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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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zu verausgaben als die einfachen Billete, denn eine Anlockung zur Rückkehr ist
unter diesen Umständen nicht nothwendig. Nun betragen die Einnahmen aus
den Retourbilleten etwa 50"/<> der gesammten Persvneneinnahme, eine Erhöhung
der Preise für dieselben würde daher wohl unzweifelhaft eine Mehreinnahme,
trotz der zu erwartenden Freqnenzabnahme herbeiführen.

Aber trotzdem erscheint diese Erhöhung allein nicht zweckmäßig; man
ermüßige vielmehr die Preise für die einfachen Billete und normire den
Preis für die Retourbillete um 10--20 Pfennige u. s. w. niedriger als den
von zwei einfachen Billeter, je nach den Entfernungen, um den Ersparnissen
der Eisenbahn Rechnung zu tragen und den Retourbilleten überhaupt Absatz
zu verschaffen, und es werden sich hierbei durch die zunehmende Frequenz auch
die Einnahmen steigern. Man gebe aber diesen Retourbilleten weder lange
Giltigkeitsdauer, noch gebe man sie überhaupt auf große Entfernungen aus,
denn dies führt nur zu wesentlich erschwerter Kontrole und zu Defraudationen,
wie sie bei 3--Aägiger Giltigkeit überall an der Tagesordnung siud. Retour¬
billete mit 1--2tägiger Giltigkeit genügen dem Lokalverkehr, für den sie ja
doch in erster Linie bestimmt sind, vollkommen. Für weitere, sehr frequente
Touren können ja dann je nach Bedarf, den jetzigen Rundreisebilleten entspre¬
chend, Retonrbillete event, bis zu 8--14tägiger Giltigkeit ausgegeben werden
mit etwas ermäßigten Sätzen gegen den doppelten Preis einfacher Schnellzngs-
billete. Unter keinen Umständen aber sind die jetzigen sehr bedeutenden Diffe¬
renzen zwischen einfachen und Retvurbilletsprcisen berechtigt. Entweder sind
erstere zu hoch oder letztere zu niedrig, und der richtige Weg scheint auch hier
so ziemlich in der Mitte zu liegen, freilich wohl etwas näher bei der ersteren
Eventualität, wenigstens könnte mit mäßigeren Personentarifen für einfache
Fahrt einmal ein Versuch gemacht werden, event, nnter Beibehaltung der jetzi¬
gen Retvurbilletspreise.

Es ist charakteristisch, daß in dem klassische" Lande des Eisenbahnwesens,
in England, trotz der unverhältnißmäßig höheren Personentarife die Ermäßi¬
gung für Retourbillete geringer ist als in Deutschland; Retourbillete kosten
dort nämlich etwa des einfachen Preises gegen den in Deutschland übli¬
chen Satz vou 1^2 der einfachen Taxe, und hierbei ist noch zu berücksichtigen,
daß bis zur Entfernung von 75 Kilometern, d. h. bis zu der Entfernung, auf
die sich der eigentliche tägliche Lokalverkehr erstreckt, nur Retourbillete mit ein¬
tägiger Giltigkeit ausgegeben werde". Nur auf große Entfernungen bei stark¬
befahrenen Strecken existiren Retonrbillete mit längerer Dauer und erscheinen
hier auch weniger bedenklich, weil Defraudationen hier nicht so leicht ausführ¬
bar sind als bei kurzen Touren. Zu dem kommt noch, daß das Retourbillet
auf kurze Strecken in England zur Unterbrechung der Fahrt nicht berechtigt,


zu verausgaben als die einfachen Billete, denn eine Anlockung zur Rückkehr ist
unter diesen Umständen nicht nothwendig. Nun betragen die Einnahmen aus
den Retourbilleten etwa 50"/<> der gesammten Persvneneinnahme, eine Erhöhung
der Preise für dieselben würde daher wohl unzweifelhaft eine Mehreinnahme,
trotz der zu erwartenden Freqnenzabnahme herbeiführen.

Aber trotzdem erscheint diese Erhöhung allein nicht zweckmäßig; man
ermüßige vielmehr die Preise für die einfachen Billete und normire den
Preis für die Retourbillete um 10—20 Pfennige u. s. w. niedriger als den
von zwei einfachen Billeter, je nach den Entfernungen, um den Ersparnissen
der Eisenbahn Rechnung zu tragen und den Retourbilleten überhaupt Absatz
zu verschaffen, und es werden sich hierbei durch die zunehmende Frequenz auch
die Einnahmen steigern. Man gebe aber diesen Retourbilleten weder lange
Giltigkeitsdauer, noch gebe man sie überhaupt auf große Entfernungen aus,
denn dies führt nur zu wesentlich erschwerter Kontrole und zu Defraudationen,
wie sie bei 3—Aägiger Giltigkeit überall an der Tagesordnung siud. Retour¬
billete mit 1—2tägiger Giltigkeit genügen dem Lokalverkehr, für den sie ja
doch in erster Linie bestimmt sind, vollkommen. Für weitere, sehr frequente
Touren können ja dann je nach Bedarf, den jetzigen Rundreisebilleten entspre¬
chend, Retonrbillete event, bis zu 8—14tägiger Giltigkeit ausgegeben werden
mit etwas ermäßigten Sätzen gegen den doppelten Preis einfacher Schnellzngs-
billete. Unter keinen Umständen aber sind die jetzigen sehr bedeutenden Diffe¬
renzen zwischen einfachen und Retvurbilletsprcisen berechtigt. Entweder sind
erstere zu hoch oder letztere zu niedrig, und der richtige Weg scheint auch hier
so ziemlich in der Mitte zu liegen, freilich wohl etwas näher bei der ersteren
Eventualität, wenigstens könnte mit mäßigeren Personentarifen für einfache
Fahrt einmal ein Versuch gemacht werden, event, nnter Beibehaltung der jetzi¬
gen Retvurbilletspreise.

