Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.kennen sollen, anders als mit Willen, Rath, Gunst und Verhängniß der So entwickelte sich das Verbindungswesen der Gesellen weiter, und wie Im letzten Drittel des Jahrhunderts scheint man den Kampf gegen die kennen sollen, anders als mit Willen, Rath, Gunst und Verhängniß der So entwickelte sich das Verbindungswesen der Gesellen weiter, und wie Im letzten Drittel des Jahrhunderts scheint man den Kampf gegen die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0472" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138173"/> <p xml:id="ID_1350" prev="#ID_1349"> kennen sollen, anders als mit Willen, Rath, Gunst und Verhängniß der<lb/> Schneidermeister und ihrer Sechser." In den Ordnungen, welche die Knechte<lb/> gemacht hatten, hieß es uuter Anderm, daß, wenn sie etwas wider einen Meister<lb/> hätten, sie ohne Weiteres Gericht halten und allen Knechten verbieten könnten,<lb/> diesem Meister zu dienen. Die Verordnung des Rathes hingegen verfügte,<lb/> wenn ein Knecht sich über einen Meister zu beklagen hätte, so habe er seine<lb/> Beschwerde entweder beim Zunftmeister oder beim Rathe anzubringen oder sein<lb/> Recht vor dem Schultheißengerichte zu suchen und zu nehmen. Daraus ergibt<lb/> sich, daß zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts in Basel die Gesellenschaft<lb/> bereits geschlossen, daß sie nicht bloß eine Vereinigung auf Zeit und zu einem<lb/> bestimmten Zwecke, sondern eine dauernde Partei, eine Organisation gegenüber<lb/> den Meistern war, die sich Gesetze gab und sich richterliche Befugniß anmaßte,<lb/> und bei dem innigen Zusammenhang Basel's mit andern oberrheinischen und<lb/> elsässischen Städten ist anzunehmen, daß anch hier solche Organisationen bereits<lb/> in der Ausbildung begriffen gewesen sind, ehe das nächste Jahrhundert<lb/> begann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1351"> So entwickelte sich das Verbindungswesen der Gesellen weiter, und wie<lb/> die Meister rheinischer, wendischer und niedersächsischer Städte sich zu Gruppen<lb/> vereinigten, die mehrere und bisweilen viele Orte umfaßten, so auch deren<lb/> Knechte. In Landau ist 1431 das Recht der Gesellen auf Jurisdiktion aner¬<lb/> kannt, welches eine korporative Einigung voraussetzen läßt. Die den Bäckern<lb/> von Passau 1432 vom Bischof Leonhard bestätigte Ordnung zeigt ebenfalls<lb/> eine gesonderte Stellung der Gesellen mit einem Obmann, der Streitigkeiten zu<lb/> schlichten befugt ist. Eine Verordnung des Rathes von Ueberlingen aus dem<lb/> Jahre 1461 gestattet schlechthin die Gesellenverbindungen und beschränkt uur<lb/> ihr Recht auf das, was den Zünften und Handwerken überhaupt zukommt.<lb/> 1468 errichten zu Freiburg i. Br. die Kürschnergesellen ein Vereinsstatut „mit<lb/> Erlaubniß, Willen und Gunst des Bürgermeisters und Rathes und der ge¬<lb/> meinen Krämerzunft", zu welcher das Kürschnerhandwerk gehörte. Gesellen-<lb/> bruderschaften, denen jeder Knecht beitreten mußte, gab es von 1470 an in<lb/> Kolmar, Hagenau und Freiburg. Alle diese Beispiele weisen darauf hin, daß<lb/> im fünfzehnten Jahrhundert die Gesellenschaft als Ganzes schon eine legalisirte<lb/> Verbindung und dadurch init dem Handwerk, d. h. der Gemeinschaft der<lb/> Meister, gleichberechtigt war, so sehr sich auch die letzteren gegen diese Neue¬<lb/> rung gewehrt hatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1352" next="#ID_1353"> Im letzten Drittel des Jahrhunderts scheint man den Kampf gegen die<lb/> Konstituiruug der Gesellen fast allenthalben aufgegeben zu haben. Es lag<lb/> kein rechtlicher Grund gegen dieselbe vor. Höchstens hätten die Meister sagen<lb/> können, daß das Handwerk ein Ganzes sei, und daß man eine Verbindung in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0472]
kennen sollen, anders als mit Willen, Rath, Gunst und Verhängniß der
Schneidermeister und ihrer Sechser." In den Ordnungen, welche die Knechte
gemacht hatten, hieß es uuter Anderm, daß, wenn sie etwas wider einen Meister
hätten, sie ohne Weiteres Gericht halten und allen Knechten verbieten könnten,
diesem Meister zu dienen. Die Verordnung des Rathes hingegen verfügte,
wenn ein Knecht sich über einen Meister zu beklagen hätte, so habe er seine
Beschwerde entweder beim Zunftmeister oder beim Rathe anzubringen oder sein
Recht vor dem Schultheißengerichte zu suchen und zu nehmen. Daraus ergibt
sich, daß zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts in Basel die Gesellenschaft
bereits geschlossen, daß sie nicht bloß eine Vereinigung auf Zeit und zu einem
bestimmten Zwecke, sondern eine dauernde Partei, eine Organisation gegenüber
den Meistern war, die sich Gesetze gab und sich richterliche Befugniß anmaßte,
und bei dem innigen Zusammenhang Basel's mit andern oberrheinischen und
elsässischen Städten ist anzunehmen, daß anch hier solche Organisationen bereits
in der Ausbildung begriffen gewesen sind, ehe das nächste Jahrhundert
begann.
So entwickelte sich das Verbindungswesen der Gesellen weiter, und wie
die Meister rheinischer, wendischer und niedersächsischer Städte sich zu Gruppen
vereinigten, die mehrere und bisweilen viele Orte umfaßten, so auch deren
Knechte. In Landau ist 1431 das Recht der Gesellen auf Jurisdiktion aner¬
kannt, welches eine korporative Einigung voraussetzen läßt. Die den Bäckern
von Passau 1432 vom Bischof Leonhard bestätigte Ordnung zeigt ebenfalls
eine gesonderte Stellung der Gesellen mit einem Obmann, der Streitigkeiten zu
schlichten befugt ist. Eine Verordnung des Rathes von Ueberlingen aus dem
Jahre 1461 gestattet schlechthin die Gesellenverbindungen und beschränkt uur
ihr Recht auf das, was den Zünften und Handwerken überhaupt zukommt.
1468 errichten zu Freiburg i. Br. die Kürschnergesellen ein Vereinsstatut „mit
Erlaubniß, Willen und Gunst des Bürgermeisters und Rathes und der ge¬
meinen Krämerzunft", zu welcher das Kürschnerhandwerk gehörte. Gesellen-
bruderschaften, denen jeder Knecht beitreten mußte, gab es von 1470 an in
Kolmar, Hagenau und Freiburg. Alle diese Beispiele weisen darauf hin, daß
im fünfzehnten Jahrhundert die Gesellenschaft als Ganzes schon eine legalisirte
Verbindung und dadurch init dem Handwerk, d. h. der Gemeinschaft der
Meister, gleichberechtigt war, so sehr sich auch die letzteren gegen diese Neue¬
rung gewehrt hatten.
Im letzten Drittel des Jahrhunderts scheint man den Kampf gegen die
Konstituiruug der Gesellen fast allenthalben aufgegeben zu haben. Es lag
kein rechtlicher Grund gegen dieselbe vor. Höchstens hätten die Meister sagen
können, daß das Handwerk ein Ganzes sei, und daß man eine Verbindung in
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