viel
6" der Konservativ:: und dein Wohlstande der Unterthanen und dem Kredit
der Landeskasse gelegen sei. Er hoffe, daß er die Militärverfassung so mi¬
schten könne, daß eins und das andere ohne Verfall bestehen werde. —

Ende 1732 wurde die Landschaft nochmals, zur Bewilligung der Trauer¬
ten einberufen, welche in Folge des Ablebens der Herzogin nöthig waren.
"rgends aber können wir entdecken, daß der Herzog von nun an bis 1737 einen
Landtag oder einen Ausschnßtag berufen habe. Die Vorstellung, daß schließlich die
starke Miliz Se. Durchlaucht selbst inkommodiren werde, da er endlich doch an
"le Reduktion derselben denken müsse, war ohne jeden Eindruck geblieben. Es
kerbt uoch heute ein Geheimniß, woher er die Mittel gewonnen, um die
Truppen seit 1733 in den Krieg gegen die Franzosen am Oberrhein zu schicken,
com Theil derselben sogar nach Italien und Tirol — von wo sie im Winter
735/36 stark dezimirt zurückkehrten — zumal ihn nachweislich auch die
kaiserliche- Kasse im Stiche ließ.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/91>, abgerufen am 22.07.2024.