Es ist charakteristisch, daß in dem klassische» Lande des Eisenbahnwesens,
in England, trotz der unverhältnißmäßig höheren Personentarife die Ermäßi¬
gung für Retourbillete geringer ist als in Deutschland; Retourbillete kosten
dort nämlich etwa des einfachen Preises gegen den in Deutschland übli¬
chen Satz vou 1^2 der einfachen Taxe, und hierbei ist noch zu berücksichtigen,
daß bis zur Entfernung von 75 Kilometern, d. h. bis zu der Entfernung, auf
die sich der eigentliche tägliche Lokalverkehr erstreckt, nur Retourbillete mit ein¬
tägiger Giltigkeit ausgegeben werde». Nur auf große Entfernungen bei stark¬
befahrenen Strecken existiren Retonrbillete mit längerer Dauer und erscheinen
hier auch weniger bedenklich, weil Defraudationen hier nicht so leicht ausführ¬
bar sind als bei kurzen Touren. Zu dem kommt noch, daß das Retourbillet
auf kurze Strecken in England zur Unterbrechung der Fahrt nicht berechtigt,


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[0386] zu verausgaben als die einfachen Billete, denn eine Anlockung zur Rückkehr ist unter diesen Umständen nicht nothwendig. Nun betragen die Einnahmen aus den Retourbilleten etwa 50"/<> der gesammten Persvneneinnahme, eine Erhöhung der Preise für dieselben würde daher wohl unzweifelhaft eine Mehreinnahme, trotz der zu erwartenden Freqnenzabnahme herbeiführen. Aber trotzdem erscheint diese Erhöhung allein nicht zweckmäßig; man ermüßige vielmehr die Preise für die einfachen Billete und normire den Preis für die Retourbillete um 10—20 Pfennige u. s. w. niedriger als den von zwei einfachen Billeter, je nach den Entfernungen, um den Ersparnissen der Eisenbahn Rechnung zu tragen und den Retourbilleten überhaupt Absatz zu verschaffen, und es werden sich hierbei durch die zunehmende Frequenz auch die Einnahmen steigern. Man gebe aber diesen Retourbilleten weder lange Giltigkeitsdauer, noch gebe man sie überhaupt auf große Entfernungen aus, denn dies führt nur zu wesentlich erschwerter Kontrole und zu Defraudationen, wie sie bei 3—Aägiger Giltigkeit überall an der Tagesordnung siud. Retour¬ billete mit 1—2tägiger Giltigkeit genügen dem Lokalverkehr, für den sie ja doch in erster Linie bestimmt sind, vollkommen. Für weitere, sehr frequente Touren können ja dann je nach Bedarf, den jetzigen Rundreisebilleten entspre¬ chend, Retonrbillete event, bis zu 8—14tägiger Giltigkeit ausgegeben werden mit etwas ermäßigten Sätzen gegen den doppelten Preis einfacher Schnellzngs- billete. Unter keinen Umständen aber sind die jetzigen sehr bedeutenden Diffe¬ renzen zwischen einfachen und Retvurbilletsprcisen berechtigt. Entweder sind erstere zu hoch oder letztere zu niedrig, und der richtige Weg scheint auch hier so ziemlich in der Mitte zu liegen, freilich wohl etwas näher bei der ersteren Eventualität, wenigstens könnte mit mäßigeren Personentarifen für einfache Fahrt einmal ein Versuch gemacht werden, event, nnter Beibehaltung der jetzi¬ gen Retvurbilletspreise. Es ist charakteristisch, daß in dem klassische» Lande des Eisenbahnwesens, in England, trotz der unverhältnißmäßig höheren Personentarife die Ermäßi¬ gung für Retourbillete geringer ist als in Deutschland; Retourbillete kosten dort nämlich etwa des einfachen Preises gegen den in Deutschland übli¬ chen Satz vou 1^2 der einfachen Taxe, und hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß bis zur Entfernung von 75 Kilometern, d. h. bis zu der Entfernung, auf die sich der eigentliche tägliche Lokalverkehr erstreckt, nur Retourbillete mit ein¬ tägiger Giltigkeit ausgegeben werde». Nur auf große Entfernungen bei stark¬ befahrenen Strecken existiren Retonrbillete mit längerer Dauer und erscheinen hier auch weniger bedenklich, weil Defraudationen hier nicht so leicht ausführ¬ bar sind als bei kurzen Touren. Zu dem kommt noch, daß das Retourbillet auf kurze Strecken in England zur Unterbrechung der Fahrt nicht berechtigt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/386>, abgerufen am 23.07.2024.