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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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Geld gedient hatte, das in mehr als zwanzig Ausschußtagen bewilligt worden
war. Jede oppositionelle Regung beobachtete der Herzog aufs schärfste, und
verwies es bei Ungnade, "daß man ja nicht wieder sich beikommen lassen
mochte, vor dem Landtag einen Umlauf in Zirkel zu setzen, der auf eine Er¬
klärung der Stände wegen der Steuerbewilligung hinauslaufe".

Nicht ohne Geschick erneuerte der Herzog die Forderungen zur Befrie¬
digung seiner militärischen Liebhabereien immer wieder. Bei den "weitaus¬
stehenden Konjunkturen könnten die bis ander da und dort verdeckten Absichten
bald zu einem öffentlichen und blutigen Kriege führen", schreibt er einmal,
und da Sachsen vertragsmäßig die Hälfte der Verpflegung übernommen, so
hoffe er ans Genehmigung der Forderung. Da man sie abschlug, erneuerte er
sie nach drei Monaten mit folgender klassischer Motivirung: "Da wir uns
bei den gefährlichen Weltlänften gemüßigt sehen, unsere Kavallerie vollends be¬
ritten zu machen, und sie in den Stand zu setzen, daß sie im Fall der Noth
auch außer Landes zu gebrauchen ist, so haben wir mit dem Noßhändler
Ziegler den Accord getroffen, die nöthigen Pferde zu liefern. Da dieser jedoch
dieselben nur liefern will, wenn die Schuldobligation von der Landschaft aus¬
gestellt wird, so haben wir zu diesem Zwecke die getreue Landschaft berufen."
An Gegenvorstellungen in der "Präliminarschrift" fehlte es zwar auch dies¬
mal nicht, aber trotzdem wurde die Position genehmigt, ja man machte dem
Herzog zur Erziehung des Erbprinzen noch ein freiwilliges Geschenk von
fünftausend Thalern.

Im Jahre 1731 wurde Ernst August zum kaiserlichen General der
Kavallerie ernannt. Natürlich wurde von da ab nie vergessen, ihm pflicht¬
schuldigst das Prädikat eines kommandirenden Generals über zwei Regi¬
menter zu Roß und eines zu Fuß zu ertheilen. Die Lage des Landes
aber wurde dadurch noch wesentlich peinlicher. Denn der Herzog hatte ohne
weiteres mit dem Kaiser einen Vertrag abgeschlossen, acht Jahre lang ein Regi¬
ment zu Fuß und ein Cuirassierregiment bereit zu halten. Die Friedensstärke
des Regiments war zwölfhundert Mann, die des Cuirassierregiments
fünfhundert Mann; auf dem Kriegsfuß sollte sie dreitausend Mann und
eintausend Cuirassiere betragen. Für die erste Aufstellung erhielt der Herzog
einundzwanzigtausend Thaler, für eine etwaige Mobilmachung vierzigtausend
und für die Bereithaltuug derselben im Frieden jährlich funfzigtausend
Thaler. Der Vertrag wurde an eben dem Tage ratifizirt, an welchem die
Landstände neue Mittel für das Militär bewilligen sollten, am 24. Septem¬
ber 1731. Von dem Vertrage selbst erhielten die treuen Stunde natürlich
keine Kunde. In der Propositionsschrift hieß es: "All unsere Sorge ist dahin
gerichtet, daß alle in Unserm Fürstenthume und Landen vorkommende Ge-


Geld gedient hatte, das in mehr als zwanzig Ausschußtagen bewilligt worden
war. Jede oppositionelle Regung beobachtete der Herzog aufs schärfste, und
verwies es bei Ungnade, „daß man ja nicht wieder sich beikommen lassen
mochte, vor dem Landtag einen Umlauf in Zirkel zu setzen, der auf eine Er¬
klärung der Stände wegen der Steuerbewilligung hinauslaufe".

Nicht ohne Geschick erneuerte der Herzog die Forderungen zur Befrie¬
digung seiner militärischen Liebhabereien immer wieder. Bei den „weitaus¬
stehenden Konjunkturen könnten die bis ander da und dort verdeckten Absichten
bald zu einem öffentlichen und blutigen Kriege führen", schreibt er einmal,
und da Sachsen vertragsmäßig die Hälfte der Verpflegung übernommen, so
hoffe er ans Genehmigung der Forderung. Da man sie abschlug, erneuerte er
sie nach drei Monaten mit folgender klassischer Motivirung: „Da wir uns
bei den gefährlichen Weltlänften gemüßigt sehen, unsere Kavallerie vollends be¬
ritten zu machen, und sie in den Stand zu setzen, daß sie im Fall der Noth
auch außer Landes zu gebrauchen ist, so haben wir mit dem Noßhändler
Ziegler den Accord getroffen, die nöthigen Pferde zu liefern. Da dieser jedoch
dieselben nur liefern will, wenn die Schuldobligation von der Landschaft aus¬
gestellt wird, so haben wir zu diesem Zwecke die getreue Landschaft berufen."
An Gegenvorstellungen in der „Präliminarschrift" fehlte es zwar auch dies¬
mal nicht, aber trotzdem wurde die Position genehmigt, ja man machte dem
Herzog zur Erziehung des Erbprinzen noch ein freiwilliges Geschenk von
fünftausend Thalern.

Im Jahre 1731 wurde Ernst August zum kaiserlichen General der
Kavallerie ernannt. Natürlich wurde von da ab nie vergessen, ihm pflicht¬
schuldigst das Prädikat eines kommandirenden Generals über zwei Regi¬
menter zu Roß und eines zu Fuß zu ertheilen. Die Lage des Landes
aber wurde dadurch noch wesentlich peinlicher. Denn der Herzog hatte ohne
weiteres mit dem Kaiser einen Vertrag abgeschlossen, acht Jahre lang ein Regi¬
ment zu Fuß und ein Cuirassierregiment bereit zu halten. Die Friedensstärke
des Regiments war zwölfhundert Mann, die des Cuirassierregiments
fünfhundert Mann; auf dem Kriegsfuß sollte sie dreitausend Mann und
eintausend Cuirassiere betragen. Für die erste Aufstellung erhielt der Herzog
einundzwanzigtausend Thaler, für eine etwaige Mobilmachung vierzigtausend
und für die Bereithaltuug derselben im Frieden jährlich funfzigtausend
Thaler. Der Vertrag wurde an eben dem Tage ratifizirt, an welchem die
Landstände neue Mittel für das Militär bewilligen sollten, am 24. Septem¬
ber 1731. Von dem Vertrage selbst erhielten die treuen Stunde natürlich
keine Kunde. In der Propositionsschrift hieß es: „All unsere Sorge ist dahin
gerichtet, daß alle in Unserm Fürstenthume und Landen vorkommende Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/90>, abgerufen am 03.07.2024.