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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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die, welche bei allen Ceremonien ihr Angesicht unverwandt dem König zukehren,
um "ihn von allen Seiten im Auge zu behalten". Sie sind in weiße, mit
Gold und Silber verzierte Waffenröcke gekleidet und tragen Damaszener-
Partisanen in der Hand.

Wie man sieht, sorgt der König gut für seine Sicherheit. Er bedarf aber
noch vieler anderen Dinge, und zwar an erster Stelle eines angemessenen Stall-
Hofes. Dieser umfaßt im Jahre 1777 nicht weniger als 1857 Pferde, 217
Wagen und 1458 Mann Personal mit 38 Stallmeistern, wozu noch 20 Gou¬
verneure, Untergouverneure, Almoseuiers, Professoren, Köche und Bediente ledig¬
lich zur Beaufsichtigung, Erziehung und Bedienung der Pagen, 30 Doktoren,
Apotheker, Intendanten, Schatzmeister und Hoflieferanten, im Ganzen gegen
1500 Personen kommen. Für neue Pferde gibt man in diesem Jahre fast
eine halbe Million Francs aus. Der "große" Stall enthält 437, der "kleine" 443
Sattelpferde. Das Ganze kostet etwa fünf Millionen Francs und ist kurz vor Aus¬
bruch der Revolution auf mehr als sechs gestiegen. Dafür hatte der König aber
auch Etwas. Man hätte sie sehen sollen, diese Entfaltung von hundert und aber
hundert von Pagen und Vorreitern, galvnnirten Eleven, silberbeknöpften Eleven,
in Seide prangenden Stallknechten, Bereitern, Kutschern und Jnstrumentspielern.

Auch die Jagdliebhaberei kostet dem Könige bedeutende Summen: sie
nimmt 280 Pferde und etwa zwölfmalhunoerttaufend Francs in Anspruch.
Es gibt eine Eber-, eine Wolfs-, eine Rehmeute 'und Hasen-, Feld-, Elster-,
Krähen- und Schmerlbeizen. Paris als Mittelpunkt angenommen, sind zehn
Meilen in der Runde reservirter Jagdgrund, "da darf kein Privatmann einen
Schuß abfeuern, weßhalb auch die Rebhühner mit den Menschen ganz vertrau¬
lich sind und sich durch sie in der Vertilgung des Getreides nicht im Minde¬
stens stören lassen." Allwöchentlich gibt es Wolfsjagd, die im Jahre etwa
vierzig Wölfe erlegt. Zwischen 1743 und 1774 schießt Ludwig XV. 0400
Hirsche, sein Nachfolger aber schreibt am 31. August 1781: "Heute 400 Stück
getödtet", und im Laufe von vierzehn Jahren konnte er sich rühmen, 1254
Hirsche und 189,251 andere Thiere erlegt zu haben.

Wie mit dein Hofstatt und dem Departement der Jagden steht es auch
mit andern Abtheilungen des königlichen Haushalts. Die Kapelle Ludwig's XIV.
ernährt 75 Almoseuiers, Kaplüne, Beichtväter, Prediger, Küster, Ausrufer,
Sänger, Notenschreiber u. d. Die medicinische Abtheilung des Hosstaats zählt
48 Aerzte, Chirurgen, Apotheker, Operateure und Chemiker. Die königliche
Bibliothek beschäftigt 43 Bibliothekare, Vorleser, Dolmetscher, Geographen,
Graveure, Buchbinder und Drucker. Das Küchen- und Tafelwesen endlich, um
Anderes zu übergehen, zerfällt in die Küche für den König und feine un¬
mündigen Kinder, in die Kavalierküche für den Großmeister, den Großkämmerer


die, welche bei allen Ceremonien ihr Angesicht unverwandt dem König zukehren,
um „ihn von allen Seiten im Auge zu behalten". Sie sind in weiße, mit
Gold und Silber verzierte Waffenröcke gekleidet und tragen Damaszener-
Partisanen in der Hand.

Wie man sieht, sorgt der König gut für seine Sicherheit. Er bedarf aber
noch vieler anderen Dinge, und zwar an erster Stelle eines angemessenen Stall-
Hofes. Dieser umfaßt im Jahre 1777 nicht weniger als 1857 Pferde, 217
Wagen und 1458 Mann Personal mit 38 Stallmeistern, wozu noch 20 Gou¬
verneure, Untergouverneure, Almoseuiers, Professoren, Köche und Bediente ledig¬
lich zur Beaufsichtigung, Erziehung und Bedienung der Pagen, 30 Doktoren,
Apotheker, Intendanten, Schatzmeister und Hoflieferanten, im Ganzen gegen
1500 Personen kommen. Für neue Pferde gibt man in diesem Jahre fast
eine halbe Million Francs aus. Der „große" Stall enthält 437, der „kleine" 443
Sattelpferde. Das Ganze kostet etwa fünf Millionen Francs und ist kurz vor Aus¬
bruch der Revolution auf mehr als sechs gestiegen. Dafür hatte der König aber
auch Etwas. Man hätte sie sehen sollen, diese Entfaltung von hundert und aber
hundert von Pagen und Vorreitern, galvnnirten Eleven, silberbeknöpften Eleven,
in Seide prangenden Stallknechten, Bereitern, Kutschern und Jnstrumentspielern.

Auch die Jagdliebhaberei kostet dem Könige bedeutende Summen: sie
nimmt 280 Pferde und etwa zwölfmalhunoerttaufend Francs in Anspruch.
Es gibt eine Eber-, eine Wolfs-, eine Rehmeute 'und Hasen-, Feld-, Elster-,
Krähen- und Schmerlbeizen. Paris als Mittelpunkt angenommen, sind zehn
Meilen in der Runde reservirter Jagdgrund, „da darf kein Privatmann einen
Schuß abfeuern, weßhalb auch die Rebhühner mit den Menschen ganz vertrau¬
lich sind und sich durch sie in der Vertilgung des Getreides nicht im Minde¬
stens stören lassen." Allwöchentlich gibt es Wolfsjagd, die im Jahre etwa
vierzig Wölfe erlegt. Zwischen 1743 und 1774 schießt Ludwig XV. 0400
Hirsche, sein Nachfolger aber schreibt am 31. August 1781: „Heute 400 Stück
getödtet", und im Laufe von vierzehn Jahren konnte er sich rühmen, 1254
Hirsche und 189,251 andere Thiere erlegt zu haben.

Wie mit dein Hofstatt und dem Departement der Jagden steht es auch
mit andern Abtheilungen des königlichen Haushalts. Die Kapelle Ludwig's XIV.
ernährt 75 Almoseuiers, Kaplüne, Beichtväter, Prediger, Küster, Ausrufer,
Sänger, Notenschreiber u. d. Die medicinische Abtheilung des Hosstaats zählt
48 Aerzte, Chirurgen, Apotheker, Operateure und Chemiker. Die königliche
Bibliothek beschäftigt 43 Bibliothekare, Vorleser, Dolmetscher, Geographen,
Graveure, Buchbinder und Drucker. Das Küchen- und Tafelwesen endlich, um
Anderes zu übergehen, zerfällt in die Küche für den König und feine un¬
mündigen Kinder, in die Kavalierküche für den Großmeister, den Großkämmerer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/339>, abgerufen am 03.07.2024.